TS 18: Der strahlende Phönix
streitet? Wenn ihr das noch nicht wißt, so werdet ihr es in Zukunft lernen. Erschöpfte Rekonditionierte! Was bedeuten sie schon?! Sie werden zur vorgeschriebenen Zeit – auf die Minute – starten, verstanden?“
Ich musterte ihn voll Verachtung von Kopf bis Fuß. „In Ordnung“, sagte ich. „Wir werden zur Zeit starten. Ich denke, wir werden alle noch etwas lernen müssen, da drüben auf der Insel.“
Ich ging wutentbrannt hinaus.
Als die letzte Ladung im Hubschrauber verstaut wurde, war es noch dunkel. Es mußte gegen drei Uhr morgens sein. Ich fand George, den ich die Arbeitergruppe hatte überwachen lassen, und sagte ihm, daß er die Rekonditionierten zu ihren Quartieren führen, ihnen zu essen geben und sie bis zum endgültigen Aufbruch ruhen lassen sollte. Er mußte jedoch dafür sorgen, daß sie pünktlich zum Start wieder anmarschierten. Fast alle Rekonditionierten waren erschöpft. Als ich meine Laterne hochhob, konnte ich ihre ruhigen, leeren Gesichter sehen, von Schweiß und Schmutz verschmiert. „Gut gemacht“ sagte ich. „In wenigen Stunden geht es los, und wir lassen alles hinter uns.“ Dann ging ich zurück zu meiner Hütte.
Dort brannte ein schönes Feuer, und Blackler saß im Zimmer und wartete auf mich. „Ich habe Ihr Gepäck geprüft“, sagte er, „aber es war nicht notwendig, denn Anna hat schon alles für Sie in Ordnung gebracht.“ Ich wärmte mich am Feuer.
Dann war es Zeit, zu gehen. Blackler begleitete mich.
Wir gingen einige Minuten in Schweigen. Als ich die Lichter an der Ladestation erblickte, sagte ich zu meinem Freund: „Nun ist es soweit. Blackler, tat der Staat klug daran, bis jetzt keinem zu erlauben, die Welt außerhalb unserer Grenzen zu sehen?“
„Vielleicht. Denken Sie daran, was sie aus Ihnen gemacht hat.“
„Ja. Bei dem Gedanken, zurück zur Insel zu kommen, wurde mein Herz weit. Man kann dort Dinge sehen, man kann denken – und warten. Wie wird es wohl den anderen von uns dort ergehen?“
„Nun“, sagte er, „ich beobachtete Sie oft, und ich wunderte mich. Aber vielleicht sind Sie ein Atavismus der alten Ära. Die anderen brauchen gar nicht so davon berührt zu werden wie Sie.“
„Selbst ein Atavismus! Das kann ich Ihnen sagen!“
Bis zu unserem Abflug fehlte noch eine halbe Stunde, und der Streifen am Horizont begann heller zu werden.
Ich konnte die großen Rotorenschaufeln der Hubschrauber im wachsenden Licht glitzern sehen.
„Ich will sie an Bord lassen“, sagte ich und ging hinüber zu den Rekonditionierten. George stand dort mit Bessy. Ich hatte nur noch zwei andere Moralbeamte ausgewählt, die mit uns kommen sollten. „Alles fertig?“ fragte ich.
George sah primitiver denn je zuvor aus. Er hatte eine wollene Kappe über seine Ohren gezogen und hätte dringend einer Rasur bedurft.
„Alles bereit“, antwortete George. „Ich habe sie abgefüttert und alle neu eingekleidet.“
„Nun denn. Nehmen Sie sie an Bord. Es ist bequemer für sie.“
Bessy kicherte. „Wir haben Jenny in Ihrem Hubschrauber untergebracht, Mr. Waterville.“
Ich sah Jenny in der vordersten Reihe stehen. Meine Jenny. Ich mußte mit ihr sprechen. Ich berührte ihr Gesicht. Es war kalt. „Wie fühlst du dich, Jenny?“ fragte ich.
„Danke, gut, Sir.“
„Kennst du mich?“ Ich wußte, daß diese Frage unsinnig war.
„Ja, Sie sind Mr. Waterville. Sie sind unser Führer. Ich muß tun, was Sie sagen. Ich muß für den Menschengeist arbeiten.“
Mein Herz krampfte sich zusammen. „Paß auf dich auf, Jenny.“
Bessy schob mich zur Seite. „Sie ist in Ordnung. Lassen Sie sie in Ruhe, Mr. Waterville. Wir behalten sie schon im Auge.“
„Nehmen Sie sie an Bord“, wiederholte ich. Meine Stimme klang wie eine stumpfe Säge. „Nehmen Sie sie an Bord, es ist kalt heute morgen.“
Ich ging zu Blackler zurück, der mit einer Gruppe von Leuten zusammenstand. Es waren Angehörige des Lagerstabes und einige Kolonisten. Schultz, Hero und Jacobson standen etwas abseits von ihnen. Hobson, der Doktor, unterhielt sich mit Blackler. Sein Gepäck stand neben ihm auf dem Boden. Er war blau vor Kälte. „Kommen Sie mit Ihrem Gepäck an Bord“, sagte ich. Er lächelte, schüttelte Blackler die Hand und gehorchte meinem Befehl.
„So, Blackler, wir sehen uns bald.“
Er lächelte. „Ich werde Sie vermissen.“
Ich ging zu Schultz. „Alles fertig“, berichtete ich.
Jacobson stand dort wie ein gerupfter Hahn. Er wandte sich an Schultz: „Dies ist ein großer
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