TS 13: Slan
geheimgehalten? Und was taten die echten Slans?
Das knirschende Geräusch ließ sich wieder hören. Er kroch zum Rand des Daches und blickte hinunter. Er vermochte nur zu ahnen, wie die Dunkelheit an Schwärze verlor, als die beiden riesigen Metallplatten zusammenglitten und die ebene Fläche des Daches wieder schlossen.
Jommy wartete noch einen Moment, bevor er sprang. Er sah in seinen Gedanken jetzt nur ein Ziel: Rasch zu Oma zurückzukehren.
Ja, zurück zu Oma – und zwar auf dem Umweg über das Warenhaus, um einige Friedensgeschenke für die alte Hexe zu holen, da er sich jetzt so sehr verspätet hatte. Und er mußte sich beeilen. Das Warenhaus schloß um elf Uhr.
Diesmal wagte sich Jommy nicht zu der Juwelenabteilung. Es gab noch viele andere reich beladene Verkaufstische.
Als schließlich alle Taschen gefüllt waren, strebte er vorsichtig dem nächsten Ausgang zu, verhielt aber kurz darauf seinen Schritt, als ein dickbäuchiger Mann mittleren Alters tief in Gedanken versunken vorüberkam. Der Mann war der Hauptbuchhalter des Warenhauses, und er dachte an die vierhunderttausend Dollars, die über Nacht im Safe liegen würden. In seinen Gedanken befand sich ferner die Kombination des Safes.
Jommy eilte weiter und ärgerte sich über seine eigene Dummheit. Wie töricht von ihm, Waren zu stehlen, die unter einem enormen Risiko für beide Seiten verkauft werden mußten, statt einfach alles Geld zu nehmen, das er wollte!
Oma befand sich noch immer dort, wo er sie verlassen hatte.
„Rasch“, sagte sie heiser, „unter die Decken! Ein Polizist war eben hier und befahl Oma, zu verschwinden.“
Der Karren holperte mindestens zwei Kilometer weit, bevor sie ihn anhielt und mit einem wütenden Fauchen die Decke hochschlug. „Du nichtsnutziger Bengel, wo bist du gewesen?“
Jommy verschwendete keine Worte. Seine Verachtungfür sie war zu groß, als daß er mehr als unbedingt nötig mit ihr sprach. Er schauderte, als er sah, mit welcher Gier sie sich auf die Schätze stürzte, die er ihr in den Schoß warf. Rasch schätzte sie jeden Gegenstand auf seinen Wert und legte ihn sorgfältig in den doppelten Boden, den der Karren besaß.
„Mindestens zweihundert Dollars für die alte Oma!“ sagte sie erfreut. „Der alte Finn wird Oma wenigstens soviel dafür geben. Oh, war Oma nicht schlau, sich einen jungen Slan zu fangen? Er wird ihr nicht zehntausend pro Jahr, sondern zwanzigtausend verdienen! Und sie haben eine Belohnung von zehntausend ausgesetzt! Eine Million wäre angebrachter.“
„Ich werde noch bedeutend mehr besorgen können als zwanzigtausend“, meinte Jommy. Der richtige Zeitpunkt schien gekommen zu sein, ihr von dem Warenhaussafe zu berichten, und davon, daß keine Veranlassung für Warendiebstähle mehr bestand. „Es liegen etwa vierzigtausend in dem Safe“, schloß er. „Ich kann das Geld heute nacht holen. Ich werde an der Hinterwand des Gebäudes hinaufklettern bis zu einem der Fenster. Dann schneide ich ein Loch hinein.“
„Nur vierzigtausend Dollar?“ sagte sie scharf. „Sie müssen hunderttausend jeden Tag einnehmen, Millionen!“
„Sie lassen die Hauptmenge des Geldes nachts nicht im Warenhaus“, log Jommy, und zu seiner Erleichterung akzeptierte die Alte die Erklärung.
Er dachte über die Lüge nach, als der Karren weiterratterte. Sie war ihm zunächst fast automatisch über die Lippen gekommen. Jetzt sah er, daß sie seinem eigenen Schutz gedient hatte. Wenn er die alte Frau zu reich machte, würde sie bald daran denken, ihn zu hintergehen und zu verraten.
Es war absolut erforderlich, daß er während der nächsten sechs Jahre in der Sicherheit von Omas Hütte lebte. Deshalb lautete die Frage jetzt: Mit wie wenig würde sie sich zufrieden geben? Irgendwie mußte er sie auf einen goldenen Mittelweg bringen, der zwischen ihrer unersättlichen Habgier und seiner Sicherheit lag.
7. Kapitel
Der plötzliche Reichtum ruinierte Omas Moral völlig. Sie verschwand zeitweise für viele Tage, und er entnahm ihren zusammenhanglosen Reden, daß sie endlich die Vergnügungsplätze besuchte, nach denen sie sich immer gesehnt hatte. Wenn sie zu Hause weilte, war die Flasche ihre ständige Begleiterin. Manchmal, wenn sie kein Geld mehr hatte, mußte er einen neuen Raubzug mit ihr unternehmen, aber abgesehen davon ging er ihr aus dem Weg, wo er konnte.
Er benützte seine Zeit dafür, sein Wissen anzureichern. Der Bezirk, in dem sie lebten, war extrem arm, und die Mehrzahl seiner
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