TS 21: Die Überlebenden
Fall würden wir Eva in der Gewalt des Unmenschen belassen. Noch in dieser Nacht sollte sie befreit werden.
22. Kapitel
Während ich der offizielle Anführer von Saxham war, und damit auch das Oberhaupt unserer kleinen Streitmacht, leitete Jake ganz inoffiziell den Angriff auf Greetham. Er allein kannte die verwundbaren Stellen der Messerwerfer und wußte, wo wir anzusetzen hatten. Wir fügten uns ohne Gegenrede seinen Anordnungen.
Natürlich überfielen wir Greetham nur, um Eva zu befreien. Der Gedanke, es zu tun, um die Bewohner auszurotten, hätte uns einiges moralische Unbehagen bereitet. Aber es war und blieb der Hauptgrund.
Dave und ich konzentrierten uns auf die Aufgabe, Eva zu befreien, so geschah es, daß wir von dem eigentlichen Kampf nicht viel zu sehen bekamen.
Kaum krachten die ersten Schüsse, als wir uns auch schon dem Haus näherten, das Jake uns beschrieben hatte. Grimblo stürzte uns entgegen und ich erschoß ihn auf der Stelle, ohne das geringste Bedauern zu empfinden.
Wir fanden Eva im zweiten Raum, den wir durchsuchten. Sie lag auf einer breiten Couch, vollkommen nackt. Nur um ihren Hals bemerkte ich einen kleinen, bunten Seidenschal. Der linke Arm hing kraftlos auf den Boden herab.
Voller Entsetzen zögerte ich. Waren wir bereits zu spät gekommen?
Dave lief an mir vorbei, damit mehr Geistesgegenwart zeigend. Er knotete den Schal auf und warf ihn beiseite. Sofort begann sich Evas Brust zu heben und zu senken – sie lebte also noch.
Wir begannen mit den Wiederbelebungsversuchen, aber bald wurde das Atmen wieder schwächer, und wenn wir eine Pause machten, hörte es ganz auf.
Ihre Haut war noch warm, und es schien unglaublich, daß sie doch sterben würde. Während ich in rhythmischen Bewegungen ihre Arme hob und senkte, dachte ich flüchtig an Gloria, Ginette und Eva. Ich liebte sie alle drei, das wußte ich nun. Ginette aber war wohl die einzige von ihnen, die in diese neue Welt paßte und in ihr überleben würde.
Lange noch, nachdem ich kein Lebenszeichen mehr bemerkte, setzte ich meine Wiederbelebungsversuche fort, aber dann formte sich in meinem Hirn langsam die Erkenntnis: Eva war tot.
Draußen ging der Kampf weiter, und die Einwohner von Greetham wurden restlos getötet. Vielleicht entkamen einige, ich wußte es nicht. Dave war gegangen, und ich saß allein neben Eva, den Tod von Gloria noch einmal erlebend.
Ein Mann, der in diesen Zeiten Mädchen wie Gloria und Eva liebte, mußte auf solche Ereignisse gefaßt sein, erkannte ich düster. Menschen wie Gloria oder Eva würde es bald nicht mehr geben, denn sie gingen alle unter in dem Strudel des grausamen Kampfes. Nur die Stärksten und die Klügsten würden überleben, die Schwachen und Unentschlossenen aber gingen den gleichen Weg, den Gloria und Eva gegangen waren.
Plötzlich bemerkte ich, daß ich nicht mehr allein im Zimmer war. Ginette stand neben der Tür. Unwillkürlich versuchte ich, meine Gefühle vor ihr zu verbergen. Aber sie sagte mit überraschend milder Stimme:
„Lassen Sie nur, Don. Jetzt weiß ich, daß Sie Gloria wirklich geliebt haben, denn Eva muß wie sie gewesen sein. Warum haben Sie es immer so krampfhaft vor mir geheim gehalten?“
Ich wehrte mich gegen Ginette, so gut ich konnte.
„Warum spielen Sie die Empfindsame, Ginette? In fünf Minuten sind Sie wieder voller Zynismus und kalter Grausamkeit.“
Und zum ersten Mal widersprach sie, ohne mich verletzen zu wollen.
„Ich glaube nicht, Don. Ich glaube es wirklich nicht.“
Und ich wußte, daß sie die Wahrheit sprach. Im Grunde ihres Herzens war auch sie eine Frau, die sich gegen jeden Angriffsversuch wehrte, die niemals kapitulieren würde, die sich nie ergeben würde. Aber sie wartete darauf, erobert zu werden.
„Ist der Kampf zu Ende?“ fragte ich.
„Ja, er ist gewonnen. Man will das Dorf anzünden, die Frage ist nur, ob es auch brennen wird.“
Wenn Graetham nicht mehr existierte, würde sich auch kaum hier wieder jemand ansiedeln. Auf der anderen Seite behagte mir der Gedanke, Wohnhäuser zu zerstören, ganz und gar nicht. Nach kurzer Überlegung meinte ich jedoch:
„Man soll Greetham verbrennen. Es wird die beste Lösung sein.“
Ich warf eine Decke über den nackten Körper von Eva. Dieses Haus sollte als erstes angezündet werden. So würden wenigstens die Ratten Eva nicht bekommen.
Ginette und ich gingen hinaus auf die Straße. Mil und die anderen kamen uns entgegen, darunter viele Fremde, die ich entweder nur kurz in
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