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TS 34: Sie starben auf Ragnarok

TS 34: Sie starben auf Ragnarok

Titel: TS 34: Sie starben auf Ragnarok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Godwin
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Untauglichen nur noch 250. Achtzehn Kinder waren in der Zeit geboren worden. Sechzehn Totgeborene – acht davon durch die Wirkung der Schwerkraft deformiert – aber zwei waren völlig normal, wie Babys auf der Erde, und es hatte den Anschein, daß die Schwerkraft von 1,5 den kleinen Neugeborenen nicht soviel zu schaffen machte wie den auf der Erde geborenen und nach Ragnarok verschlagenen Kindern.
    Lake heiratete in jenem Frühjahr – ein großes, grauäugiges, tapferes Mädchen. Und Schroeder heiratete ebenfalls.
    Nach der Schneeschmelze schickte Lake zweierlei Arten von Bogenschützen auf die Jagd: jene, die mit dem gewöhnlichen kurzen Bogen umzugehen verstanden und jene, die die langen Bogen, die im letzten Winter angefertigt worden waren, benutzten.
    Die langen Bogen bewährten sich so gut, daß Lake in der Mitte des Frühlings Craig und noch drei andere Jäger von den Jagdtrupps abziehen und sie auf eine Suchexpedition nach Erzen schicken konnte. Prentiss hatte zwar gesagt, daß es auf Ragnarok keine Bodenschätze gäbe, jedoch bestand die Hoffnung, kleine Erzadern zu finden, die die Dunbar-Expedition seinerzeit mit ihren Instrumenten nicht entdeckt hatte. Sie mußten Metall finden, denn sonst würden sie in den Zustand einer Steinzeitkultur zurückfallen.
    Craig und seine Männer kehrten zurück, als der blaue Stern wieder zu einer Sonne geworden war und die Hitze so unerträglich wurde, daß unter diesen Umständen kein Mensch mehr draußen arbeiten konnte. Sie waren Hunderte von Meilen in ihrem Umkreis gewandert, ohne eine Spur von Erz zu entdecken.
    „Wenn der Herbst kommt, möchte ich nach Süden gehen“, sagte Craig. „Vielleicht finden wir dort etwas.“
    Der Hochsommer kam, und wieder verdorrte das Land und verlor alles Leben. Die Untauglichen aber brauchten in diesem Sommer nicht zu hungern.
    Durch Zufall entdeckte Lake, daß mit der Südwärtsbewegung der Sonnen etwas nicht stimmte.
    Er kehrte an jenem Tag vom Aussichtsstand zurück und stellte fest, daß genau ein Jahr verstrichen war, seit Bemmon gehängt wurde und er, Lake, zusammen mit den anderen Männern nach Vollstreckung des Urteils den gleichen Weg zu den Höhlen geschritten war.
    Es war sogar die gleiche Tageszeit; die blaue Sonne stieg hinter ihm im Osten auf, und die gelbe Sonne stand am westlichen Horizont vor ihm. Er erinnerte sich daran, daß die gelbe Sonne damals genau zwischen zwei Hügeln gestanden hatte –
    Aber jetzt, genau ein Jahr später, stand sie nicht mehr dort. Sie befand sich ein bemerkenswertes Stück weiter nördlich.
    Er blickte nach Osten zur blauen Sonne. Es schien ihm so, daß auch sie weiter nördlich stand als im vergangenen Jahr.
    Die einzige Erklärung, die Lake dafür fand, war, daß diese Tatsache noch eine weitere Bedrohung für die Untauglichen bedeutete, vielleicht sogar eine noch größere als all die anderen zusammen.
    Lake schritt zu den Höhlen und suchte Craig und Anders auf, um ihnen seine Entdeckung mitzuteilen. Diese beiden Männer waren die einzigen, die etwas über Ragnaroks axiale Neigung wissen konnten.
    „Ich stellte den Kalender aus den Daten zusammen, die John Prentiss mir gegeben hat“, sagte Anders. „Die Männer der Dunbarschen Expedition stellten Beobachtungen an und berechneten danach die Länge des Ragnarokschen Jahres – ich glaube nicht, daß sie irgendwelche Fehler gemacht haben.“
    „Wenn sie keine gemacht haben“, sagte Lake, „dann können wir uns auf etwas gefaßt machen!“
    Craig beobachtete Lake nachdenklich. „So etwas wie die Eiszeiten auf der Erde, nicht wahr?“ fragte er.
    Lake nickte, und Anders bemerkte: „Das verstehe ich nicht ganz.“
    „Jedes Jahr bringen uns die Polneigungen je nach Lage zur Sonne den Sommer und den Winter“, erklärte Lake. „Diese jeweiligen Stellungen sind Ihnen selbstverständlich bekannt. Aber es kann noch eine andere Art von axialer Neigung geben. Auf der Erde tritt diese in Intervallen von Jahrtausenden ein. Die Neigung, die Sommer und Winter erzeugt, wiederholt sich regelmäßig, aber im Laufe der Jahrhunderte wird die Sommerneigung zur Sonne hin geringer, während die Winterneigung von der Sonne weg größer wird. Der Nordpol neigt sich weiter und weiter von der Sonne weg, und die Eisdecke breitet sich von Norden her aus, es kommt ein Eiszeitalter herauf. Dann tritt nach unseren bisherigen Erfahrungen wieder eine rückläufige Bewegung ein, und die Eisdecke geht wieder zurück.“
    „Ich verstehe“, sagte Anders.

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