TS 31: Ringplanet im NGC 3031
drücken!“, trompetete er.
„Wenn sie eine haben!“ sagte Koenig trocken.
„Wie bitte?“
Dubray sah ihn fassungslos an.
„Wieso sollen …“
„Wissen Sie es so genau?“ unterbrach ihn Koenig.
„Nein, nein! Aber …“
Er schüttelte den Kopf und fing wieder an zu weinen. Koenig sah Bannister fragend an. Aber der schüttelte nur den Kopf. Was jetzt auf den Wagen saß, ging mit auf die Fahrt. Jetzt konnte keiner mehr aussteigen.
Die Einschiffung ging reibungslos vonstatten. Lange vor dem angesetzten Zeitpunkt hatte jeder seinen Platz eingenommen. Das Schlafmittel, das in den letzten ausgegebenen Flaschen enthalten war, begann zu wirken.
Die Steuerung der Conquest erfolgte während der ersten zehn Stunden automatisch. Keiner hatte wirklich etwas zu tun, und wer schlief, ersparte sich den Kummer des Abschieds.
„X minus hundert Minuten!“
Bannister und Koenig saßen in der Steuerzentrale. Über Bildschirme blickten sie in die aufziehende Nacht. Bannister hatte Birte Danielsson gebeten, ihm Gesellschaft zu leisten. Seit ihrer Ankunft in Tombstone vor zwei Jahren hatte er sich immer wieder gerne mit ihr unterhalten und gehofft, sie werde zu denen gehören, die bis zum Schluß durchhielten. Birte war ungewöhnlich intelligent und besaß trotz ihrer sechsundzwanzig Jahre den Dr. phil, der Universität Kopenhagen. Normalerweise war sie freundlich, lustig und immer zu Spaßen aufgelegt; sie wurde leicht unverschämt, wenn sie getrunken hatte. Und das hatte sie im Augenblick in nicht unerheblichem Maße.
Koenig hatte unter dem Vorwand, ihr den Start zeigen zu wollen, Miß Sue McConnor in die Zentrale gebeten. Koenig wußte genau, daß in den ersten Stunden außer dunkler Nacht nichts zu sehen sein würde. Aber Sue war trotz ihres Amtes als Chef der weiblichen Kriminalpolizei an Bord so attraktiv, daß Koenig den kleinen Schwindel für entschuldbar gehalten hatte.
Außer diesen beiden Paaren befand sich in der Zentrale nach Lloyd Sullivan, Chef des Funkwesens, mit einer jungen Dame, die sich Henriette Evans nannte und die Sullivan als seine erste Assistentin bezeichnete.
Diese sechs Personen hielten sich in der Zentrale auf, saßen still in ihren Sesseln und betrachteten die immer dunkler werdenden Bildschirme. Wären Birtes penetrant frechen Bemerkungen nicht gewesen, hätte man das Ganze für eine Trauerversammlung halten können.
„X minus achtzig Minuten! Vorwärmung läuft!“
Ob der Mann, der diese Schallplatte besprochen hatte, wohl darüber informiert gewesen war, was man unter Vorwärmung verstand? Außen, an der Peripherie der Conquest, dicht hinter dem Äquatorwulst, begann jetzt, in Sinterkesseln reines Wolfram zu kochen. Temperaturen von nahezu 5000 Grad waren dazu notwendig.
Vorwärmung!
Die Conquest bestand aus zwei konzentrischen Kugeln. An der Innenwand der äußeren Kugel und in dem Wulst waren Antriebsaggregate, Reaktoren, kleine Kraftwerke und ähnliche Dinge untergebracht, mit denen der normale Mensch während seines Tagesablaufes auch in der Welt draußen kaum in Berührung kam. Die innere Kugel, im Durchmesser nur hundert Meter kleiner als die äußere, enthielt Wohnräume, Kinos, Theater, Säle, Befehlsstellen und all das, was zum täglichen Leben gehörte. Die Verbindung zwischen beiden Kugeln wurde durch eine Achse hergestellt, die einen überdimensionalen Aufzug für Lastenbeförderung und mehrere normal geratene für Personenbeförderung einschloß. Die Achsabschlüsse enthielten die beiden großen Luftschleusen, durch deren eine die Einschiffung vorhin vor sich gegangen war. Zur Erzeugung eines künstlichen Gravitationsfeldes während des schwerelosen Fluges konnte die innere Kugel zur Rotation gebracht werden. Die Schwereverhältnisse entsprachen dann zwar nur in einigen bevorzugten Stellen genau den irdischen, aber an den anderen Punkten war der Unterschied zwischen oben und unten deutlich zu erkennen.
„X minus sechzig Minuten!“
Birte seufzte tief.
„Hoffentlich sind die Männer im NGC 3031 ein bißchen freundlicher als ihr“, maulte sie. „Das ist ja die reinste Beerdigung.“
Bannister dachte daran, in welch kurzer Zeit das Projekt „Conquest“ geplant und verwirklicht worden war. Noch vor zwanzig Jahren war man damit zufrieden gewesen, Mars und Venus erreicht zu haben. Dann wurde das erste Super-Zyklotron konstruiert mit einem milliardenfach größeren Ausstoß von Teilchen als bei den konventionellen Beschleunigern. Von dem Augenblick, als man die
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