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TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge

TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge

Titel: TS 61: Der Mann mit dem dritten Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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ins Gesicht schlug, war in gewisser Beziehung auch nicht viel besser als die Blutsauger. Sie schien keine Barmherzigkeit zu kennen. Die Umgebung formt den Menschen, dachte er. Der Mensch ist immer das Produkt seiner Umgebung, und Amor ist eben in einer fürchterlichen Umwelt aufgewachsen. Trotzdem war er erschüttert. Amors Gesicht verriet eine grausame Härte, die er bei einer Frau nie vermutet hätte. Er dachte daran, daß er mit dem Gedanken gespielt hatte, ständig in dieser fremden Welt zu bleiben. Er dachte nun anders darüber. Miriam hatte ihn verlassen und damit grausam gehandelt, aber was war diese verständliche Reaktion gegen Amors Handlungsweise?
    Slade sah das Mädchen interessiert an, bemerkte aber bald, daß er unbewußt Ausflüchte machte und sich mit allen möglichen nebensächlichen Gedanken von der Wirklichkeit ablenken wollte. Der Angriff war die Wirklichkeit – eine tödliche Wirklichkeit.
    „Heute nacht also!“ sagte er. „Es tut mir leid, aber ich fürchte, wir müssen den Angriff abblasen.“
    „Warum denn?“ fragte Amor aufgeregt und sah ihn mit verständnislosem Blick an.
    „Weil das Schiff nicht kommen wird!“
    „Aber unsere Pläne! Was machen wir mit unseren Plänen?“ rief das Mädchen entgeistert. Slades Worte hatten sie völlig aus der Fassung gebracht. Sie setzte sich neben Caldra und schüttelte verständnislos den Kopf.
    Caldra horchte auf. Anscheinend war ihr die Bedeutung des Fehlschlags endlich aufgegangen.
    „Das Schiff kommt also nicht!“ sagte sie langsam.
    „Nein, es kommt nicht“, bestätigte Slade. „Ich sollte heute morgen ein Signal bekommen, aber es ist nicht angekommen.“ Er schwitzte vor Angst, oder bildete es sich wenigstens ein. Es war mehr eine geistige als eine körperliche Erregung. Er wußte, daß er sich mit dieser Lüge in ein gefährliches Fahrwasser begeben hatte, aber er war bedenkenlos einer inneren Stimme gefolgt, um sich vor einem gefährlichen Unternehmen zu bewahren. Da war wieder der Widerstreit der Gefühle, der ihn so oft beunruhigte. Er war eben doch nicht von dieser Welt. Er lebte zwar vorübergehend in ihr, aber das waren nur kurze Gastrollen, die ihn nach seiner Meinung zu nichts verpflichteten. Außerdem war er nicht ganz freiwillig nach Naze gekommen. Er wollte Zeit gewinnen und sich nicht einfach überrumpeln lassen. „Das verabredete Signal ist leider nicht eingetroffen“, sagte er noch einmal mit gespieltem Bedauern.
    Er log gar nicht schlecht. Die beiden Frauen schienen ihm ohne weiteres zu glauben. Das gab ihm mehr Sicherheit und innere Ruhe. Er lehnte sich zurück und überlegte. Das Problem war natürlich noch nicht gelöst, aber er hatte wenigstens Zeit gewonnen. Er sah Amor zur Tür eilen. An der Türschwelle blieb sie noch einmal stehen und sagte: „Ich muß den Angriff abblasen, sonst geschieht ein unvorstellbares Unglück.“ Sie ging eilig hinaus und schlug die Tür hinter sich zu. Caldra und Slade blieben allein. Beide waren in Gedanken vertieft und schwiegen.
     
    *
     
    Amor kam erst sehr spät zurück. Sie ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen und stocherte in dem Essen herum, das Caldra ihr schweigend vorsetzte. Slade bemerkte beunruhigt, daß sie ihn mehrmals abschätzend musterte. Da war etwas in ihrem Blick, das er nicht deuten konnte. Ihr Verhalten gefiel ihm jedenfalls nicht, doch er konnte sie schließlich nicht einfach nach dem Grund ihrer Verstimmung fragen. Vielleicht hatte sie herausgefunden, daß er gelogen hatte?
    Er nahm eine abwartende Haltung ein. Was konnte ihm schon geschehen? Man konnte ihn doch nicht zu Taten zwingen, die er nicht vollbringen wollte. Auf jeden Fall brauchte er Zeit. Bevor er sich endgültig entscheiden konnte, mußte er besser mit den Verhältnissen vertraut sein. Natürlich konnte er das den Frauen nicht so direkt sagen. Leear hatte ihn vor allzu großer Offenheit gewarnt, und er hielt sich an diese Warnung.
    Er stand auf und ging zum Fenster hinüber. Amor gesellte sich nach einiger Zeit zu ihm und blickte ebenfalls auf die Dächer der uralten Stadt hinaus. Da das Mädchen nichts sagte, zog Slade es vor, ebenfalls zu schweigen.
    Die Nacht brach herein und hüllte die Häuser und Türme von Naze in ihren schwarzen Mantel. Die Stadt schien förmlich in die von Osten herankriechenden Schatten zu gleiten und war bald nur noch ein undeutliches Gewirr nebelhafter Schemen.
    Slade starrte unablässig durch das Fenster. Zum Teil faszinierte ihn der Anblick, zum Teil wollte

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