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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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Hoffnung. Vielleicht bleiben die Guten, die Weisen, die Klugen, die Schönen am Leben.“
    „Mein Gott!“ rief ich, entsetzt über ihr Unverständnis. „Meinen Sie, das wäre unsere Aufgabe? Wenn ich Beethoven, Michelangelo, Napoleon, Madame Curie, Shakespeare und die schöne Helena hier in Simsville hätte, glauben Sie, ich würde sie auswählen?“
    „Ja, würden Sie denn das nicht tun?“ Ein großes Erstaunen hatte ihr Entsetzen abgelöst.
    „Was würde denn dann aus Lieschen Müller? Gewiß, wenn es ein Genie in Simsville gäbe, würde ich es in Betracht ziehen. Es gibt nicht allzu viele Genies. Aber wenn von dreihundert Menschen einer mitkommt, dann können wir nicht den Durchschnittsmenschen ausrotten und nur diejenigen mitnehmen, die in irgendeinem Examen am besten abschneiden würden. Ich …“
    Es fehlte mir an der nötigen Redegewandtheit.
    „Wir wollen von etwas anderem sprechen“, sagte ich hilflos. „Oder besser noch, sprechen wir überhaupt nicht.“
    Sie nickte, zögerte und hob dann mit plötzlichem Entschluß die Hände zum Hals.
    Ich sah erst verständnislos zu, als sie anfing, ihr Kleid aufzumachen.
    „Haben Sie mich deshalb hierher geführt?“ fragte ich sie wütend.
    „Und wenn ich es getan hätte?“ entgegnete sie trotzig.
    Mich erfüllte ein wilder, ganz unsinniger Zorn. „Denken Sie, Sie könnten auf diese Weise einen Leutnant bestechen?“ fragte ich. „Jeder von uns könnte jede Nacht gratis und franko mit Filmstars, Prinzessinnen und Modellen schlafen, ohne sich um Dorfschullehrerinnen auch nur zu kümmern. Wissen Sie, was ich jetzt tun sollte? Mit Ihnen schlafen und Sie von der Liste streichen.“
    „Sie sagten … so etwas, als ob Sie mich hätten mitnehmen wollen?“
    „Ja, das wollte ich.“
    Sie warf den Kopf zurück und lachte mir ins Gesicht. „Das habe ich als Kind oft gehört“, antwortete sie. „‚Ich wollte dir etwas schenken, aber jetzt bekommst du es nicht.’ Das haben wir alle schon gesagt. Es …“
    Ich stürzte von ihr fort, zurück nach Simsville. Das blaue Seidenkleid lag um sie herum, als säße sie in einem spiegelnden Teich …

 
4. Kapitel
     
    Nun waren es nicht mehr Tage, sondern Stunden. Sehr bald würden die zehn Menschen, die mit mir fuhren, benachrichtigt werden. Ob sie jemals den Mars erreichten, hing unter anderem davon ab, wie gut sie darüber schweigen konnten.
    Es gab noch einmal eine Prügelei auf dem Markplatz. Jemand hatte Jack Powell zu Boden geworfen und zertrampelte seinen Nacken mit den Stiefeln. Mir wurde fast schlecht, als ich sah, daß es Mortenson war. Mortenson!
    Mir war es gleich, wer recht oder unrecht hatte und was Mortenson dazu veranlaßt haben mochte, Jack Powell auszulöschen. Ich würde nie den Anblick vergessen, wie Mortenson mit einem Freudengeheul auf dem Nacken eines Menschen herumtrampelte. Für mich kam Mortenson nicht mehr in Frage.
    Betty und Morgan erschienen, sahen, was geschehen war, und rannten in eine Seitenstraße. Das war gut. Sie hatten mich wenigstens nicht gezwungen, sie aus der Passagierliste zu streichen. Sammy war auch da. Aber wo. war Pat?
    Ich muß es laut gesagt haben, denn sie sprach hinter mir: „Komm vom Fenster weg, Bill. So was wirkt wie Rauschgift. Zum Schluß packt es dich auch. Du bist nicht stark genug.“
    Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen. Sie hatte recht. Ich wußte eigentlich gar nicht, was überhaupt vorging. Ich sah es genau, aber ich konnte es nicht verarbeiten.
    Die Liste war vollständig. Mortenson, die Powells und Leslie waren gestrichen. Miß Wallace, Harry Phillips, Bessie Phillips, die Stowes, Jim Stowe, Betty Glessor, Morgan Smith – das waren nur acht. Oh ja, Sammy und Pat kamen noch dazu.
    „Pat“, sagte ich, „habe ich es dir eigentlich schon erzählt? Du kommst mit zum Mars.“
    Sie war nicht überrascht, wie ich halb und halb erwartet hatte, und sie war bestimmt nicht erfreut. Sie war sehr ruhig und ernst.
    „Ist das dein Ernst?“ fragte sie.
    „Natürlich. Mit so was würde ich doch nicht scherzen. Ich kenne keinen Menschen in Simsville, der mehr Recht zum Leben hätte als du.“
    Ich hoffte, alle würden die Nachricht so ruhig aufnehmen wie Pat. Ich würde es nicht erfahren, denn außer Sammy und Pat sagte ich es keinem selbst.
    Die Geistlichen besuchten die einzelnen Leute und überbrachten ihnen die Nachricht. Niemand würde sie daran hindern, Besuche zu machen, und ich war nicht oft genug mit ihnen gesehen worden, als daß jemand in ihnen

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