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TS 63: Planet zu verschenken

TS 63: Planet zu verschenken

Titel: TS 63: Planet zu verschenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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genauso glücklich aus, wie die Menschen auf den Bildern, hatte der Junge erklärt. Für Kinder, die nur immer ernste und unzufriedene Gesichter sahen, die in einer Welt lebten, in der jeder Ausdruck natürlicher Lebensfreude als sündhaft galt, war das natürlich ein unfaßbares Wunder.
    Die Bilder riefen die ersten Zweifel wach. Wie konnten solche glücklichen Menschen die Verkörperung des Bösen sein? Das Böse war doch finster und schmutzig. Die Menschen auf den Bildern waren aber sauber und glücklich, ja sie sprachen sogar lachend miteinander.
    Der Junge hatte ihr zögernd das Magazin überlassen, und Enni hatte es heimlich nach Hause getragen. Die Gesellschaftsordnung auf Ymir verlangte von allen eiserne Disziplin, aber der Junge war noch nicht verknöchert und verbohrt und konnte den inständigen Bitten des Mädchens nicht widerstehen.
    Sie machte aber einen entscheidenden Fehler und ging sofort in ihr Zimmer, um sich die Bilder in wilder Aufregung anzusehen. Dabei wurde sie von ihrem Vater überrascht, der ihre Sündhaftigkeit geißelte und das Magazin in kleine Fetzen riß. Wie ein Besessener war er auf den Fetzen herumgetrampelt und hatte seine Tochter beschimpft. Dann hatte sie ihre Strafe hinnehmen müssen. Die ganze Nacht, einen ganzen Tag und noch die folgende Nacht war sie nackt in ihr Zimmer eingeschlossen worden. Der Hunger und die furchtbare Kälte sollten den Teufel aus ihrem Körper treiben und ihr die Verwerflichkeit ihres Tuns zeigen.
    Viele Dinge waren in diesen einsamen, kalten Stunden in ihr erstarrt. Auch ihr Gesichtsausdruck war zu einer gehorsamen Maske gefroren. Aber ihren Willen hatte man nicht brechen können. Ihr Entschluß stand fest, obwohl sie sich der Schwierigkeiten durchaus bewußt war.
    Später wurde die Angelegenheit nicht mehr erwähnt. Der Vater hatte natürlich keinem anderen etwas gesagt, denn damit hätte er zugegeben, daß er als Vater und Erzieher versagt hatte. Ein wohlerzogenes Mädchen konnte gar nicht auf den Einfall kommen, eine so sündhafte Tat zu begehen. Enni war von diesem Zeitpunkt an stets ein musterhaftes Mädchen, das seinen Eltern keine Schande machte. Das war aber nur Fassade, um die Eltern und die Umwelt über ihre wahren Absichten zu täuschen.
    Nach einem Jahr vertrauten ihre Eltern ihr wieder völlig. Darauf hatte Enni aber nur gewartet. Nun, da sie nicht mehr auf Schritt und Tritt argwöhnisch beobachtet wurde, konnte sie ihren Plan endlich verwirklichen. Sie wollte bewußt lügen und ihre Eltern betrügen, denn sie war mit der Gesellschaftsordnung nicht mehr einverstanden.
    In der Schule wurde inzwischen eifrig über die Erde und natürlich über Jaroslav Dubin diskutiert. Es waren heimliche Gespräche, die nur im Flüsterton geführt wurden. Es bildeten sich Parteien mit einander widersprechenden Ansichten. Die einen sagten. Jaroslav sei der einzige vernünftige Mensch, und die anderen seien fanatische Dummköpfe. Immerhin war Jaroslav auf der Erde gewesen und konnte sich ein wirklich objektives Urteil bilden.
    Die andere Gruppe war anderer Meinung. Immerhin war Jaroslav nicht der einzige, der die Erde und andere Planeten besucht hatte. Er war aber der einzige, der dem strengen Glauben abtrünnig geworden war. Das sprach nicht gerade für ihn.
    Enni hörte immer nur schweigend zu. Sie hatte sich längst eine feste Meinung gebildet. Ihre Haut juckte unter der Last von drei Kleidern, zwei Pullovern, den dicken Socken und der schweren Mäntel, und in ihrem Herzen nagte die Ungeduld. Aber sie wartete ab, bis sich endlich eine günstige Gelegenheit zur Verwirklichung ihrer Ziele bot.
    An einem Abend gab sie vor, eine Freundin zu besuchen, ging aber in Wahrheit zu Jaroslav Dubin. Sie war nicht einmal überrascht, daß sich einige ihrer Klassenkameraden auf den gleichen Weg gemacht hatten und in Dubins Wohnzimmer saßen.
    Die strenggläubigen Ymiraner wünschten sich Dubin im Gefängnis oder noch besser tot und begraben, aber sie konnten diesen sündhaften, abtrünnigen Menschen einfach nicht loswerden. Sie beschuldigten ihn der abscheulichsten Laster, doch Jaroslav kümmerte sich überhaupt nicht darum. Auf seiner Rückreise von der Erde hatte er sich mit dem Kommandanten des Raumschiffes befreundet und in ihm eine starke Stütze gefunden.
    Die verantwortlichen Männer sahen bald ein, daß sie eine große Dummheit begangen hatten, als sie Jaroslav zurückholten, nachdem dieser sich mit den Erdbewohnern befreundet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie

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