TS 20: Legion der Zeitlosen
von der Centaurus-Patrouille. Ich bin hier auf der Verfolgung eines Raumpiraten, aber ich muß rechtzeitig zum Abendessen zurückkehren.“
Chaan lächelte, als er vor seinem geistigen Auge wieder das alte Haus in Memfis sah, in dem Mutter und Vater zum Abendessen am Tisch saßen.
„Glauben Sie, daß ich noch Zeit genug habe, um mir die Stadt ansehen zu können?“ fragte der Junge. „Der Pirat könnte sich vielleicht dort versteckt halten.“
„Die Stadt ist ziemlich weit entfernt“, sagte Chaan ernst. „Ich glaube, es ist besser, wenn wir nur auf den Hügel dort drüben steigen und uns die Stadt von dort aus ansehen.“
Gemeinsam gingen sie den Hang hinauf bis zur Hügelspitze, von wo aus man Regn überblicken konnte. Während sie dahingingen, erklärte Chaan dem Jungen, daß er sich auf Volksweld, dem Planeten des Sternes Wolf 359, befand.
„Ich hoffe, daß ich eines Tages wieder hierherkommen kann“, sagte der Junge eifrig und sah auf Regn hinab. „Ich meine natürlich an Bord eines Raumschiffes und nicht durch die Bodenkammer. Wenn ich einmal erwachsen bin, möchte ich ein Raumfahrer werden. Ein Raumfahrer wie Sie.“
„Weshalb, Chaan?“ fragte Chaan.
„In der Schule lerne ich Geschichte“, antwortete der Junge. „In den Geschichtsbüchern bekämpfen sich die Menschen immer, weil die einen die Dinge so, andere sie jedoch wieder anders haben wollen. Das brauchen sie nicht mehr zu tun.“
„Und was hat das damit zu tun, daß du Raumfahrer werden willst?“
„Weshalb sollten sie denn noch kämpfen, da es doch im All genug Raum für alle gibt. Wenn es den Menschen auf einer Welt nicht gefällt, dann können sie ja zu einer anderen gehen. Es gibt viele Welten, und es wird keinerlei Ursache mehr für einen Krieg geben, wenn Menschen, die anderer Ansicht sind, sich ihre eigene Welt schaffen können.“
Eine andere Erinnerung kam Chaan: es war das Bild eines grauhaarigen Mannes mit traurigen Augen, in denen dennoch der Funke einer visionären Hoffnung gebrannt hatte. Es war einer von Chaans Lehrern an der Raumscoutschule auf Luna gewesen.
„Du hast recht“, sagte Chaan leise zu dem Jungen. „Es wird keinen Krieg geben. Jetzt aber gehen wir besser wieder zurück, wenn du noch rechtzeitig zum Abendessen wieder zu Hause sein willst.“
Die riesige Scheibe von Wolf hatte gerade den Zenith passiert, als Chaan den Jungen wieder zur Schlucht zurückbegleitete, vorbei an dem verbrannten Körper des Bethom und zu einem Baum, der in Chaan wieder Erinnerungen erweckte. Zwischen den Wurzeln war eine Höhlung, die gerade groß genug war, daß ein kleiner Junge sich hindurchzwängen konnte.
„Ich wünschte, ich könnte mit dir zurückgehen“, sagte Chaan.
„Auch ich möchte das gerne“, antwortete der Junge. „Ich bin sicher, daß sich meine Mutter und mein Vater über Ihren Besuch freuen würden.“
„Vielleicht“, erwiderte Chaan. „Aber vielleicht ginge das jetzt bei mir auch gar nicht.“
Der Junge begann, in das Loch hinabzuklettern, zögerte dann aber. Er steckte die Hand in die Tasche und zog einen kleinen Gegenstand heraus, der in den roten Strahlen von Wolf blitzte.
„Sie sollten etwas dafür haben, daß Sie mein Leben gerettet haben“, sagte er ernst zu Chaan.
Er legte den kleinen glänzenden Gegenstand in Chaans Hand und verschwand in dem Loch zwischen den Baumwurzeln.
Chaan stand eine ganze Weile da und starrte sehnsüchtig auf jene Tür zu einer Welt, die er einmal gekannt hatte. Er versuchte sich zu erinnern, wie Mutter und Vater sich verhalten hatten, als er ihnen sein Erlebnis erzählte.
Chaan sah auf den Gegenstand hinab, den der Junge in seine Hand gelegt hatte. Es war ein Dodekaeder.
Er war sehr klein, mit einem Durchmesser von etwa zwei Zoll, und er war durchsichtig. Als er hineinblickte, konnte er nicht nur die zwölf Flächen sehen, sondern offensichtlich weit mehr. Er hatte den Eindruck, als ob er noch unter einem andern als nur dem roten Licht von Wolf erstrahlte.
Benommen durch das Wunder der Erinnerungen ging Chaan langsam zu der Lichtung zurück, wo er seinen Hubschrauber zurückgelassen hatte. Unterwegs erkannte er überrascht, daß er zu einem Entschluß gekommen war – einem Entschluß, der gerade das Entgegengesetzte von dem war, den er an jenem Morgen gefaßt hatte.
Jetzt tauchten wieder die Erinnerungen an all seine Gedanken über Sternenflüge, an seine Gefühle über Güte und Gerechtigkeit auf, die er als Junge gehabt hatte. Jetzt wußte er auch
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