TS 29: Die Zeitbombe
sich um und blickte in die entgegengesetzte Richtung.
Flaches Land erstreckte sich in jener Richtung, zahllose Motels, ein Bahnhof, und die vierspurige Autobahn Nummer 66 nach Chicago. Außerdem ein halbes hundert Dörfer und Städte von verschiedener Größe der Autobahn entlang.
Der verspätete Gedanke von gestern nacht kehrte in seine Erinnerung zurück.
Eine seelenlose kleine Maschine, die die Nacht durchquerte. Ein Fernlenkgeschoß, das durch die Zeit fallend geradewegs auf Simon Oliver und die bei ihm versammelten Söhne Amerikas niederstürzte. Ein Geschoß ohne menschlichen Piloten, das aus diesem Grund keine Ausstrahlungen von sich gab, die seine Anwesenheit verraten hätten. Was halten Sie davon, Mr. Ramsey?
Danforth fuhr erneut herum und schaute zu den Trümmern und dem Versicherungsagenten hinüber. Es war eine Implosion gewesen.
Implosion – einwärts, nicht Ex – auswärts! Die seelenlose, kleine Maschine, die Zeitbombe im eigentlichsten Sinne des Wortes, war einwärts explodiert und hatte die Gewalt der Detonation mit sich gerissen. Einwärts; in die Vergangenheit. Dieser Gedanke entlockte ihm ein Stirnrunzeln. Eine rückläufige Explosion? Eine Explosion, die dem normalen Verlauf der Zeit, dem normalen Lebenslauf genau entgegengesetzt war? Leben strebte der Zukunft entgegen, der Mensch lebte von einem Augenblick zum nächstfolgenden, und seine Betrachtungsweise war notwendigerweise dieselbe. Wie würde einem Menschen eine Explosion erscheinen, deren Ablauf auf umgekehrte Weise erfolgte? Wenn sie jetzt, in diesem Augenblick, begann, sich danach jedoch rückwärts statt vorwärts weiterentwickelte? Würden die Chrono-Kameras einen Vorgang enthüllen, der einer Implosion gleichkam?
Er schüttelte den Kopf. Sollte sich Mr. Ramsey damit befassen! Sollten sich doch sämtliche Mr. Ramseys und Polizisten auch der folgenden Jahre mit – um einen neuen Ausdruck zu prägen – diesen Chrono-Verbrechen abgeben!
Er verließ das seilbegrenzte Gebiet und setzte seinen Spaziergang fort. Um sich selber zufriedenzustellen – obwohl er ihnen glaubte, daß sie die Wahrheit gesagt hatten – folgte er dem wahrscheinlichen Weg, den das Paar in der vergangenen Nacht im Regen eingeschlagen hatte. Doch Boggs und Barbara Brooks waren genau das, was sie angegeben hatten und hatten genau das getan, was sie gesagt hatten.
Er wartete auf den Bus und fuhr in die Stadt zurück. Außer einer Frau, die ein Bündel Wäsche trug, war er während des größten Teils der Strecke der einzige Fahrgast. Der Wagenführer war zu einem Gespräch aufgelegt und übernahm unverzüglich fünfundneunzig Prozent der Unterhaltung. Er redete über den Mord an dem Komiker, die Verhaftung des Ingenieurs von Bellingham, die kürzlicheSichtung von Fliegenden Untertassen, das Bombenattentat und über den Polizisten, der letzte Nacht seine Stelle verloren hatte. Alles in allem, faßte er seine Meinung zusammen, hatte sich in der vergangenen Nacht allerhand ereignet, oder?
Danforth stimmte zu.
Nun dann, was war das nächste? Was konnte möglicherweise als nächstes geschehen?
Danforth dachte an das Ende der Welt. Das wäre ganz gewiß einmal etwas Neuartiges.
*
Er stattete dem Spital einen kurzen Besuch ab, um mit dem jungen Paar zu reden und überbrachte das Angebot der Hilfsbereitschaft von Nash. Boggs wollte nichts davon wissen und sagte es auch.
„Ich will seine Almosen nicht!“ drückte er es aus.
„Machen Sie das mit ihm aus“, sagte Danforth. „Ich habe Ihnen lediglich die Nachricht überbracht.“
„Gut, gut. Er hat aber auch ein Gemüt! Sind Sie bereits bei Barbara gewesen? Sie wollen mich nicht zu ihr lassen.“
„Es geht ihr ausgezeichnet. Übrigens sind Sie beide von der Liste der Verdächtigen gestrichen, wenn ich richtig gelesen habe. Die Polizeiwache ist entfernt worden.“
„Wunderbar!“
„Oh, vielleicht läßt man Sie noch für eine Weile beschatten.“
„Wofür denn, zum Teufel?“
„Vielleicht hoffen sie, daß Sie sie an den Ort zurückführen, wo Sie das Dynamit verborgen haben.“
„Ach, die Dummköpfe.“ Er bat Danforth um eine Zigarette. „Ich hörte einige der Schwestern hier miteinander reden. Niemand scheint zu wissen, was los. ist.“
„Das stimmt. Niemand, bis zuoberst hinauf nicht.“
„Und ich behaupte immer noch, daß es ein Anarchist gewesen ist.“
„Vielleicht haben Sie recht.“
Dann schaute er bei dem Mädchen herein und fragte sie nochmals über das Geräusch, das sie
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