TS 78: Operation Vergangenheit
diesen Pfad entlangwandern können?“ Ashe stampfte mit dem Bogen auf die Erde. „Wie du siehst, kann Assha gehen, wohin er will und kann mit dir sprechen. Warum fürchtest du dich vor Assha?“
„Auch Geister wandern und sprechen“, beharrte der Mann. „Vielleicht bist du der Geist von Assha und verflucht!“
Ashe wußte, daß sich eine derartige Unterhaltung in alle Ewigkeit fortsetzen konnte. Er ergriff daher die Initiative und warf sich mit einem Hechtsprung ins Gebüsch. Es raschelte sekundenlang. Dann trat er wieder mit dem Mann in Erscheinung, den ein blitzschneller Judogriff überwältigt hatte. Er trug einen Bart, schwarzes, langes Haar und eine lederne Tunika, die jetzt ziemlich verrutscht war.
„Ist das nicht Lal mit der schnellen Zunge? Lal, der so laut von Geistern spricht und selber wie ein Geist aussieht?“ Ashe ließ die Hand des Gefangenen los. „Nodren wird sehr überrascht sein, daß du dich zu seinem Sprecher ernannt hast. Erzähle mir vom Zorn Lurghas und was mit meinem Bruder Sanfra geschehen ist. Ich bin Assha, und du weißt, daß auch der Zorn von Assha schrecklich sein kann.“
Ashe verzerrte sein Gesicht und erreichte damit, daß Lal angstvoll die Augen schloß.
„Assha weiß, daß ich sein treuer Hund bin“, sagte Lal. „Assha möge mir nicht die Klinge seines scharfen Messers auf die Brust setzen, aber … aber es war der Zorn Lurghas. Zuerst schleuderte er einen Donner auf die Leute, die er haßte, und dann schickte er ein großes Feuer, das alle verbrannte und zu bösen Geistern machte.“
„Und du hast alles mit deinen eigenen Augen gesehen, Lal?“
„Nicht Lal war Zeuge – Nodren selbst hat dieses Wunder gesehen und …“
„Wenn Lurgha in der Nacht gekommen ist, als alle Leute in ihren Hütten waren, um sich nicht dem Treiben der ruhelosen Geister auszusetzen – wie kommt es dann, daß Nodren zugesehen hat?“
Die Augen Lals wanderten sehnsüchtig zu dem Gebüsch zurück, dann wieder zu den Sandalen von Ashe.
„Ich bin kein Häuptling, Assha. Woher soll ich wissen, warum Nodren den großen Lurgha beobachten konnte, als er das Feuer und den Blitz vom Himmel schleuderte?“
„Dummkopf!“ kam eine Frauenstimme hinter dem Gebüsch hervor. „Rede offen mit Assha. Wenn er ein Geist ist, wird er wissen, daß du ihm nicht die Wahrheit sagst! Und wenn ihn Lurgha verschont hat, dann ist das …“ Sie sprach den Satz nicht zu Ende und atmete tief ein.
„Es wird gesagt, daß Nodren eine Nachricht bekam, die ihn dazu auserwählte, den Zorn des großen Lurgha zu beobachten. Nodren sollte sehen, daß die Händler verflucht seien, damit er ihnen mit seinem Speer gegenübertrete, wenn sie das Dorf …“
„Wie sah diese Nachricht aus, Lal?“ unterbrach Ashe. „Auf welche Weise wurde sie überbracht? Hörte Nodren nur allein die Stimme des großen Lurgha? Oder kam sie über die Lippen eines Fremden?“
Lal warf sich flach auf den Boden und bedeckte die Ohren mit den Händen. „Ahee …“, wimmerte er.
„Lal ist ein Dummkopf und fürchtet sich vor seinem eigenen Schatten, wenn die Sonne scheint!“ Jetzt trat die Sprecherin hinter dem Gebüsch hervor. Es war eine junge Frau. Mit energischen und stolzen Schritten ging sie auf Ashe zu und baute sich vor ihm auf.
„Ich grüße Cassca, die Erste Säerin“, sagte Ashe. „Doch warum versteckt auch Cassca sich vor Assha, dem Händler?“
„Der Tod hat deinen Berg heimgesucht, Assha.“ Sie schnupperte. „Ja, du riechst noch nach dem Feuer des Lurgha. Jeder, der von dem Berg kommt, ist ein Geist.“
Ashe streckte die Hand aus. Cassca berührte sie vorsichtig mit den Fingerspitzen. „Nein, du bist kein Geist, Assha“, stellte sie beruhigt fest. „Denn Geister haben Körper aus Luft. So hat dich Lurgha also nicht verbrannt.“
„Und die Nachricht, Cassca?“
„Die Nachricht kam aus der Luft. Nicht nur Nodren hat sie gehört, auch Hangor, Effar und ich, Cassca.“ Sie machte eine seltsame Geste mit den Fingern ihrer rechten Hand. „Bald kommt die Zeit des Säens, Lurgha wird uns Sonne und Regen bringen, damit die Saat aufgeht. Ja, wir standen am Alten Platz und hörten plötzlich Musik in der Luft, Stimmen, die wie Vögel in einer fremden Sprache sangen. Und dann sagte eine einzelne Stimme, daß Lurgha auf die Männer der Berge zornig sei und sie mit Donner und Feuer vernichten würde … Jetzt opfern die Leute der Großen Mutter, damit sie sich zwischen uns und den Fluch Lurghas stellen
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