TS 35: Die Waffenhändler von Isher
einen Angriff vor, General. Sagen wir, in drei Tagen? In einer Woche?“ Sie blickte den General stirnrunzelnd an. „Wie lange muß ich noch warten?“
„Geben Sie mir Zeit bis zum neuen Jahr, Madame“, erwiderte Doocar. „Die Verwirrung, in die uns die große Zahl der Desertionen gestürzt hat, läßt einen Angriff im Moment aussichtslos erscheinen.“
Sie hatte die Deserteure ganz vergessen. „Sie haben doch einige dieser Offiziere verhaften können, nicht wahr?“
Er zögerte. „Einige, ja.“
„Lassen Sie einen davon noch heute vorführen, ich möchte ihm einige Fragen stellen.“
General Doocar verbeugte sich erneut.
„Was die übrigen betrifft“, fuhr Innelda fort, „so setzen Sie ihnen die Militärpolizei auf die Fersen. Wenn wir wieder einige Ordnung haben, werde ich Kriegsgerichte einsetzen und diesen Verrätern zeigen, was es heißt, den Treueid zu brechen.“
„Und angenommen“, wandte Doocar ein, „sie haben sich eine dieser bewußten Waffen besorgt?“
Ihre Reaktion auf seine Worte war anders, als er erwartet hatte. Sie wurde völlig ruhig. „Mein Freund“, sagte sie, „wenn eine gewisse Untergrundbewegung die Disziplin der Armee illusorisch zu machen versteht, ist es höchste Zeit, diese Organisation mit Stumpf und Stiel auszurotten.“ Sie machte eine verabschiedende Handbewegung. „Diesen Nachmittag werde ich den Laboratorien auf dem Olympischen Feld einen Besuch abstatten. Ich möchte wissen, welche Fortschritte meine Wissenschaftler gemacht haben und ob sie schon herausgefunden haben, auf welche Weise es den Waffenhändlern gelungen ist, das Gebäude zum Verschwinden zu bringen. Morgen früh spätestens hat Oberst Medlon mit diesem jungen Mann zu erscheinen, der sich um ein Patent beworben hat. Kann er das nicht, rollt wenigstens ein korruptes Haupt. Sie mögen mich für kindisch halten, daß ich mich selbst um diese Dinge kümmere. Aber dieser junge Mann ist mir bekannt. Diesen einen Fall kann ich persönlich nachprüfen. Und jetzt, Sie Bewunderer der Waffenhändler, lassen Sie mich allein und vergessen Sie nicht, mir einen dieser Deserteure vorbeizuschicken.“
*
„Wir heirateten“ – so schrieb Lucy Rall in ihrem Bericht an Koordinator Hedrock – „am Freitag, dem 4. Oktober, den Tag seiner Ankunft vom Mars. Das war am späten Vormittag. Ich kann mir deshalb nicht erklären, wieso spätere Recherchen ergeben konnten, daß das Schiff erst am Nachmittag gelandet ist. Ich habe jedoch keinerlei Zweifel, daß der Mann, den ich geheiratet habe, wirklich der Cayle Clark ist, den ich schon von früher her gekannt habe.
Er rief mich an diesem bewußten Vormittag an und fragte mich, ob ich seine Frau werden wolle, und ich willigte ein aus Gründen, die Ihnen, Mr. Hedrock, bekannt sein dürften. Wir ließen unseren Ehevertrag registrieren und verbrachten dann den Rest des Tages – bis auf eine einzige Unterbrechung – zusammen in meiner Wohnung. Gegen zwei Uhr nachmittags bat mich mein Mann, für ihn eine Besorgung zu machen. Als ich zurückkam, sah ich am Zähler des Videophons, daß er inzwischen einen Anruf entgegengenommen haben mußte. Da er jedoch nichts darüber erwähnte, fragte ich nicht weiter danach.
Am Morgen nach unserer Hochzeit verließ er die Wohnung, da er, wie er mir sagte, verschiedene wichtige Dinge zu erledigen hätte. Seit diesem Zeitpunkt hat er meine Wohnung nicht mehr betreten, mich aber täglich angerufen, wobei er mir wiederholt versicherte, daß er mir zwar nicht sagen kann, was ihn von mir fernhält, doch daß er mich liebt und bald zurückkehren wird. Die Behauptung, daß er inzwischen als Hauptmann in der kaiserlichen Armee Dienst tun soll, ist mir unverständlich, noch weiß ich mir zu erklären, auf welche Weise er das Patent erlangt haben könnte. Wenn es den Tatsachen entspricht, daß er bereits dem persönlichen Stab der Kaiserin angehört, so kann ich darüber nur mein Erstaunen ausdrücken.
(gezeichnet) Lucy Rall Clark, 14. November 4784 Isher“
Das war es, worauf er gewartet hatte. Einen Monat lang hatte Hedrock jegliches Handeln hinausgezögert, immer in der Hoffnung, daß die Dinge sich günstig entwickeln würden. Jetzt, beim Lesen von Lucys Bericht, hatte er das bestimmte Gefühl, daß damit der langerwartete Umschwung im Gang der Ereignisse eingetreten war. Ob es eine Wendung zum Guten oder Bösen war, konnte er so von seinem Schreibtisch aus nicht sagen, doch er zweifelte keinen Augenblick, daß Cayle Clark der
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