TS 59: Das Raumschiff der Verdammten, Teil 2
und in diesen Raum sind sie noch nie hineingekommen.“
Der Raum war mächtig – viereckig und nach Vals vorsichtiger Schätzung vierzig auf sechzig Schritte groß. Die Wände bedeckten hohe Gestelle, die bis zur Decke hinaufreichten, aber verhältnismäßig schmal waren. Die einzelnen Fächer waren mit Türen verschlossen, und Val fragte sich, was es in Gestellen wohl so Wichtiges aufzubewahren gebe, daß man vor die einzelnen Abteilungen noch Türen machen mußte.
Fard sah sich um und nickte befriedigt. Es sah aus, als könne er riechen, daß in der Zeit seiner Abwesenheit niemand hier gewesen war.
„Macht es euch bequem!“ forderte er seine beiden Begleiter auf. „Wir werden ein paar Tage lang hierbleiben müssen, bis wir über die Fremden soviel wissen, daß wir uns an sie herantrauen können.“
„Ich denke, du weißt alles?“ fragte Horp mißtrauisch. „Was willst du noch lernen?“
„Ich … gar nichts“, erwiderte Fard lächelnd. „Aber ihr … eine ganze Menge.“
„Du wirst uns alles berichten, was du weißt?“ fragte Val interessiert.
Fard schüttelte den Kopf und deutete auf die verschlossenen Gestelle.
„Nein! Dort liegt alles, was ihr an Kenntnissen haben müßt.“
Das erschien Val erstaunlich und unverständlich. Aber er kam nicht zu einer weiteren Frage; denn im gleichen Augenblick dröhnte über ihm – da war niemand! Das Geräusch schien aus der Decke zu kommen – eine Stimme auf und sagte in fremdartigem Tonfall:
„Wooligan-Fünf an Null-Null-Eins! Ge-El läuft eins – acht – sieben, in Übereinstimmung mit Voraussagen. Noch fünfzehntausend bis X. Ende.“
Vals und Horps Köpfe waren nach oben geruckt, Schreck malte sich in ihren Gesichtern. Fard fing an zu lachen.
„Keinen Grund zum Erschrecken“, beruhigte er. „Die Fremden unterhalten sich miteinander über eine Art Fern-Sprech-System. In jedem Raum dieses Teiles des Schiffs gibt es eine Leitung des Systems und eine Öffnung, aus der die Stimme herausdringt. Die Öffnung nennen sie Lautsprecher. Wenn einer von ihnen spricht, kann man es in jedem Raum hören, der einen Lautsprecher hat. Der Mann, den ihr eben gehört habt, ist in Wirklichkeit vielleicht ein paar Wegstunden von hier entfernt.“
Horp sah den Alten mißtrauisch an.
„Vielleicht!“ sagte er leise.
4.
Fard zeigte ihnen eine Wunderwelt. Eine Welt, in der man nur auf kleine Knöpfe an mittelgroßen Metall- oder anderen Kästen zu drücken brauchte, um Bilder vorgeführt zu bekommen, die so phantastisch waren, als seien sie der Vorstellung eines Wahnsinnigen entsprungen.
So aber, sagte Fard jedoch, sah es in der richtigen WELT aus – also in jenem Raum, durch den das Schiff sich bewegte. Fard zeigte Bilder von den Planeten, auf denen andere Menschen lebten, und er zeigte ihnen auch Bilder des Schiffes, in dem sie sich jetzt befanden. Bilder, die das Schiff von außen zeigten und aus einer Zeit stammten, in der die Menschen die Erinnerung an die wirkliche WELT noch nicht verloren hatten.
Fard zeigte nicht nur Bilder, er las auch aus winzigen Büchern, die er zuvor in ein anderes Gerät schob, so daß die Zeichen, die auf den einzelnen Seiten der Bücher standen und so klein waren, daß man sie mit bloßem Auge nicht mehr deutlich erkennen konnte, auf einer großen weißen Fläche auf der Wand deutlich lesbar erschienen.
Am interessantesten war für Val, Kenntnis von der Zeitrechnung der Menschen zu bekommen, die das Schiff erbaut hatten. Er verstand, daß ein JAHR diejenige Zeit war, die der Heimatplanet der Menschen brauchte, um seine Sonne einmal zu umkreisen, und eine solche Feststellung erschien ihm wesentlich sinnvoller als die „Abkürzung für dreihundertundfünfundsechzig Tage“, wie Fard es früher genannt hatte. Auch die Begriffe „Tag“ und „Nacht“, die im höhergelegenen Teil des Schiffes jede Bedeutung verloren hatten, erhielten einen neuen Sinn.
Im Jahre 3125 – von irgendeinem Zeitpunkt an gerechnet; nein, es war nicht der Beginn der Menschheit, und auch nicht der Tag, an dem die WELT erschaffen wurde – hatte sich das große Schiff auf die Reise begeben. Fard wies nach, daß die Kalenderuhren des Schiffes im Augenblick das Jahr 10 067 zeigten. Nahezu siebentausend Jahre waren also seit Beginn der Reise vergangen. Die Überlieferung des McIntosh-Stammes war kaum dreimal soviel Tage alt.
Nachdem Fard ihnen die Bilder von der WELT gezeigt und aus den kleinen Büchern vorgelesen hatte, begann er, seine beiden
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