TS 29: Die Zeitbombe
seine Seele und seinen Geist sterben zu hören! Eine ganze Anzahl von Männern starben in dieser Nacht. Und ich kann lediglich sagen, es war furchtbar.
Ich hörte jeden von ihnen sterben, jeden Mann im ganzen Haus. Einige von ihnen waren mir nicht bekannt; ich kannte sie jedoch im Moment ihres Todes. Die Gedanken eines Zeitreisenden waren nicht darunter. Auch ein Bleipanzer hätte in diesen letzten Augenblicken keinen Schutz mehr gewährt.“
„Aber …“
„Ich sagte bereits, daß es schwierig zu beantworten wäre. Es ist schwierig, Begriffe in Worte zu fassen, welche nur vom inneren Ich eines Menschen erkannt werden können. Ich sagte, daß ich der Leute in der Stadt, ihrer Bewegungen und Anzahl gewahr sei. Ich habe sie nie persönlich getroffen, aber trotzdem nehme ich sie wahr. Und sollte ein Zeitreisender eintreffen, so würde ich die Zunahme bemerken und die außergewöhnliche Bewegung seines Kommens entdecken. Der Vorgang seiner Ankunft oder ,Durchfahrt’ selber würde meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.“
„Damit komme ich wieder zum Ausgangspunkt zurück“, sagte Danforth. „Jemand jagte ein Haus in die Luft und verschwand ohne jede sichtbare Spur.“
„Jawohl.“ Mr. Ramsey gab seine Antwort mit kühler und beherrschter Stimme.
*
Ex-Leutnant Danforth drehte den Schlüssel im Schloß seiner Wohnungstür und trat ein, ohne sich die Mühe zu machen, das Licht anzudrehen. Ganz gewohnheitsmäßig zog er seine graugrüne Uniform aus und hing sie sorgfältig in den Wandschrank neben seine drei Zivilanzüge. Er öffnete die Kleiderschublade und entnahm ihr saubere Unterwäsche. Dann suchte er ein großes, grüngestreiftes Badetuch hervor und ging ins Badezimmer, um sich zu duschen.
Der Regen hatte endlich ganz aufgehört, und der Nachthimmel klärte sich allmählich. Einige wenige Sterne waren sichtbar, und ein schwachleuchtender, blasser Mond vermittelte eine Andeutung von Licht.
Danforth kam von der Dusche zurück und legte sich auf sein Bett. Er lag da und starrte auf den Flecken Hummel, der durch das Fenster sichtbar wurde.
Eine bewegte Nacht!
An diesem einen Abend hatte er in vielen Beziehungen mehr gelernt als während der ganzen Jahre seiner Zugehörigkeit zu der Sicherheitspolizei. Und jede einzelne dieser Erfahrungen war eine Überraschung.
Mr. Ramsey war nicht vollkommen!
Heute nacht hatte ein Telepath seine Grenzen zu erkennen gegeben; er vermochte nur die Gedanken derjenigen Personen zu lesen, denen er persönlich begegnet war. Er war eine Art höherstehendes Lebewesen und bemerkte doch das Vorhandensein eines anderen Telepathen in seiner Nähe nicht, bis man ihm die Tatsache auf den Tisch legte. Er war unvollkommen.
Gilbert und Shirley Nash – eine weitere Überraschung!
Eine völlig neue Form der Telepathie. Eine Form von Telepathie, die auf körperlichen Kontakt mit der betreffenden Person angewiesen war. Heute nacht hatte Shirley Nash sein Handgelenk mit einem heftigen Griff umklammert und so seinem Gehirn alles über den Vorfall entnommen, was sie wissen wollte. Und dann hatte sie mit einer leichten Berührung ihrer Fingerspitzen die gestohlenen Auskünfte an ihren Gatten weitergegeben. Dieser hatte dann frei und offen über die Information geredet und schien sich nicht darum zu kümmern, daß Danforth ihren geheimen Gedankenaustausch bemerken könnte. Das konnte jedoch bewußte Irreführung sein; ein unschuldiges Gesicht und Benehmen, das dazu benutzt wurde, einen unschuldigen Charakter vorzutäuschen.
Gilbert Nash vier- oder fünftausend Jahre alt?
Ob der Wunsch dazu jetzt seinem Gehirn eingepflanzt worden war oder nicht, er würde zu jenem Haus am See zurückkehren und das nette Ehepaar besuchen. Vielleicht würde diesmal er ihnen Informationen entlocken. All dieses kluge Scheingeschwätz über Zeitmaschinen und Zeitreisen von gestern nach morgen und umgekehrt könnte ja schließlich auch irgendwohin führen …
Danforth setzte sich in seinem Bett auf.
Mr. Ramsey behauptete, daß keine Zeitreisenden heute nacht die Stadt betreten hätten. Und doch hatte er nichts von Gilbert und Shirley Nash gewußt. Beide hätten eine Zeitmaschine bedienen und dennoch der Wachsamkeit des Telepathen entgehen können.
Wenn nicht irgend jemand log.
Danforth fiel auf sein Lager zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er fragte sich, ob Mr. Ramsey jetzt gerade seine Gedanken beobachtete und schüttelte den Kopf, um von solch verwirrenden Gedanken freizukommen.
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