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TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge

TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge

Titel: TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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stets todmüde, sehr zum Ärger seiner Frau übrigens, die das Nachtleben liebte. Er blickte erschöpft auf seine Uhr. Es war bereits ein Uhr. Kein Wunder, daß er sich nach Ruhe sehnte.
    „Ein Bett wäre gar nicht schlecht“, sagte er zu dem Mädchen.
    Sie führte ihn auf eine Tür zu. Slade folgte ihr willig und konnte gerade noch einige von der alten Frau gemurmelten Sätze auffangen.
    „Die Dinge entwickeln sich“, sagte sie. Und dann – Slade glaubte eine Warnung herauszuhören – sagte sie zu dem Mädchen: „Halte dich von ihm fern, Amor! Ich habe es auch gespürt.“
    Slade verstand die Bedeutung dieser Worte nicht, aber er war überrascht, daß das Mädchen errötete. Sie gab aber keine Erklärung und sagte nur: „Hier sind Sie einigermaßen sicher. Alle, die die Zerstörung von Naze wollen, haben sich in diesem Stadtteil zusammengefunden. Wir sind bereits eine recht große Gruppe.“
    Trotz seiner Müdigkeit spürte Slade die immer stärker werdende innere Erregung. In was für eine Welt war er nur geraten! Die Ereignisse hatten sich überschlagen und ihm kaum Zeit zum Nachdenken gelassen. Nun hatte er Ruhe und konnte alles überdenken. Er legte sich ins Bett, fand aber keinen Schlaf, denn die Ungeheuerlichkeit seines Erlebens war einfach überwältigend. Je länger er über sein Schicksal nachdachte, desto ungeheuerlicher erschien es ihm. Er war in der Stadt Naze, in einer anderen Welt, deren Existenz er nicht länger bezweifeln konnte. Es war phantastisch und unglaubwürdig. Noch war es dunkel, aber am nächsten Tag würde er die fremde Stadt mit ihren gigantischen Türmen, den unheimlichen Straßen und den Menschen sehen. Welche Abenteuer standen ihm noch bevor?
    Michael Slade grübelte und grübelte, bis ihn der Schlaf von den verwirrenden Gedanken erlöste.

 
4.
     
    Der Tag zeigte ihm eine ganz andere Stadt. Die leuchtende Sonne strahlte in die engen Straßen und zeigte ihm ein fast orientalisch anmutendes Gewimmel. An Amors Seite ging er langsam durch die Straßen und ließ die fremdartigen Eindrücke auf sich einwirken.
    Wie schäbig diese Stadt ist, wie alt und heruntergekommen! dachte er erschüttert. Schon in der Nacht hatte er gespürt, daß Naze eine alte, verfallende Stadt war, aber erst der Tag offenbarte ihm das erschreckende Ausmaß des Niederganges. Die Gebäude sahen alle so alt aus, daß er das Alter der Stadt kaum abschätzen konnte. Neubauten oder auch nur Reparaturen waren nirgends zu sehen. Tausend oder zweitausend Jahre mußten seit der Gründung der Stadt vergangen sein, Jahrtausende unaufhaltsamen Niederganges.
    Die Fassaden der Häuser, die Straßen und Gehsteige zeigten die von unzähligen Generationen hinterlassenen Spuren. Die Straßen waren staubig und aufgebrochen. Hier und da zeigte sich noch eine glatte Stelle, die die einstmalige Beschaffenheit des Materials offenbarte, aber solche unbeschädigten Stellen waren äußerst selten und ließen den allgemeinen Verfall nur noch stärker erkennen.
    Fahrzeuge gab es anscheinend nicht. Kein Wunder, denn auf den schlechten Straßen mußten alle Fahrzeuge unweigerlich zu Bruch gehen. Die Anlage der Straßen verriet jedoch, daß es einmal Räderfahrzeuge gegeben haben mußte.
    Slade sah jedenfalls nur Menschen, unzählige heruntergekommene Gestalten, denen ihr Elend deutlich anzusehen war.
    Was konnte dieses unbeschreibliche Elend verursacht haben? Die Leute, die Slade kannte, schienen einen Krieg gegen diese Stadt zu führen und planten ihren endgültigen Untergang. Warum aber? Sie waren doch selbst Bewohner von Naze.
    Er wandte sich dem Mädchen zu und wollte Fragen stellen, ließ es dann aber doch sein. Fragen würden seine Unwissenheit erkennen lassen, und gerade davor hatte Leear ihn gewarnt.
    Naze war offenbar ein Überbleibsel einer längst untergegangenen Kultur. Der Eindruck, den die Stadt auf Slade machte, war einfach niederschmetternd. Menschen gab es genug, aber diese Menschen schienen aus unerklärlichen Gründen auf eine primitive Stufe herabgesunken zu sein. Noch nie hatte Slade so viele Menschen in den Straßen einer Stadt gesehen. Was trieb diese Leute auf die Straßen, was taten sie? Sie saßen, standen und gingen nur auf den Straßen herum, Männer, Frauen und Kinder. Sie waren so gleichgültig, daß sie sich nicht einmal aufregten, wenn sie von anderen angestoßen oder gar getreten wurden.
    Ein in Lumpen gehüllter Bettler kam heran, lief neben ihm her und hielt ihm eine kleine Metallschüssel entgegen.

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