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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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meine. Ich erklärte mich damit einverstanden, ohne sie zu fragen, ob sie dabei an Pat Darrell gedacht hatte oder nicht. Auf jeden Fall half Aileen uns so sehr, daß Leslie und ich gern etwas für sie tun wollten, und Aileens größter Wunsch war, ganz von Ritchie loszukommen.
    Ich fand, daß Aileen sich in dieser Angelegenheit ziemlich schwächlich verhielt. Ich war sicher, sie hätte nur energisch auftreten und Ritchie Bescheid sagen müssen. Aber sie glaubte nun einmal, sie sei in seiner Gewalt, und um sie eines Besseren zu belehren, mußte jemand anders die Initiative ergreifen.
    Ich setzte alles in Bewegung, um Aileen freizubekommen. Jedesmal hieß es: Sprechen Sie mit dem und dem, und ungefähr in jedem dritten Fall war Ritchie derjenige, mit dem ich sprechen sollte, selbst dann, wenn ich Aileens Namen gar nicht erwähnt hatte. Anscheinend hatte Ritchie es so eingerichtet, daß die meisten Versetzungen früher oder später durch seine Hände gingen.
    Ich begab mich also zu Ritchie. Obwohl er keine Frau hatte, bewohnte er eine der Wohnungen im obersten Geschoß, und zwar, im Gegensatz zu uns, alle drei Räume. Schon das zeigte seine Macht, Wohlhabenheit und Autorität. Er besaß sogar eine Treppe zum Dach hinauf und hatte es irgendwie fertiggebracht, einen Teil des Daches für seinen Privatgebrauch abzäunen zu lassen.
    Ich kam sofort zur Sache. „Warum lassen Sie Aileen nicht in Ruhe, Ritchie?“ fragte ich.
    „Sie ist meine Tochter, Bill“, sagte Ritchie liebenswürdig.
    „Sie will aber nicht Ihre Tochter sein.“
    „Sie kann nichts daran ändern. Es ist Schicksal.“
    „Was springt denn für Sie dabei heraus, wenn Sie sie festhalten?“
    Ritchie sprach in dem gleichen liebenswürdigen Ton: „Ich habe Ihnen schon vor langer Zeit gesagt, daß es nicht aufs Geld ankommt, sondern darauf, was man dafür kriegen kann.“
    Er lehnte sich behaglich zurück und sah mich an. „Wollen Sie etwas trinken?“ fragte er beiläufig.
    Ich sah ihn erstaunt an.
    Er nahm aus einer Wandnische eine Flasche und zwei Gläser, füllte eines davon und reichte es mir.
    Ich roch daran und nippte.
    Es war ein schlechter Schnaps, aber es war Alkohol.
    „Wie in aller Welt …“ begann ich.
    „Trinken Sie nur“, sagte Ritchie, „ich komme gleich darauf zu sprechen. Ich möchte Ihnen noch ein paar andere Sachen zeigen, Bill. Ich bin froh, daß Sie gekommen sind. Wahrscheinlich hätte ich Sie ohnehin bald eingeladen.“
    Er goß den Schnaps hinunter und füllte sein Glas aufs neue.
    „Ich will dasselbe, was eine Menge andere Leute auch wollen“, sagte er, „aber ich kann es kriegen, und die anderen können es nicht. Ich will tun können, was ich will, essen, was ich will, und trinken, was ich will.
    Ich will Dinge tun, nur um zu zeigen, daß ich sie tun kann. Das hier zum Beispiel.“ Er hob sein Glas. „Eigentlich mache ich mir gar nichts aus Alkohol. Aber es macht mir Spaß, daß ich der einzige lebende Mensch bin, der einen Schnaps trinken kann, wenn er will.“
    Er lächelte mich an.
    „Natürlich verkaufe ich ihn auch“, fügte er hinzu, „an einen sehr beschränkten Kundenkreis. Und es ist zwecklos, wenn Sie denken, Sie können etwas dagegen unternehmen, denn das können Sie nicht.“
    Er stellte die Flasche wieder weg.
    „Ich möchte wissen, warum ich Ihnen das alles erzähle“, fuhr er fort.
    „Ich glaube, ich weiß es“, sagte ich bitter.
    „Vielleicht wissen Sie es wirklich. Sie wollen mich bekämpfen, Bill. Ich rate Ihnen dringend davon ab. Ich drohe Ihnen sehr ungern mit dem Namen von Jean Martine, aber in manchen Dingen war er Ihnen sehr ähnlich.“
    Ritchie war immer freundlich, selbst wenn er mit Mord drohte.
    „Bald kommt meine Leibwache“, bemerkte er. „Da ist sie schon – Morgan!“
    Morgan Smith erschien in der Tür. Er hatte einen Revolver in der Hand, und es bereitete ihm Genuß, damit auf mich zu zielen.
    „Das ist ja Blödsinn“, fuhr ich ihn an. „Vielleicht können Sie sich Alkohol von irgendeinem eingeschüchterten Apotheker besorgen, vielleicht haben eine Menge Leute Schulden bei Ihnen, und Sie haben Einfluß auf die Wahlen, aber wenn Morgan mich erschießt, dann werden Sie beide aufgehängt. Es spricht zuviel gegen Sie, Ritchie!“
    Er nickte. „Das ist wahr. Wenn ich Sie wirklich töten wollte, müßte ich es anders anfangen. Aber es würde mir kaum mehr Schwierigkeiten bereiten, Bill. Das müssen Sie wissen. Morgan, schick mir Edith her.“
    Morgan verschwand.
    Ich stand auf.

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