Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
heute reichte es.
***
Niedergeschlagen kam Michael von seiner Tour zurück. Er empfand es als ein schlechtes Omen, das Foto verloren zu haben. Niemand außer Frank wusste, was es ihm bedeutete. Angesichts der Herausforderungen, die sich ihm nach wie vor stellten und die sich derzeit wieder zuspitzten, war er seiner Intuition gefolgt, noch einmal nach Neverland zu gehen, um die Antwort auf all seine Fragen auf seinem Giving Tree zu bekommen. Genau dort dieses Bild zu verlieren, war einfach zuviel für ihn. Ihm war, als ob es sich Sneddon gierig geschnappt hätte, als ob er ihm noch im Nachhinein sagen wolle: Kein Glück für Michael Jackson.
Er ging in sein Zimmer, sah sich um. Dies hier war alles nicht vergleichbar mit Neverland. Gut, es stimmte, er wollte dort nicht mehr leben. Er konnte nicht vergessen, hatte Angst, dass sie erneut kommen würden, sah an jeder Ecke Beamte, die mit Handschellen auf ihn zukamen.
Trotzdem vermisste er es. Er vermisste das ursprüngliche Neverland, das er geschaffen hatte. Müde wollte er sich aufs Bett werfen – und traute seinen Augen nicht.
Da lag das Foto. Und darunter war etwas. Etwas Schwarzes. Oh, mein Gott, dachte er schockiert. Sein Herz setzte für eine Sekunde aus. Bitte nicht. Lass nicht auch diese Sache in ihre Fänge geraten...
Mit zitternden Händen nahm er das Foto und die Karte. Der Hintergrund des Bildes war schwarz, doch in der Mitte war ein Herz, das in warmen Farben von rot über orange zu gelb das Schwarz des Hintergrunds durchdrang.
Darunter stand: Believe in Love.
Michaels Knie zitterten. Er sank vor das Bett, presste beides, die Karte und das Foto an sein Herz und wusste nicht, was er denken sollte.
Ein Zeichen. Believe in Love. Er weinte. Das war genau das, wozu er sich aufgerufen fühlte.
Sky, 2008/2009
Sein Nachttisch klingelte. Ein unbekannter Klingelton. Es war Samstag. Ausschlaftag.
„Beth“, murmelte er schlaftrunken. „Dein Handy klingelt.”
„Das ist nicht mein Handy“, antwortete sie. „Hast du den Wecker gestellt?“
„Sun!“ rief er unwillig. „Dein Handy!“
Keine Antwort.
Sky öffnete widerwillig die Augen. Dann fuhr er hoch. Sein Nachttisch klingelte! Das Handy, das seit gut zwei Jahren dort drin lag und noch nie benutzt worden war.
***
Da war er wieder. Tom. Wieder am Gartentor. Wieder mit Greg.
Seit ich die beiden dort zum ersten Mal gesehen hatte, war ich öfter an diese Stelle zurück gekehrt und heute wurde meine Geduld belohnt. Tom war da. Er gab Greg etwas. Greg steckte es in die hintere Hosentasche und schlurfte in sein Gartenhäuschen zurück.
Greg spielte falsch. Von Tom wusste ich es ja schon längst. Aber Greg? Führte ein Doppelleben? Ich musste Grace informieren. Das hätte ich schon längst tun sollen.
Greg war so schweigsam, schien eher mit seinen Pflanzen zu sprechen als mit Menschen. Was hatte er vor? Oh, Gott, ich wurde schon genauso misstrauisch wie alle hier. Man hatte gar keine andere Chance.
Was ich außerdem bemerkte: ich entwickelte einen ausgesprochenen Hang, den Dingen nachzugehen. Sei es aus Schutzbedürfnis Michael gegenüber, sei es, weil ich es plötzlich spannend fand, Rätsel zu lösen. Jedenfalls schnappte ich mir eine Stunde später einen Korb und schlenderte zum Gewächshaus hinüber.
Greg hatte schon Feierabend. Seine Arbeitshose lag säuberlich zusammen gefaltet auf einem Holzhocker im Vorraum. Ehe ich mich versah, durchsuchte ich die Hosentaschen nach dem Zettel. Ich fand nichts.
„Grace... wie lange ist Greg schon bei Michael?“
„Ach... schon ewig. Er war schon da, bevor ich kam. Ich glaube, Joseph, Michaels Vater, hat ihn damals von Encino nach Neverland gebracht. Da hat er auch lange Jahre gearbeitet.”
Ich kaute auf meiner Unterlippe herum.
„Was ist?“ fragte Grace und sah mich mit zusammen gezogenen Brauen an.
„Ich hab ihn...ich meine... dieser Tom... Cevicz...der mir damals dieses Angebot mit der Zeitung gemacht hat... erinnerst du dich? Du hast mir das Video gezeigt...“
„Ach...ja! Tom! Der Tom! Äh...ja...genau...“, sagte Grace gedehnt. „Was ist mit dem?“
„Ich hab ihn gesehen“, antwortete ich kurz und bündig, „mit Greg. Schon zweimal. Sie haben sich ausgetauscht und zwar schriftlich wie mündlich.”
„Hast du gehört, um was es ging?“, fragte Grace beunruhigt.
„Nein, ich war zu weit weg. Aber Tom hab ich erkannt – und du weißt, der ist link... aber Greg... ich meine...“
„Schon gut, Chirelle“, unterbrach mich Grace,
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