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TS 10: Das vertauschte Ich

TS 10: Das vertauschte Ich

Titel: TS 10: Das vertauschte Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerry Sohl
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nicht wieder mit Hardestys Gehirn restauriert werden würde. Dann wäre alles wieder wie vorher, nur er, Carl, müßte dann die Konsequenzen tragen. Hardesty würde endgültig triumphieren können, und niemand würde ihm mehr gefährlich werden können. Denn ein Mann, dessen Gehirn ausgebrannt worden war, wäre dann kein Gegner mehr.
    Er mußte das Problem von einer anderen Seite aus angehen. Er mußte den Mörder finden. Oder der Föderationspolizei beweisen, daß der restaurierte Bradley Kempton in Wirklichkeit gar nicht sein Vater war. Der letzte Weg war – aber das war das schwierigste, denn er wußte wirklich nicht, wo er da ansetzen sollte –, die Gehirnaufnahme seines Vaters ausfindig machen und sie der Polizei als Beweis bringen.
    Carl war verzweifelt. Der handgreifliche Beweis für das Verbrechen lief in der Gestalt Bradley Kemptons in Lebensgröße herum. Aber einen Dritten von der Gültigkeit dieses Beweises zu überzeugen, war mehr als schwierig. Es schien unmöglich. Es war zum Verrücktwerden. Und sogar sein Zorn war völlig unnütz, denn er war gegen ein Gespenst gerichtet, gegen ein nicht faßbares Etwas, das sich in Tiefen verborgen hielt, die von außen unerreichbar waren.
    Voll ohnmächtigen Zorns ballte er die Fäuste.
    Eine schwierige, eine schier unmögliche Aufgabe wartete auf ihn.

 
5. Kapitel
     
    »Du glaubst, ich bin verrückt, nicht wahr?«
    »Natürlich nicht.« Beruhigend legte Marilla ihre schlanke Hand auf seinen Arm. »Du hast eine Menge mitgemacht. Es muß einfach schrecklich gewesen sein!«
    Wie konnte er ihr begreiflich machen, was für ein Gefühl es war, mit einem Mann zusammenleben zu müssen, der wie sein Vater aussah, seines Vaters Kleider trug, seines Vaters Bett benützte, alle die Dinge mit Selbstverständlichkeit benützte, die seinem Vater gehörten, und der doch nicht sein Vater war.
    »Ich habe schon einige Zeit gefühlt, daß irgend etwas nicht stimmte«, sagte Marilla. Sie saßen in Carls Flugwagen, den sie am Rand einer Klippe geparkt hatten, und blickten über das Meer.
    Mit monotoner Stimme berichtete Carl weiter. »Gestern sagte mir Hardesty, daß er die Kennmelodie für den Safe vergessen hätte. Für alles, was er nicht weiß, gibt er der Restaurierung die Schuld. Für ihn sehr bequem. Als er die Melodie für den Safe wissen wollte, sagte er einfach: ‚Ist das nicht dumm von mir, Carl? Ich habe die Melodie für den Safe vergessen. Ich fürchte, ich werde mit den Nachwirkungen der Operation ewig zu tun haben.« Dabei starrte er mich unverschämt an und lachte dazu.
    »Du hast ihm die Melodie gesagt?«
    »Was konnte ich denn tun?« Carl haßte die unbekümmerte Frechheit, mit der der andere die Identität seines Vaters für sich in Anspruch nahm, aber er sah keinen Weg, sich dagegen zu wehren.
    Er lachte plötzlich auf. »Manchmal frage ich mich, wie es Hardesty überhaupt fertigbringt, Dinge zu tun, die mein Vater mit seinem Körper nie fertiggebracht hat. Hardesty geht erst am frühen Morgen zu Bett und schläft bis in den Nachmittag hinein. Mein Vater ging nie später als Mitternacht schlafen und stand genau sechs Stunden später wieder auf. Er sagte immer, er besäße einen eingebauten Wecker.«
    »Weiß denn dieser Hardesty nicht, daß alle diese Kleinigkeiten so gar nicht mit den Gewohnheiten deines Vaters übereinstimmen?«
    »Das scheint ihn nicht weiter aufzuregen, Marilla. Er entschuldigt sich auch nicht, wenn er ab und zu einen ganz groben Schnitzer macht.«
    »Aber warum? Er muß sich doch ausrechnen können, daß du auf diese Weise früher oder später den Betrug merken wirst.«
    Carl nickte. »Gerade das kann ich mir eben nicht erklären.«
    »Vielleicht – vielleicht will er, daß du ihm auf die Schliche kommst?«
    Er blickte sie an. Die Nachmittagssonne legte einen goldenen Schleier über ihr blondes Haar.
    »Ich habe mir darüber schon genug den Kopf zerbrochen«, sagte er. Es war auch wirklich seltsam, wie sich Hardesty unbekümmert und kaltschnäuzig bewegte, obwohl sein Betragen mehr als einmal im strikten Gegensatz zu den Gewohnheiten des richtigen Bradley Kempton stand.
    Das Haus zum Beispiel. Sein Vater hatte sein Haus wie nach einer Präzisionsuhr geführt. Jetzt war alles in einen gemütlichen Trott verfallen, der Platz für alle möglichen Improvisationen und Ausnahmen bot. Manchmal war Hardesty eben zu Hause, manchmal nicht. Die Haushälterin, eine Irin von großem Leibesumfang und ebenso großen Fähigkeiten, hatte sich wohl oder

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