Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
der Welt. Das ist definitiv nicht das Ziel und nicht das, was du und ich unter bedingungslosem Glück verstehen.”
Vorsichtig sah ich zu Michael hinüber. Er rutschte auf die Kante der Bank, die Atmosphäre änderte sich. Sie spannte sich.
„Ich will nur leben!“, rief er und brach in Tränen aus. „Ich will einfach nur leben! Ich will mit meinen Kindern zusammen sein und ein gutes Leben führen!“
„Und das ist dein gutes Recht, Michael“, sagte ich eindringlich und legte meine Hand auf sein Bein. „...lass mich weiter erzählen: Da diese Ausgrenzung teilweise noch stattfand, war mir klar, dass ich noch irgendein Signal in mir hatte, das die Leute dazu aufrief, mir weh zu tun.”
Große, dunkle Augen sahen mich an. In ihnen brannte Hoffnung und ich schnaufte tief durch. Es folgte das Finale.
„Michael...wenn jemand gedemütigt wird in seinem Leben, dann hat das tiefe, tiefe Gründe. Das hat sehr tiefe Gründe. Einmal: Hohe Energien, so wie du sie hast, versucht man immer herunter zu ziehen. Diese Energie ist den Menschen suspekt, sie finden sie merkwürdig, sie bekämpfen sie, weil sie ihnen Angst macht. Das war auch bei Jesus so. Daher ist es enorm wichtig, sich mit den richtigen Leuten zu umgeben...und das tust du nicht.”
Michaels Augen schauten mich spöttisch an.
„Ja, ich weiß!“, rief ich impulsiv. „Das ist dein ganz besonderes Kreuz, dein Misstrauen! Dass du umgeben bist von Haifischen, aber warum? Warum?“
Verständnislos öffnete er den Mund für eine stumme Frage.
„Okay, okay“, sagte ich und griff mit den Fingern an die Schläfen. „Ich bin zu schnell, meine Gedanken springen. Lass mich einfach weitermachen.“
Michael nickte, nervös, wie mir schien. Er bemerkte ebenso wie ich das Ansteigen der Spannung und er fühlte sich gar nicht wohl. Unbeirrt machte ich weiter:
„Frag dich doch: Warum kommen Menschen zu dir, die dir nicht gut tun? Warum findest du nicht die richtigen? Warum fiel ich auch immer auf Leute rein, die mich schlecht machten? Und ich erkannte – oh und das war so befreiend! -ich erkannte, dass ich schlecht über mich dachte. Dass ich all die netten Dinge tat, um mir und der Welt zu beweisen, dass ich ein guter Mensch bin. Deswegen erzählte ich auch soviel aus meiner Vergangenheit! Damit sie mich bemitleiden! Warum dachte ich schlecht über mich? Weil ich mich mit meinem Ego, meinem Verstand identifizierte und nicht mit meinem inneren Licht. Und Ego und Verstand fanden mich nie in Ordnung! Ich erkannte, dass es genau deswegen Menschen in meinem Leben gab, die mir eben dieses spiegelten! Und das ist der tiefe Grund für Demütigung: Sich selbst nicht zu lieben! Sein Selbst nicht zu lieben, sich statt dessen mit dem Kopf zu identifizieren...und es ist der Kopf, der gedemütigt wird, nicht du! Nur der kann verletzt werden! Und, Michael, du liebst dich nicht. Du siehst nicht auf dein Licht, das Stückchen Gott in dir, das dir sagt, dass du alles wert bist auf dieser Welt. Jedes Glück dieser Welt bist du wert! Wie jeder Mensch!“
Er zuckte zusammen und sah mich fast feindselig an. Der Countdown lief...und ich redete immer schneller:
„Menschen, die sich nicht selbst schätzen, schreien nach Liebe und so schrie ich nach Liebe und so schreist du nach Liebe. Oh, und wie du nach Liebe schreist! Du wurdest in deinem Leben gedemütigt, weil das der Spiegel dessen ist, was du in deinem Inneren trägst: Du machst dich klein. Du bist grausam zu dir. Und genau das passiert im Außen: Menschen machen dich klein und sind grausam zu dir! Jeder verdammte Sack meint, auf dir herum hacken zu dürfen! Weil du es zulässt! Weil du zuwenig von dir selbst hältst! Weil du dem kleinen, süßen, vollendeten Michael in dir keine Chance gibst zu leben! Du liebst Kinder, weil sie von Ego und Kopf oft noch weit weg sind! Weil du weißt , dass dies das Wahre ist! Musst du mit ihnen zusammen sein, weil du deiner eigenen Quelle nicht vertraust?“
Wie geohrfeigt saß Michael vor mir. Sein Mund stand leicht offen und ich spürte, wie alles in ihm sich gegen das Gesagte wehrte. Er wollte so deutlich abhauen, dass ich mich instinktiv nach etwas umsah, womit ich ihn an die Bank binden könnte.
„Du bist eine der liebevollsten Menschen dieser Welt“, sagte ich hastig, bemüht, ihn fest zu halten, „aber dieser Drang nach Liebe von anderen macht dir alles kaputt. Das lässt sich nicht mit dem nächsten Plattenerfolg kompensieren. Wenn du soviel Liebe gibst, muss die Kraft aus dir
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