TS 07: Die Außerirdischen
über jene Vorgänge gesprochen; selbst dann nicht, als der Krieg längst vorbei war. Und als Hedley dann heute bei ihm aufgetaucht war und ihn gebeten hatte, einen alten Mann so lange zu beobachten, bis er starb, hatte er zugestimmt, obwohl er nicht begriff, um was es eigentlich ging. Nur soviel hatte Hedley gesagt: Es starben in letzter Zeit sehr viel alte Männer – und zwar solche einer ganz bestimmten Sorte. Wenn man sie etwas zu fragen wünschte, starben sie noch schneller.
Hedley hatte von ihm verlangt, jenen Mann solange im Auge zu behalten, bis der Tod fast eingetreten war. Dann sollte er hinzueilen und verhindern, daß er eine Giftkapsel schluckte, die den sofortigen Tod herbeiführte. Der natürliche Tod ließ vielleicht Zeit, doch noch einige Fragen stellen zu können.
Ein merkwürdiges Geheimnis lag über der ganzen Angelegenheit, das hatte Lockhart gefühlt. Und Hedley hatte ihm bestätigt, daß es eine Angelegenheit war, die über Leben und Tod von Millionen Menschen entschied. Seine Worte hatten so ernst geklungen, daß Lockhart nicht zu zweifeln wagte, obwohl er sich nicht vorstellen konnte, welche Gefahr dieser weißhaarige Alte bedeuten konnte – oder jene, die der Agent noch erwähnt hatte.
*
Lockhart straffte sich, als er sah, wie sich das Paar bei dem Sterbenden aufrichtete und eilig davonschritt. Für einen Moment glaubte er auf dem Gesicht des Mädchens so etwas wie Enttäuschung gesehen zu haben, aber er konnte sich auch täuschen. Das Licht der untergehenden Sonne warf seltsame Schatten. Dann sah er wieder zu dem alten Mann hinüber – und zuckte zusammen.
Die Züge waren plötzlich eingefallen und er hatte die Augen geschlossen. Das Gesicht war totenblaß, obwohl die letzten Strahlen der Sonne darauf fielen. Als Lockhart sprach, erkannte er kaum seine eigene Stimme:
„Jetzt, denke ich, tritt der Tod ein.“
Ohne ein Wort der Entgegnung schob ihm Hedley eine kleine, schwarze Tasche mit medizinischen Instrumenten zu, er selbst behielt die zweite. Dann standen sie auf und schritten zu dem Marmortisch hinüber.
Lockhart wußte genau, was er zu tun hatte, aber der kalte Schweiß stand auf seiner Stirn. Das Gesicht des Sterbenden strömte eine klare Weisheit aus, die trotz des Verfalls jung und gleichzeitig uralt wirkte. Der Arzt wußte, daß er einen außerordentlichen Menschen vor sich hatte, einen Menschen, mit dem er bedenkenlos Freundschaft geschlossen hätte. Er dachte mit Schrecken an das, was er zu tun gezwungen war. Es kam ihm vor, als gehe er daran, die Gebeine eines Heiligen aus seinem Grab zu stehlen.
„Beeilen Sie sich!“ drängte Hedley an seiner Seite.
Gleichzeitig öffnete er seine Tasche und entnahm ihr ein Instrument, das lebhaft an einen Blutdruckmesser erinnerte. In Wirklichkeit war es nichts anderes als ein sorgfältig getarntes Tonbandgerät.
Sie hatten den Alten erreicht, der sich nicht rührte und ihre Ankunft anscheinend nicht bemerkt hatte. Während Hedley den herbeieilenden Cafebesitzer mit einigen Bemerkungen fortschickte, setzte sich Lockhart neben den Alten und öffnete dessen Mund mit seiner Hand. Er überprüfte die Zähne und stellte mit Erstaunen fest, daß sie fest und gesund waren. Als er die Zunge anhob, bemerkte er die flache, gallertartige Kapsel.
Sie hatte sich fast aufgelöst, nur ein dünnes Häutchen umschloß noch die darin enthaltene Flüssigkeit. Lockhart mußte die Kapsel entfernen, ehe sie platzt – sonst würde sich Hedley nach einer neuen Informationsquelle umsehen müssen.
Er nahm eine Pinzette und schob damit die Kapsel vorsichtig nach vorn. Erst als sie auf den Zähnen des Unterkiefers lag, ließ er sie auf die Hand rollen – und atmete erleichtert auf.
Ohne zu zögern machte er sich daran, den zweiten Teil seiner Aufgabe zu lösen. Die Injektionen lagen alle bereit. Er hatte nichts anderes zu tun, als die fertigen Lösungen zu injizieren. Eine kleine Plexiflasche komprimierten Sauerstoffs wurde geöffnet und das belebende Gas strömte in die Lunge des Alten. Als er die letzte Injektion mit der sogenannten „Wahrheitsdroge“ durchführte, war der Alte wieder soweit bei Besinnung, daß er zusammenzuckte, als die Nadel unter seine Haut drang.
Lockhart lauschte angestrengt und gespannt auf die rasselnden Geräusche, die aus dem Mund des Todgeweihten kamen.
„Hedley“, sagte Lockhart hastig, „Sie haben vielleicht zehn Minuten Zeit – wenn Sie Glück haben.“
„Wie heißen Sie?“ fragte Hedley und näherte
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