Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
„ich kümmere mich darum. Danke, dass du es mir gesagt hast.”
Ich weiß nicht – ich war geradezu enttäuscht von Graces geringem Interesse. Hätte dieser Hinweis nicht wie eine kleine Bombe wirken müssen? Oder wussten und ahnten sie bereits etwas und ich hatte eine offene Tür eingetreten? Ich wunderte mich über ihre Reaktion. Toms Hinterlassenschaft, seine Aufforderung an mich, nach-zudenken, erschien mir jedenfalls notwendiger denn je.
***
Mehr müßig, als wirklich interessiert, sah ich mir in den restlichen Tagen die drei kopierten Seiten an. Sie taten genau das, was ich von ihnen erwartet hatte: Sie stifteten Verwirrung.
F. Ahearn“ stand auf der ersten Seite und eine Adresse. Daneben:
„Alternativen“
Dann, in einer Vertikalen: Ch, A, D, Eu, UK?
Auf der nächsten Seite war ebenfalls eine Liste:
„Die BESTEN“, dick unterstrichen.
SK. Joey
Sky
Tom
Freunde D/U
Familie?
L.
D.
Dr.... das konnte ich nicht entziffern.
Dann, wieder deutlich: Das Wort „Kliniken“. Am Rand davon: OMG!
Zeitraum: Min. zwei Jahre bis drei Jahre
Ein Smilie mit doppelt heruntergezogenen Mundwinkeln daneben.
Und sehr deutlich: JAKE, dreifach unterstrichen
Dritte Seite: Schlampig, kaum lesbar
Foto, Heli ?
Amb. Vehi. – Fotos, Mon.
Groß, deutlich: MEDIA, Fuck them all!
Am Rand davon, ebenfalls OMG! Und ein Smilie.
French fries
Alles war verziert mit Ornamenten, gedankenverlorenen Kritzeleien. Paisleys, Blumen, Mandalas. Es war ein Brainstorming. Oder eine Inhaltsangabe. Oder beides. Mein vorheriger Fund aus der Bibliothek fiel mir ein. Der war genauso verziert. Wo hatte ich das Foto nur hin gesteckt?
Ich suchte meine Ordner im Computer durch. Es war schon ein bisschen her, ich hatte mir tatsächlich weder Speicherort noch Ordnerbezeichnung gemerkt. Das war wieder mal typisch ich. Leise mit mir schimpfend ging ich die Dateien durch. Linda rief mich. Widerwillig stand ich auf und ging in die Küche. Da fiel mir ein, dass ich gar keine Aufzeichnungen gemacht hatte. Es gab nur das Original – das Foto im Buch in der Bibliothek. Wenn es noch da war.
Mann, kam es mir siedendheiß. Jetzt spionierst du ja schon wieder! Aber das Ganze war zu spannend, als dass ich damit hätte aufhören können.
Tom
Linda sah aus dem Fenster. Ein Wagen fuhr vor und spuckte einen Mann aus. Er tauchte nicht, wie erwartet, an der Haustür auf. Eine Minute lang wartete Linda auf ein Klingeln. Nichts. Sie ging zur Tür und schaute rechts und links. Nichts. Der Mann war schon längst um das Gelände herum gegangen, ihrer Sicht entschwunden.
Ich befand mich auf dem Weg zu einem der geheimen Ausgänge. Grace hatte mich gefragt, was ich heute Abend vorhabe und ich hatte geantwortet: Zu Hause bleiben und Reisevorbereitungen treffen. In einer Woche würde ich zurückreisen und das kam mir, trotz meiner Sehnsucht nach meinem normalen Leben, seltsam vor.
Doch dann war ich unruhig geworden. Das Ticket hatte ich online gebucht, meinen Mann per Email über die Flugzeiten unterrichtet...und zum Packen war es zu früh. Und so entschloss ich mich spontan, auszugehen, stellte mich unter die Dusche, schminkte mich, zog mir was Hübsches an und machte mich auf den Weg zum Ausgang. Dort musste ich dann dem Wachpersonal Bescheid geben. Einen Chauffeur wollte ich nicht. Ich würde eine ganze Strecke laufen und dann mit dem Bus fahren.
Als ich am Ausgang ankam, stand da der Posten mit Greg. Beide hoben erstaunt grüßend die Hand. Ich grüßte zurück, unterrichtete sie über meine Planänderung für den Abend. Aber irgendetwas in ihrem Blick ließ mich misstrauisch werden. Ich lief ein paar Schritte die Straße hinab. Instinktiv drückte ich mich dann an den Zaun, hinter einen überhängenden Baum, so dass sie mich nicht mehr sehen konnten. Es gab plötzlich Bewegung am Tor. Ein paar Männer traten auf den Wachmann und Greg zu. Einer zeigte etwas vor. Ich konnte alles gut sehen. Greg sah sich nach mir um und scheuchte die Männer ins Innere.
Das Tor fiel zu.
Ich ging zum Vordereingang wieder rein und machte mich auf den Weg zu Gregs Gartenhäuschen.
Sie kamen einzeln wieder heraus. Ich hatte lange warten müssen. Solange, dass ich mir dachte, wie blödsinnig das doch alles war. Mehrere Male war ich versucht, einfach wie geplant den Bus zu nehmen und in die Stadt zu fahren. Aber ich tat es nicht. Ich hockte in einem blöden Gebüsch unter einem bescheuerten Fenster und konnte von der Unterhaltung nicht ein Wort verstehen. Dann war ich
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