TS 13: Slan
und unmöglich zu erklettern; die Warnglocke befand sich außer Reichweite. Pausenlos lärmte sie, aber noch immer ließen sich keine näherkommenden Wärter oder deren Gedankenfetzen feststellen.
„Womit nicht bewiesen ist, daß niemand kommt“, dachte Jommy angespannt. „Diese dicken Steinwände würden Gedankenwellen sehr stark abdämpfen.“
Er beschloß, keine Zeit mehr zu verlieren und eilte weiter. Es ging den endlosen Korridor entlang, hinein in das riesige Netzwerk der unterirdischen Gänge. Er war sich der Route, die er einschlagen mußte, nicht bewußt. Er wußte nur, daß sein Vater ein Bild davon in sein Gehirn einhypnotisiert hatte, und daß er nur den Anordnungen seines Unterbewußtseins zu folgen brauchte.
Er bog in einen engen Gang ein – und kam schließlich zu dem Versteck. Es war lächerlich einfach, eine kunstvoll eingefügte Platte in der Marmorwand, die unter dem Druck seiner starken Finger herausglitt und eine dunkle Öffnung enthüllte. Er langte hinein, und seine tastenden Finger fanden eine Metallkassette, zogen sie heraus.
Es schien Jommy, daß dies vielleicht der bedeutendste Augenblick in der Geschichte der Slans war – dieser Moment, in dem das Werk eines toten Vaters an seinen fünfzehn Jahre alten Sohn überging, der so viele Tausende Stunden und Tage auf diese einzige Sekunde gewartet hatte.
Plötzlich drang ein Fetzen fremder Gedanken in sein Gehirn. „Diese verdammte Klingel! Wahrscheinlich ist es einer, der heruntergerannt kam, um sich vor etwaigen Bomben zu verstecken, als das Slanschiff über die Stadt flog.“
„Ja, aber verlaß dich nicht darauf. Du weißt, wie genau sie es mit diesen Katakomben nehmen. Wer auch immer den Alarm ausgelöst hat, er befindet sich noch im Inneren. Wir geben den Alarm besser an das Polizeihauptquartier weiter.“
Eine dritte Schwingung kam: „Vielleicht hat sich der Kerl verirrt.“
„Das soll er uns erklären!“ entgegnete der erste Mann. „Machen wir uns jetzt auf den Weg zur ersten Glocke! Haltet die Waffen bereit!
Man kann niemals wissen. Heutzutage, wo Slans am Himmel herumfliegen, kann es durchaus sein, daß einige von ihnen hier herunterkommen!“
Aufgeregt untersuchte Jommy das Metallkästchen nach dem Geheimnis seines Verschlusses. Sein hypnotischer Befehl lautete, den Inhalt herauszunehmen und den leeren Kasten in das Loch zurückzustellen. Angesichts dieses Befehls kam es ihm niemals in den Sinn, das Kästchen zu packen und so schnell wie möglich zu entfliehen.
Es wies weder ein Schloß noch einen Riegel auf. Und doch mußte etwas Derartiges dazu dienen, den Deckel zu verschließen. Schnell, schnell! In wenigen Minuten würden die näherkommenden Männer die Stelle erreichen, an der er jetzt stand.
Geräuschlos zerrte Jommy Gross am Deckel des Behälters. Er verlor fast sein Gleichgewicht, so spielend leicht gab dieser nach.
Er starrte auf einen dicken Metallstab, der auf einem Stapel von Papieren lag. Der Metallstab war ein knolliger Gegenstand, der in der Mitte etwa sechs Zentimeter im Durchmesser maß, sich jedoch gegen die Enden hin verjüngte. Eines der Enden war angerauht und diente zweifellos als Handgriff. Am Fuß der Ausbauchung befand sich ein kleiner Knopf, auf dem automatisch der Daumen zu liegen kam. Das ganze Instrument glühte kaum merklich in einem eigenen Licht. Dieses Glühen und das diffuse Licht der Korridorbeleuchtung war gerade hell genug, um es ihm zu ermöglichen, die Worte zu lesen, die auf dem Blatt Papier standen, das unter dem Stab lag:
Dies ist die Waffe. Gebrauche sie nur im Fall absoluter Notwendigkeit.
Einen Moment lang konzentrierte sich Jommy Cross so stark auf das Geschriebene, daß er nicht merkte, wie die Männer herankamen. Eine Taschenlampe blitzte auf.
„Was zum …“ brüllte einer der Männer. „Hände hoch, du dort!“
Er befand sich zum ersten Male in sechs langen Jahren in echter Lebensgefahr, und so war es nicht verwunderlich, daß ihm die Situation unwirklich erschien. Der Gedanke, daß menschliche Wesen keine besonders raschen Reflexe besaßen, kroch langsam in sein Bewußtsein; Und dann langte er nach der Waffe in der Kassette vor ihm. Ohne sich besonderer Eile bewußt zu sein, drückte er auf den Knopf.
Wenn einer der Männer feuerte, so ging die Handlung im Getöse der weißen Flamme verloren, die mit unvorstellbarer Gewalt aus der Mündung des Energiestabes hervorbrach. In diesem Moment noch lebendige und breitschultrige Gestalten, die ihn bedrohten,
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