TS 16: Einer von Dreihundert
Sammy“, sagte ich ruhig.
Er starrte mich an.
Ich sagte ihm Bescheid und zeigte ihm alle meine Berechnungen.
Für Sammy gab es jetzt keinen Zweifel mehr. „Die Schweine!“ sagte er mit blassem Gesicht. „Was nützt es, den Leuten eine Chance zu geben, die keine ist? Warum haben sie nicht nur so viele Schiffe gebaut, wie wirklich zum Mars gelangen und sicher landen können?“
Ich lächelte bitter. „Darüber wird man sich die nächsten tausend Jahre streiten“, sagte ich. „Mir persönlich ist die winzig kleine Chance lieber als gar keine. Aber es hat keinen Zweck, viel darüber zu reden, Sammy, es hilft nun mal nichts. Was können wir tun?“
„Ja, was können wir denn tun?“
„Theoretisch eine Menge“, sagte ich. „Die regulären Schiffe werden den Mars erreichen, und einige von den Rettungsschiffen auch. Manche werden mehr Glück haben als wir und manche weniger.
Es werden also eine Menge Schiffe auf dem Mars sein, wenn wir ankommen, die aufsteigen können, um Menschen aus Rettungsschiffen zu übernehmen, die nicht landen können, oder um Landehilfe zu leisten oder Kraftstoff abzugeben …“
Sammy sah bedeutend zuversichtlicher aus und wollte sprechen, aber ich fuhr fort:
„Oder wenn wir gar nichts machen und keinen Kraftstoff verbrauchen, gibt es drei Möglichkeiten. Entweder wir verfehlen den Mars und müssen unseren Kraftstoff benutzen, um den Kurs zu korrigieren. Oder wir kommen ohne unser Zutun in eine Kreisbahn hinein, oder, wenn wir sehen, daß wir auf dem Mars abstürzen werden, können wir den Kraftstoff bis zur letzten Minute aufheben und dann dazu benutzen, so glatt wie möglich zu landen.“
Sammy begann: „Aber das ist …“
„Immer noch nicht viel besser als eine Chance von eins zu tausend“, sagte ich unumwunden.
Er starrte mich ungläubig an.
„Tut mir leid, Sammy“, fuhr ich fort, „ich hätte das wohl für mich behalten sollen, aber ich bin nicht stark genug. Lassen Sie uns noch mal die Möglichkeiten durchgehen. Wie viele Schiffe werden auf dem Mars sein, gute Schiffe, die Hilfe leisten können? Vielleicht ein paar Dutzend. Und nicht allzu viel Treibstoff. Und wie viele Rettungsschiffe werden ankommen? Hunderttausende. Was können ein paar Dutzend für Hunderttausende tun?“
„Ich verstehe“, sagte Sammy bitter. „Sprechen Sie weiter.“
„Dann die Umlaufbahn um den Mars. Es erfordert nicht viel Antriebskraft, ein Schiff in eine Umlaufbahn um einen Planeten hineinzulenken. Ein geschickter, erfahrener Pilot kann es normalerweise mit ein paar Sekunden Brennzeit tun. Aber leider gibt es nur etwa vierzig solche Piloten, und ich gehöre nicht zu ihnen. Vergessen Sie nicht, daß ich Funkoffizier war. Ich kann es nicht, Sammy. Ich will es gern versuchen, aber ich habe nicht viel mehr Hoffnung auf Erfolg, als ein ungeübter Schütze, der auf fünfhundert Meter Entfernung einen Bullen mit einem Schuß treffen will.“
„Das sehe ich auch ein“, sagte Sammy, und aus seinem Unmut wurde ein brennender Zorn auf Menschen, die er nicht kannte.
„Daß wir mit dem Treibstoff, den wir haben, keine genügende Bremswirkung erzielen können, weiß jedes Kind. Wenn wir Erde und Mars mal ganz aus dem Spiel lassen, kann man sagen, daß wir ungefähr so stark verzögern müssen, wie wir beschleunigt haben, aber wir haben nur einen Bruchteil des Kraftstoffs, der dazu nötig wäre.“
„Was tun wir also?“ fragte Sammy düster.
„Wenn ich es nur wüßte! Jedenfalls haben wir wochenlang Zeit, um darüber nachzudenken. Vielleicht haben wir doch Glück. Aber …“
Sammy nickte. Seine Zuversichtlichkeit war nacheinander in heißen Zorn, tiefste Niedergeschlagenheit und dann fast in Verzweiflung umgeschlagen. „Aber was?“ fragte er.
„Wir können nur darauf hoffen, aber nicht damit rechnen.“ Ich grinste plötzlich. „Lassen Sie den Kopf nicht hängen, Sammy, noch sind wir nicht tot.“
Sammy sah auf. „Das macht mir keinen Kummer“, sagte er. „Den Gedanken ans Sterben kann ich so gut ertragen wie jeder andere auch. Ich denke an den homo sapiens. Zwei Milliarden lebende, atmende Menschen warten auf der Erde darauf, gebraten zu werden. Und Tausende, die glaubten, gerettet zu sein, wissen jetzt, daß man ihnen nur die Möglichkeit gegeben hat, auf andere Weise zu sterben. Tausende von Menschen in Rettungsschiffen, die jetzt wissen, daß sie niemals zum Mars gelangen werden, daß man sie verraten hat …“
„Niemand ist verraten worden, Sammy. Die Rettungsschiffe
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