Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
doch nur natürlich. Vielleicht hilft dir einfach die Vorstellung, dass auch ein Gavin Arvizo nach Liebe schreit. Ich möchte nicht wissen, wie er sich gefühlt hat, als er meinte, du verlässt ihn. Oder ein Martin Bashir.“
„Bashir? Der hat doch gekriegt, was er wollte.“
„Nein, hat er nicht“, sagte ich, „er muss auch die Verantwortung für seine Taten tragen. Es ist ein Pyrrhussieg. Und schau genau hin: was meinst du ist der tiefere Grund, dass er so sehr Karriere machen wollte und so gerne oben stehen wollte und so gerne anerkannt sein wollte...so wie du?“
Michael lächelte schwach. „Okay, ich verstehe. Er wollte auch geliebt werden.”
„Bingo. Und da rennen zwei Typen auf dieser Welt herum, der eine braucht ein Opfer und der andere spielt es. Beide aus dem gleichen Grund. Beide, weil sie meinen, damit kämen sie ans Ziel. Perfekt, oder?“
„Oh, Scheiße“, kicherte Michael.
Ich bewunderte Michael bis in die Tiefen meiner Seele. Er war und blieb ein außergewöhnlicher Mensch, ein Engel, der wenig Probleme hatte, zu verzeihen, zu vergeben und weiterhin Gutes zu tun – egal, wie sehr man ihm zusetzte, egal, was man ihm antat: Wie eine starke Feder schnellte er trotz der Folterungen immer auf sein Paradigma zurück, auf das, was er war: Ein wundervoller, großzügiger, liebenswürdiger, demütiger und liebevoller Mensch.
Unsere letzten Gespräche brachten den Durchbruch. Es wurde lichter in Michaels Seele und lichter um ihn herum. Er begann zu strahlen auf eine Weise, die uns allen das Herz wärmte und Graces Augen glänzten. Endlich zogen Hoffnung und Zuversicht durchs ganze Haus. Etwas änderte sich, es lag in der Luft.
Am nächsten Tag telefonierte ich mit meiner Familie. Ich wollte nach Hause. Es war Zeit.
Noch einmal Neverland
Meine letzten Tage brachen an. Die Rückreise planend saß ich vor dem Rechner und spielte mit dem Stift. Bald würde ich Tausende von Meilen von hier entfernt sein. Der Gedanke ließ mich abrupt aufstehen. Ich hatte mir noch etwas vorgenommen. Und das würde ich jetzt tun.
Spontan mietete ich ein Auto mit Navigationssystem, verließ L.A. und fuhr nach Neverland. Voller nostalgischer Gefühle, als ob ich es wäre, die dieses Stück Paradies verloren hätte.
Es war später Nachmittag, als ich dort ankam. Ich war planlos gestartet. Der einzige Plan war, nach Neverland zu kommen, aber wie ich hinein kommen sollte, ohne jeden Schlüssel, ohne jede Erlaubnis, daran hatte ich keinen Gedanken verschwendet.
Und es kam, wie es kommen musste: Ich lief die Tore ab und sie waren verschlossen. Einige waren sogar bewacht. Zwei Sicherheitsleute standen dort und ich mutmaßte, dass sie das die ganze Nacht tun würden.
Entmutigt fuhr ich in den Ort und kaufte mir etwas zu essen. Vor dem Laden standen zwei wacklige, runde Plastik-Tische und ein paar Stühle. Ich packte meine Sandwiches, Kaffee und Wasser darauf und setzte mich. Der Besitzer des Ladens hatte nichts zu tun und so kam er raus und fragte, ob ich noch irgendetwas bräuchte.
„Nein, danke“, sagte ich und dann fiel mir ein, dass er das vielleicht fragte, weil er seinen Laden dicht machen wollte.
„Möchten Sie schließen?“, fragte ich ihn. „Ich kann mein Sandwich auch im Auto essen.“
„Aber nein! Bleiben Sie nur! Die Tische lasse ich sowieso draußen stehen“, sagte er freundlich. Er zögerte. Dann setzte er nach: „Wollen Sie sich Neverland anschauen?“
Erstaunt sah ich ihn an und konnte nicht umhin zu grinsen. „Tun das alle, die bei Ihnen was zu essen kaufen und nicht von hier sind?“, fragte ich.
„Na ja, die meisten“, antwortete er und setzte sich zu mir, „die meisten. Wobei es bedeutend ruhiger geworden ist. Es kommen kaum noch Fans. Wozu auch.”
„Ja, wozu auch“, wiederholte ich traurig.
„Manche versuchen es noch. Aber es ist ja alles verschlossen.”
„Hab ich gemerkt.”
Er zog die Augenbrauen hoch. „Okay – Sie waren also schon dort.“
„Ja, einmal war ich sogar schon drin...es ist noch nicht allzu lange her. Ich war mit einem... Freund von Mr. Jackson hier und er hatte den Schlüssel“, erklärte ich.
Der Ladenbesitzer nickte. Er war ein etwa 40jähriger Mann, sympathisch, das typisch amerikanische, kräftige Kinn, ein breites Lächeln, braunes Haar, graue Augen, kräftige Statur und Hände, die zupacken konnten.
„Ja, Michael“, seufzte er, „schade, dass er nicht mehr hier ist. Er ist ein so angenehmer Mensch. Immer freundlich, überaus höflich,
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