TS 49: Der Weltraumarzt
abgekehrten Seite der Gebäude einen schwachen Widerschein von Licht erkennen konnte. Dort mußte es erleuchtete Fenster geben, was wiederum auf die Anwesenheit von Menschen schließen ließ. Das gigantische, kugelförmige Schiff lag keine hundert Meter von ihm entfernt.
Alles war still. Zu hören war nur der Chor der Stimmen von Myriaden kleiner Lebewesen, die zu den Sternen jubilierten. Ihr Zusammenklang erzeugte eine Harmonie von geradezu einzigartiger Schönheit.
Das Warten machte Calhoun nichts aus. Er sah jetzt in dieser ganzen Angelegenheit ziemlich klar. Was sich auf diesem Planeten abgespielt hatte, glaubte er zu wissen. Was geschehen mochte, wenn der Erprobungsversuch dieser Art von biologischer Kriegführung erfolgreich abgeschlossen werden konnte, war leicht abzusehen.
Maris III sollte ein Tochterplanet der alten, schon seit langer Zeit besiedelten Welt Dettra II werden. Die Bewohner beider Himmelskörper wären nicht nur durch blutsmäßige Verwandtschaft und gleiche kulturelle Wurzeln, sondern auch durch enge persönliche Beziehungen miteinander verbunden gewesen. Diese starken Bande, die beide Zivilisationen verknüpft hätten, wären die Garantie einer blühenden und fruchtbaren Entwicklung der beiden stammesverwandten Planetennationen geworden. Deshalb schuf die ältere Kultur die Stadt, die Farmen und all die anderen unerläßlichen Startmöglichkeiten für eine halbe Million ihrer besonders wagemutigen Kinder. Diese wären hierhergekommen, um den Planeten in Besitz zu nehmen und ihn mit Ehrgeiz und Umsicht nach dem Bilde der alten Welt zu formen und zu entwickeln. Dann wäre ein Tag gekommen, wo sie mit der Bezahlung ihrer Dankesschuld hätten beginnen können. Mehr und immer mehr Menschen aus der inzwischen drangvoll eng gewordenen alten Heimat wären mit offenen Armen und freudiger Genugtuung in ihren neu geschaffenen Heimstätten aufgenommen worden.
Dies alles stand im Einklang mit jenen Naturgesetzen, die nicht nur die Bahnen der Welten um ihre Zentralgestirne bestimmen, sondern auch festlegen, was gut und recht ist und dem Menschen ziemt. Aber der Mensch ist frei in seiner Entscheidung, ob er die Naturgesetze beachten will oder nicht. Er kann sie zwar nicht ändern, aber kann sie brechen. Irgendwo gab es nun eine Welt, oder zumindest die Führung einer Welt, die es unternahm, jene unumstößlichen Ordnungen in unerhörter Weise zu verletzen.
Aber in einem höheren Sinne hat auch das Verbrechen seinen Platz in der gewaltigen Großartigkeit der Schöpfung. Es ist sogar möglich, zu seiner Ausführung Naturgesetze zu mißbrauchen. Man konnte beispielsweise ein Raumschiff mit Flügeln bauen, obwohl im freien Raum Tragflächen nutzlos und deshalb auch sinnlos waren. Wenn aber jemand die Absicht hatte, ein in seiner Ungeheuerlichkeit einzigartiges Verbrechen zu begehen, dann konnte er sich ein Schiff mit Schwingen schaffen, das in der Lage war, in das Luftmeer eines ahnungslosen Planeten einzutauchen und sich dort mit Hilfe jener Flügel zu bewegen, die es durch die lichtjahrweite, leere Unendlichkeit des Alls mitgebracht hatte. Es würde nach Art eines Flugzeuges seine Raketen zum Antrieb benutzen, statt sie wie jedes andere Schiff nur für den Notfall einer mit anderen Mitteln nicht zu bewerkstelligenden gesteuerten Landung aus der Atmosphäre einzusetzen.
So würde dieses Schiff also mit Raketenkraft auf seinen Tragflächen durch die Lufthülle gleiten und von einer bestimmten Stelle an Flocken von gefrorenen Krankheitserregern abregnen, die der Wind dann über die Stadt trüge. Es würde in großer Höhe kreuzen, damit ein Gebiet von vielen Quadratmeilen sich mit unsichtbaren, tödlichen Keimen sättige. Im Abflug könnte es dann immer höher und höher steigen, bis es schließlich im luftleeren Raum seine Flügel nicht mehr gebrauchen könnte und einzig mit Raketenkraft jenen Punkt erreichen müßte, wo kein Gravitationsfeld mehr den Raum krümmte. Dann könnte es den Hyperantrieb einschalten und nach Hause zurückkehren. Die einzige Spur seiner Anwesenheit wäre dann die Erinnerung an grollende Donnerschläge, die in einer sternklaren Nacht über den Himmel hallten. Und eines Tages würde plötzlich eine unerklärliche Seuche ausbrechen.
Genauso hatten sich die Dinge in Wirklichkeit abgespielt. Die leere Stadt war mit Viruspartikeln getränkt worden, die so winzig waren, daß man nur mit Elektronenmikroskopen ihre Existenz überhaupt nachweisen konnte, ohne daß selbst bei stärksten
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