TS 38: Planet der Amazonen
mich den Rest des Weges begleiten.“
Ein heftiger Streit setzte ein. Schließlich mußte Davis schreien. Von größeren Lungen niedergeschrien zu werden, war eine neue Erfahrung für die Whitleys, und sie stimmten zu.
„Aber wir können nicht durch das Tal gehen“, sagte Barbara. „Der Weg am Heiligen Fluß entlang wird bewacht sein. Du bist dir doch darüber im klaren, Davis, daß im ganzen Gebiet der Kuppe bereits nach dir gesucht wird.“
Davis schluckte.
„Wir schwenken nach Norden ab“, entschied Valeria. „Über den Rauchenden Berg und durch die Täler auf der anderen Seite zur Küste hinunter. Dann bekommen wir vielleicht Plätze auf einem Schiff der Seebewohner.“ Ihre Augen strahlten. „Höchstwahrscheinlich werden die Ärzte befehlen, daß man dir dein Schiff zurückgibt. Aber, was Freetoon anlangt, so mischen sie sich nie in Kriege oder Politik ein. Daher, wenn wir unterwegs mit irgend jemandem eine Abmachung treffen könnten …“
„Gibt es Leute jenseits der Berge?“ fragte Elinor schüchtern.
Davis nickte. „Ich konnte vom Raum aus durch die Teleskope feststellen, daß es überall Ansiedlungen auf diesem Teil des Kontinents gibt.“ Wie viele Amazonenstädte es waren, konnte er nur erraten. Ungefähr fünfhundert weibliche Grundtypen und dreihundert Jahre, in denen ihre Zahl gewachsen war – eine Viertelmillion im ganzen war eine ungefähr passende Schätzung. Und sie konnten unmöglich alle Gesellschaften nach dem Muster dieser Region gebildet haben.
Das war erfreulich. Er konnte sich kaum eine weniger angenehme Zivilisation als diejenige von Freetoon und Greendale vorstellen.
„Wie lange werden wir brauchen?“ erkundigte er sich.
Valeria zuckte die Achseln. „Einige Wochen, wenn wir keinen Feinden begegnen oder in einen verspäteten Schneesturm geraten.“
Es war jetzt Frühsommer, der Planet näherte sich immer noch der Sonne Bee auf seiner Bahn, aber bis in sechs Monaten würde sich die Sonne wieder langsam entfernen, und auf den Hochländern würde Schnee fallen. In diesen Breiten, ungefähr zwanzig Grad Nord, und auf dieser Höhe entsprach das Klima etwa demjenigen der Schweiz.
Der Hauptkontinent war ein einziges Labyrinth von Gebirgszügen. Es würde eine anstrengende Reise werden.
Davis blickte zu den angebundenen Orspern, die mit ihren krummen Schnäbeln ihr Futter zerrissen. „Habt ihr Nähzeug dabei?“
„Natürlich“, sagte Barbara. „Sehr richtig, Davis, du brauchst wärmere Kleider, um die Berge zu überqueren.“
„Ich auch“, piepste Elinor. Die Whitleys schenkten ihr keine Beachtung.
„Oh, ich … äh, brauche eine besondere Art Kleidung“, sagte Davis.
„Ich wende sie dir anfertigen“, sagte Barbara eifrig. „Laß mich nur rasch dein Maß nehmen.“
Die Ohren von Davis leuchteten rot. „Nein, danke! Du verstehst das nicht.“
Er blickte hinauf zu Minos. Der mächtige Planet war bereits fast halbvoll. Bei Tag war er nicht so hell, aber man konnte dennoch die düstere Oberfläche erkennen, die bedeckt war von einer dichten Atmosphäre, Wasserstoff mit Wasser-, Methan- und Ammoniakdämpfen, Wolkenbändern über der Oberfläche, dunklen Flecken, welche Stürme darstellten, die groß genug waren, um die ganze Erde zu verschlucken, und dem Schatten eines der äußeren Monde. Er erschauerte. Es war ein weiter Weg nach Hause. Das Licht würde zwei Jahrhunderte brauchen, um die nächste bewohnte Welt zu erreichen; und das Amt hatte nicht die Absicht, das System Delta im Laufe der nächsten Generation zu besuchen.
Davis hatte nicht den Eindruck, lange überleben zu können. Er mußte sein Raumschiff zurückbekommen, mit Hilfe der Ärzte oder mit Hilfe des Plans der Whitleys, Verbündete aufzutreiben. Er wußte, daß Bass Udall – oder ihr Gegenstück in den ihr verbündeten Städten – ihm keine Gelegenheit zur Flucht geben würde.
Er schaute zu den Kusinen hinüber, dann zu Elinor. Diese lächelte zu ihm zurück. Es konnte noch viel schlimmer sein, dachte er befriedigt.
9. Kapitel
Während der ersten beiden Wochen – einer Woche Erdzeit – kamen sie schnell vorwärts. Einmal vernahmen sie Hornstöße und verbargen sich für einen Tag in einer Höhle. Elinor wimmerte erschreckt in Davis’ Armen, aber er war zu besorgt, um sich darüber zu freuen. Sonst aber verlief der Ritt ohne Zwischenfälle. Davis war in recht guter Verfassung, aber sich in einem Sattel auf einem Orsper zu halten, erforderte Muskeln, von denen er noch nie gehört
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