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TS 10: Das vertauschte Ich

TS 10: Das vertauschte Ich

Titel: TS 10: Das vertauschte Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerry Sohl
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nicht da. Natürlich weiß ich nicht, wen er eventuell trifft, wenn er weggeht. Ich kann ihm auch nicht gut nachgehen, weil er mich bestimmt sofort entdecken würde. Es bleibt mir also nichts übrig, als mich mit dem Hardesty vor der Restaurierung zu beschäftigen und über seine Vergangenheit einige Erkundigungen einzuziehen.«
    »Ich könnte ihm ja nachgehen.«
    Carl lachte gequält. »Mir ist es lieber, wenn du nur mir nachgehst.«
    »Wirklich. Ich meine es ernst.«
    »Ich auch.«
    Ihre Augen blitzten. »Jetzt hör mal zu. Ich könnte das doch wirklich machen. Er kennt mich nicht und …«
    »Du bist doch kein Detektiv.«
    »Na und du?«
    »Ich bin ein Mann und …«
    »Und ich eine Frau und genauso gescheit wie du. Und was viel wichtiger ist, er kennt mich nicht. Ich würde ihm also nicht auffallen, und er würde keinen Verdacht schöpfen.«
    »Das stimmt schon, aber ich möchte wirklich nicht, daß du dich mit einem Verbrecher abgibst. Denk nur an alle die Orte, die er aufsuchen könnte.«
    »Na ja«, sagte sie und schien einen Augenblick mutlos zu werden, »da hast du vielleicht recht. Aber ich könnte ihm wenigstens soweit folgen, wie es für mich sicher erscheint.«
    »Es wäre besser, wenn ich einen Privatdetektiv engagieren würde.«
    »Ein Privatdetektiv würde bestimmt nicht so privat und auch nicht so gewissenhaft sein wie ich.«
    Carl sah sie überrascht an. Er war erfreut, daß sie dieses Risiko seinetwegen auf sich nehmen wollte. Es gefiel ihm, wie sie so entschlossen die Lippen zusammenpreßte, ihre Hände sich zu Fäusten ballten, wie sie so kriegerisch dasaß.
    »Wenn ich nur wüßte, ob es auch Zweck hat?«
    »Ich werde schon herausbekommen, wohin er immer verschwindet.«
    »Aber ich weiß wirklich nicht, ob das so ungefährlich ist.«
    »Ich werde schon aufpassen.«
    »Andererseits – wenn ihm jemand nachgehen würde, hätte ich Zeit, mich mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen.«
    »Also gut. Wann fange ich an?«
     
    *
     
    In der Fabrik konnte Carl die alte Adresse Hardestys ausfindig machen. Aus dem Personalakt erfuhr er, daß Hardesty eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Die Prämie sollte zwei Dinge bestreiten. Seine Einäscherung und die Erbschaftssteuer. Vierhundert Föderationsdollar für das Begräbnis und zweihunderttausend Dollar für Erbschaftssteuer.
    Zweihunderttausend Dollar! Carl verschlug es die Sprache. Wenn Hardesty keine Kinder, keine Frau oder sonstige Verwandtschaft hatte, warum hatte er dann eine Versicherung abgeschlossen, um Erbschaftssteuer zahlen zu können? Und warum war die Summe so hoch? Natürlich konnte Hardesty dabei einfach überoptimistisch gewesen sein. Aber zweihunderttausend Dollar würde ein Vermögen von mehr als einer Million Dollar bedeuten. Wie konnte ein Angestellter – wenn auch in leitender Position – ein derartiges Vermögen anhäufen? Hardesty war zwar ein Junggeselle gewesen, aber gerade unverheiratete Männer hatten selten Grund zur Sparsamkeit.
    Er forschte weiter nach und erfuhr, daß Hardesty vor seinem Tode wöchentlich fünfhundert Dollar verdient hatte. Die vorhergehenden Jahre war die Summe sogar geringer gewesen. Um eine Million Dollar zusammenzubringen, hätte Hardesty vierzig Jahre lang sein ganzes Gehalt auf die Seite legen müssen – also nur, wenn er selbst nie einen Cent davon angerührt hätte, und nicht gerechnet die Steuern, die zu bezahlen gewesen wären. War der Mann ein Phantast gewesen? Oder hatte er wirklich eine Million Dollar?
    Hardestys Haus beeindruckte Carl, obwohl es nicht ganz seinen Erwartungen entsprach. Es war nicht mehr ganz neu – eines jener älteren Modelle mit dem ellipsenförmigen Wohntrakt nahe der Straße und zwei halbkugelförmigen Schlafhäusern dahinter. Das große Schwimmbad im Garten überraschte ihn allerdings nicht wenig. Das Wasser war ausgelassen, und die Türen der Häuser waren verschlossen. Der Rasen sah noch immer sehr gepflegt aus.
    Im Vorgarten stand ein großes Schild »Zu Verkaufen«. Interessenten wurden an eine Immobilienfirma verwiesen.
    Carl blickte suchend die Straße auf und ab. Er sah niemanden, mit dem er sprechen konnte. Nur sauber geschnittene Hecken, weite Rasenflächen, Bäume, Blumenbeete. Nicht einmal ein Rasensprenger war zu sehen.
    »Suchen Sie jemand?«
    Die Stimme kam von dem Grundstück nebenan, und zuerst konnte Carl den Frager nicht entdecken. Dann sah er ihn aus einem Baum heruntersteigen. Es war ein schon alter Mann, er trug einen Eimer in der Hand.

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