TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff
Lampe.
Die wieder eingetretene Dunkelheit, die nach dem grellen Licht noch undurchdringlicher schien, erfüllte Basons Herz mit Todesangst. Mit einem wilden, gellenden Schrei schleuderte er die Lampe von sich und stürzte wie von Sinnen zum Raumschiff. Wie gehetzt jagte er durch die offene Tür der Ausstiegkammer und schlug sie hinter sich zu.
Kraftlos und unfähig zu denken, lag er im Dunkeln auf dem Boden der Kammer, von einem widerwärtigen, heftigen Zittern befallen. Vor seinen Augen stand unablässig das Bild des grauenhaften Endes seines Gefährten: das riesige zottige Schlangenungeheuer und die unter ihm hervorragenden Beine. Reglose Beine. ,Also war er schon tot’, war der klare Gedanke, den er fassen konnte.
Die Übelkeit ging allmählich vorüber, auch das Zittern ließ nach. Bason richtete sich auf und lauschte. Ringsum herrschte Stille. Nicht ein Laut drang von draußen herein. Er vernahm nur die schnellen Schläge seines Herzens, das sich noch nicht beruhigt hatte. ,Vielleicht hätte ich ihn doch retten können?’ fragte er sich beklommen. ,Nein, unmöglich, er war schon tot!’ beruhigte er sich.
Bason stand auf und knipste Licht an. Die Außentür war zu. Er wunderte sich darüber, denn ihm war entfallen, daß er sie selber zugeschlagen hatte. Dann nahm er die Sauerstoffmaske ab, die er immer noch aufhatte, und wankte ins Innere der Rakete. Eine unwiderstehliche Müdigkeit überkam ihn. Wie er ging und stand, sank er zu Boden und schlief augenblicklich ein.
Bason hätte nicht sagen können, wie lange er geschlafen hatte, aber als er die Augen öffnete, drang durch die schmalen Fenster Tageslicht. Er richtete sich auf und begann, den Kopf in die Hände gestützt, zu grübeln. Hapgood war tot, und er war nun allein auf dem Mars in einer Rakete, mit der er nichts anzufangen wußte. Sicherer Tod erwartete ihn. Nichts konnte ihn mehr retten. Nichts, als … Aber durfte er denn hoffen, daß das sowjetische Raumschiff ausgerechnet hier landete? Der Planet war groß. Kamow konnte mit seinem Schiff auf jedem beliebigen Punkt der hundertfünfzig Millionen Quadratkilometer großen Marsoberfläche niedergehen. Es blieb also nicht einmal ein Hoffnungsschimmer … Wie lange würde sich seine Qual hinziehen? Die Luft würde ihm drei Monate reichen. Drei Monate …
Er trat ans Fenster. Ob der fürchterliche Marsbewohner noch da war? Ihm kam der Gedanke, daß es eigentlich nicht übel wäre, das Tier zu fotografieren. ,Das gäbe eine sensationelle Aufnahme’, dachte er, aber gleich darauf lachte er bitter auf. ,Wer würde sie denn zu sehen bekommen?’
Draußen war es Tag. Nichts rührte sich in dem sonnenbeschienenen blaugrauen Gestrüpp und auf dem Platz, auf dem das Raumschiff gelandet war. Die Lampe, die Bason weggeworfen hatte, lag noch im Sand. Von Hapgood aber war nirgends eine Spur. Da fiel Basons Blick auf einen dunklen Fleck – an dieser Stelle hatten sie in der Nacht gestanden –, und er sah das Bein eines Menschen. Der Fuß, mit Hosenresten eines blauen Overalls, steckte in einem ihm wohlbekannten Schuh. Daneben lag eine zerdrückte Uhr. Der Fleck da war Blut, und das Stück Bein war alles, was die Marsschlange von seinem Gefährten übriggelassen hatte. Bason zitterte am ganzen Leib. Eine Schwäche in den Knien zwang ihn, sich an die Wand zu lehnen.
Nein, fort aus dieser schrecklichen Welt! … Schluß machen!
Doch plötzlich fuhr er zusammen und ließ die Hand sinken.
Nicht mehr als dreihundert Meter von der Rakete entfernt bewegte sich etwas Glitzerndes, das rasch näher kam. Die Sonne spiegelte sich hell auf der offenbar metallenen Oberfläche; was für eine Form der Gegenstand hatte, war in dem Gestrüpp nicht zu erkennen. Bason preßte die Stirn gegen die Fensterscheibe und verfolgte den rätselhaften Gegenstand, der genau auf die Rakete zusteuerte.
»Das sieht ja aus wie das Verdeck eines Autos«, sagte er laut vor sich hin. Aber wo sollte auf dem Mars ein Auto herkommen? War der Planet wirklich bewohnt, und Marsmenschen näherten sich dem Weltraumschiff? Sollte das wirklich die Rettung in letzter Minute sein?
Jäh aufkeimende Hoffnung ließ Bason das Herz höher schlagen. Wenn die Marsmenschen ein Gefährt bauen konnten, das nach Erdbegriffen einem Auto glich, dann mußte ihre Technik einen hohen Stand haben.
,Aber vielleicht ist es nur der glitzernde Panzer eines Marstieres?’ dachte Bason. ,Wer weiß, was noch für Wesen diesen Planeten bevölkern.’
Der funkelnde Gegenstand
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