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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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vergessen, daß sie so schnell wie möglich von hier verschwinden wollte. Außerdem, sagte sie sich, würde sie jetzt nie mehr vor ihm sicher sein. Einmal mußte er sie finden.
    Wenn sie hingegen den ersten Schritt tat, würde er seine überlegene Stellung verlieren, und die Initiative zu ihr herübergleiten. Wenn sie von Anfang an den Eindruck erweckte, mit ihm spielen zu können – wenn sie es wollte –, mußte seine Position sehr schwach werden.
    Ohne sich besonders anstrengen oder konzentrieren zu müssen, machte sie sich bemerkbar.
    Lex sah, daß der Strom der aus der Klinik kommenden Menschen nachließ und wußte, daß er wieder einmal vergebens gewartet hatte. Er seufzte und zog eine Zigarette aus dem Päckchen. Als er nach dem Feuerzeug greifen wollte, wich es vor ihm zurück.
    Die Erkenntnis drang nicht sofort bis zu seinem Gehirn vor, sondern er streckte den Arm aus, um den silbernen Gegenstand zu erfassen. Erst als dieser sich unmerklich vom Tischtuch abhob und direkt in seine Hand schwebte, dort einen Moment gewichtslos verharrte und plötzlich wieder normal schwer wurde, wußte er mit Ines Schlag, daß er Ann gefunden hatte.
    Eine Ann, die sich bemerkenswert verändert haben mußte.
    Er bezwang seine stürmische Erregung, zündete die Zigarette mit zitternden Händen an und legte das Feuerzeug auf den Tisch zurück. Dann erst, nach einigen beruhigenden Zügen, sah er sich um.
    Ann hatte sich – äußerlich – allerdings kaum verändert. Er erkannte sie sofort. Fast eine halbe Minute saß er reglos und nahm ihren Anblick in sich auf, als sei er etwas sehr lange Entbehrtes und Kostbares. Dann nahm er sein Bier und kam zu ihrem Tisch. Umständlich setzte er sich.
    „Ann!“ sagte er. Mehr nicht. Aber in diesem einen Wort lag seine ganze Befreiung und Erleichterung. Doch Ann spürte noch mehr. Sie wußte plötzlich, daß sie ihn noch genauso liebte wie damals, bevor er seine unverständliche Haltung einnahm, die sie heute so gut begriff. Und Lex liebte sie ebenfalls. Er kam nicht im Auftrage eines anderen. Er war gekommen, weil er sie brauchte.
    „Du hast mich also doch gefunden?“ nickte sie und legte ihre Hände auf die seinen. „Ich dachte, es sei unmöglich.“
    „Mit Unterstützung der entsprechenden Stellen wäre es einfacher gewesen, aber niemand kümmerte sich mehr um dich, als du einmal verschwunden warst. Ich nehme an, man glaubte Professor Prexler einfach nicht.“
    Sie lächelte.
    „Dabei hat er recht gehabt.“
    „Ich weiß“, nickte er. „Dein Zeichen hat es mir bewiesen.“
    Sie sah ihm fest in die Augen, damit sie die kleinste verräterische Reaktion in ihnen bemerken konnte.
    „Bist du allein hier, Lex? Warum hast du mich gesucht?“
    Seine Augen gaben den Blick ruhig und ein wenig erstaunt zurück.
    „Natürlich bin ich allein, Ann. Seit zwei Jahren verfolge ich deine Spur. Aber erst vor sechs Monaten erfuhr ich, daß du in London bist. Deine Mutter hat sich verraten. Aber sie sagte nicht mehr. Daraufhin kam ich hierher und forschte in allen Krankenhäusern und medizinischen Instituten nach. Ich fragte auch dort drüben in der Personalabteilung. Aber von einer Ann Britten war nichts bekannt.“
    „Warum fragtest du nicht nach Elionore Smith?“
    Er lächelte.
    „Das tat ich, aber der alte Onkel, der sich meine Fragen an die Schwester so aufmerksam anhörte, sagte, eine Elionore Smith gäbe es in seiner Klinik nicht. Da ging ich dann wieder. Aber ich wollte ganz sicher sein, darum saß ich heute hier.“
    „Davon hat er mir ja gar nichts gesagt“, wunderte sich Ann.
    „Wer?“
    „Der – der alte Onkel. Er ist mein Chef, der leitende Arzt der Klinik.“
    „Und … ?“
    „Ja, er kennt meinen richtigen Namen – und natürlich auch den angenommenen. Darum schickte er dich fort.“
    Lex lehnte sich plötzlich vor. Seine rechte Hand umspannte das Bierglas, als wolle er es zerdrücken.
    „Warum hast du dich bemerkbar gemacht, Ann? Du hättest verschwinden können, ohne daß ich dich gesehen hätte.“
    „Ich weiß es selbst nicht“, gab sie nachdenklich zu. „Irgend etwas zwang mich dazu, deine bisher erfolglose Suche abzubrechen. Vielleicht wollte ich auch nur, daß du mich nicht fandest. Wie wollte ich das anders verhindern, als dir zuvorzukommen – und dich zu finden.“
    „Eine plausible Erklärung, zugegeben. Aber wenn ich dir nun sage, daß ich in den nächsten Tagen wieder abgereist wäre – bereust du es dann, dich mir offenbart zu haben?“
    „Nein, Lex.

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