TS 34: Sie starben auf Ragnarok
erzählte West von seinen Gedanken. „Wir müssen eine Schule einrichten“, sagte er. „Gleich morgen.“
West nickte zustimmend. „Und mit dem Schreiben der Bücher muß so schnell wie möglich begonnen werden. Einige davon werden mehr Zeit in Anspruch nehmen, als Ragnarok den Autoren Zeit zubilligen wird.“
Schon am nächsten Tag wurde für die Kinder eine Schule eingerichtet und mit dem Schreiben der Bücher begonnen. Die Bücher sollten für die weiteren Generationen technische und zivilisatorische Wegweiser sein, sollten sie vor der Gefahr einer Rückkehr der Gerns warnen und ihnen all das, was über die Gerns und ihre Waffen bekannt war, übermitteln.
Die angefertigten Texte wurden einem jungen Mädchen übergeben, das weitere Abschriften davon machte.
Der Schulunterricht und das Bücherschreiben wurden durch die Frühjahrsjagd unterbrochen, Craig unternahm seinen geplanten Marsch nach Norden, doch konnte er sein Versprechen, im dortigen Gebirge auf Erzsuche zu gehen, nicht einhalten. Kein Mensch konnte solche steilen Berge bei einer Gravitation von 1,5 erklimmen.
Craig brachte bei seiner Rückkehr mehrere Scheiben von einem ungewöhnlich transparenten Glimmer mit – jede Scheibe hatte einen Durchmesser von einem Fuß, außerdem hatte er ein Dutzend große, wasserklare Quarzkristalle gefunden.
Lake prüfte den Glimmer und meinte: „Wir könnten daraus Fenster für die äußeren Höhlen anfertigen. Und was die Quarzkristalle anbetrifft …“
„Optische Instrumente!“ rief Craig. „Ferngläser, Mikroskope – aber wir haben keine Möglichkeit, sie zu schneiden und zu schleifen.“
Craig machte sich in jenem Herbst nach Osten auf und im darauffolgenden Frühjahr nach Westen. Von diesem Marsch kehrte er mit einer schweren Knieverletzung zurück, die ihm jede weitere Expedition unmöglich machte.
„Es wird Jahre in Anspruch nehmen, bis wir die Erze finden, die wir brauchen“, sagte er. „Immer wieder müssen wir es versuchen. Wir dürfen nicht aufgeben.“
Craig ergab sich in sein Schicksal, von jetzt ab an die Höhlen gefesselt zu sein. Er machte sich dort, so gut wie es ging, nützlich. Er schrieb sein Wissen nieder und gab während des Winters Unterricht in Geologie.
Es war der vierte Winter auf Ragnarok, als ein neunjähriger Junge, der Narben im Gesicht trug, in Craigs Klasse kam: der ruhige Billy Humbolt.
Er war der Jüngste in der Klasse, aber er war der aufmerksamste Schüler. Eines Tages war Lake gerade zugegen, als Craig seinen Schüler neugierig fragte: „Es gibt selten einen Jungen deines Alters, der an Mineralogie und Geologie so interessiert ist wie du, Billy. Ist es bei dir noch etwas mehr als nur reines Interesse?“
„Ich muß alles über Mineralien lernen“, antwortete Billy mit größtem Ernst, „damit ich, wenn ich erwachsen bin, die Erze finden kann, die für den Bau eines Schiffes notwendig sind.“
„Und dann?“ forschte Craig.
„Und dann werden wir nach Athena gehen, um die Gerns zu überwinden, die meine Mutter, meinen Großvater, Julia und all die anderen umgebracht haben. Und um meinen Vater und die anderen Sklaven zu befreien, wenn sie noch leben.“
„Ich verstehe“, sagte Craig. „Ich hoffe, es wird dir gelingen.“
Die Jahre vergingen, die Untauglichen alterten schnell. Gegenüber der jungen Generation stellte Laks einen offensichtlichen Unterschied fest. Die auf Ragnarok Geborenen und die, die damals noch sehr klein gewesen waren, als die Gerns sie auf dem Höllenplaneten ausgesetzt hatten, hatten sich besser angepaßt, als die um einige Jahre älterem Menschen.
Die Arbeit der Alten war fast getan, und die Zukunft würde bald in den Händen der Jungen liegen. Neunzig Unbesiegbare waren von ehemals viertausend Untauglichen übriggeblieben! Die erste Generation derer, die eine neue Rasse bilden würden.
Es schien Lake, als kämen und gingen die Jahre schneller denn je, da die Alten zu einer immer kleiner werdenden Gruppe zusammenschmolzen. Im sechsten Jahr auf Ragnarok war Anders gestorben. Barber war von einem Einhorn getötet worden, Craig hatte das Höllenfieber dahingerafft, und noch im gleichen Jahr wurde Schroeder von Tigerwölfen getötet.
Jedes Jahr kam der Frühling ein wenig früher und der Herbst ein wenig später, und die Beobachtungen zeigten, daß die Sonnen ständig nordwärts rückten. Aber die Winter, obwohl jetzt kürzer, schienen so kalt wie eh und je. Die langen Sommer brachten im neunten Jahr eine derartige Hitze, daß
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