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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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Menschen. Nach der Atomexplosion über Hiroshima, die am Geburtstag seines einzigen Kindes erfolgte, war er ein anderer Mensch geworden. Die heimlichen Zweifel, die ihn von Anbeginn seiner Tätigkeit verfolgt hatten, waren zur erdrückenden Gewißheit geworden. Das ideale Ziel seiner Forschung, der Menschheit eine billige Energiequelle zu verschaffen, war in den Hintergrund gerückt. Statt Energie für den Frieden schuf der Mensch Energie im Dienst der Zerstörung.
    Bob Britten hatte Professor Oberhauser um eine Unterredung gebeten, damals, als Ann gerade ein Jahr alt geworden war. Die beiden Männer trafen sich im Institut, und Bob bat den Gelehrten in sein Büro.
    „Sie wollten mich sprechen?“ sagte Professor Oberhauser ruhig, als er Platz genommen hatte. „Darf ich wissen, warum Sie das, was Sie mir zu sagen haben, nicht auch draußen sagen konnten? Meine Zeit ist knapp bemessen.“
    „Sie meinen wohl, unsere Zeit ist knapp bemessen – die Zeit nämlich, die der Menschheit noch bleibt, bis die unausbleibliche Katastrophe sie auslöschen wird.“
    Oberhauser verkrampfte seine beiden Hände zu Fäusten; die Knöchel traten weiß hervor. Über seine Züge huschte für den Bruchteil einer Sekunde so etwas wie ohnmächtige Verzweiflung, aber dann wurde sein Gesicht wieder glatt, und die Fäuste öffneten sich.
    „Unsinn!“ sagte er, aber es klang nicht sehr überzeugend.
    „Unsere Bombe tötete hunderttausend Menschen. Wieviel soll die nächste umbringen? Unsere Arbeit, einst der Forschung zum Wohle der Menschheit gewidmet, wurde zu einem Werkzeug höllischer Kräfte, deren wir bald nicht mehr Herr sein werden. Unser Werk wird uns eines Tages unter sich begraben. Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht, Professor?“
    In Oberhausers Augen zeigte sich ein wehmütiges Lächeln.
    „Natürlich habe ich das, lieber Doktor. Vielleicht habe ich noch mehr darüber nachgedacht als Sie, aber sicher kam ich zu anderen Schlüssen. Ihre Probleme waren auch die meinen, aber ich habe mich entscheiden müssen.“
    „Für die Weiterarbeit? Für bessere, stärkere und wirksamere Atombomben? Für einen vollkommeneren Tod und für schnellere Zerstörung? Für die endgültige Vernichtung unserer Zivilisation?“
    „Sie arbeiten an der Verteidigung Ihres Landes. Ihre Forschungen dienen auch dem Fortschritt. Und wenn es Ihnen ein Trost sein kann, so seien Sie versichert, daß die Ergebnisse Ihrer Anstrengungen letzten Endes doch zum Wohl der gesamten Menschheit bestimmt sind. Wir werden die ideale Kraftquelle entwickeln und später einmal Raumschiffe zu den Planeten entsenden, um neue Aufgaben anstelle veralteter Ideale zu setzen. Eine neue Zeit bedarf neuer Gedanken.“
    „Der Gedanke ans Töten ist so alt wie die Menschheit selbst“, blieb Bob störrisch. „Ich sehe keine Notwendigkeit zur Vernichtung.“
    „Wenn sie an uns herantritt, wird es zu spät sein, ihr entgegenzutreten – falls wir uns nicht vorbereiteten. Wir können dem Tod nur mit dem Tod begegnen.“
    „Nicht mit dem Leben?“
    Oberhauser machte eine ärgerliche Geste.
    „Wir verlieren uns in sinnlosem Geschwätz. Haben Sie vergessen, warum Sie Wissenschaftler wurden?“
    „Eben nicht!“ triumphierte Bob. „Ich habe es nicht vergessen und werde es auch nie vergessen. Der Drang nach Wissen und das ewige Suchen nach Antworten machten mich zu dem, was ich heute bin. Die Frage nach den letzten Dingen läßt uns allen niemals Ruhe. Es war ein innerer Zwang, dem ich nicht ausweichen konnte, ohne meine Natur zu unterdrücken. So also gab ich nach und wurde Forscher. Aber ich wurde es, weil ich in der Natur ungenutzte Geschenke und brachliegende Kräfte schlummern sah, die zu erwecken mein Ziel sein mußte. Zu spät erkannte ich den Wahnsinn meines Tuns – und nun bleibt mir nichts anderes mehr, als mein Können in den Dienst der Wiedergutmachung zu stellen. Ich wollte Sie bitten, mir dabei behilflich zu sein.“
    Oberhauser schwieg lange. Er hatte den Ellenbogen des rechten Arms auf den Tisch gelegt und stützte das Kinn mit der Hand, als sei ihm der Kopf zu schwer geworden. In seinen Augen dämmerte Verständnis und so etwas wie Neid. Dann nickte er langsam und zögernd.
    „Sie sind nicht der einzige Wissenschaftler, den die Ergebnisse seiner Forschungen erschrecken, obwohl Sie nur einen kleinen Anteil daran besitzen. Ich werde Ihnen helfen.“
    Bob Britten atmete auf. Unwillkürlich beugte er sich vor und sah Oberhauser fest in die Augen.
    „Ich habe

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