TS 78: Operation Vergangenheit
töten. Wunden können manchmal auch sehr unangenehm sein. Entferne seinen Anorak, Kirschov!“
Der Anorak wurde Ross hinterrücks von Kopf und Schulter gezogen.
Interessiert betrachtete der Fragesteller den grünen Overall, sagte dann: „Jetzt wist du uns alles erzählen, was wir gern wissen wollen.“
Es klang so zuversichtlich, daß Ross ein kalter Schauer über den Rücken lief. Kein Zweifel, der Mann meinte genau das, was er prophezeite. Er vertraute seinen Methoden, war fest von deren Erfolg überzeugt. Seine Worte trafen Ross Murdock wie ein eisiger Luftzug. Freiwillig nie, dachte er, und wenn, dann nur Stück für Stück. Er würde eine Geschichte erzählen und sie so breit auswalzen, daß sich die Einzelheiten auf der Fläche verloren. Ross Murdock hatte schon oft vor einem Richtertisch gestanden, damals, als er noch ein kleiner Ganove war, der im ,Kollegenkreise’ mit seinen Vorstrafen prahlte. Diese Taktik kam ihm jetzt sehr zustatten.
„Du bist ein Agent!“
Ross sagte nichts, was soviel bedeutete, daß er es weder bestreiten noch zugeben wolle.
„Du hast unter dem Deckmantel eines Händlers der Barbaren spioniert!“ Diese Worte hatte der Richter Englisch gesprochen.
Auf die Pistole bin ich hereingefallen, dachte Ross Murdock, aber nicht auf sein Englisch.
Der Richter hatte gerade den Mund geöffnet, um die nächste Anschuldigung vorzubringen, als eine dumpfe Explosion erfolgte. Der ganze Raum schien in Bewegung zu geraten. Felsstücke regneten von der Decke und den Wänden. Als hätte ein Riese mit der Faust auf den Gletscher geschlagen!
Ross taumelte gegen einen Wächter, der ihn im ersten Schreck zur Seite schleuderte.
13.
Der Richter schrie etwas, und die Wächter überwanden ihre Überraschung. Die zweite Explosion blieb aus, aber es war klar, daß die Leute auch nicht mit der ersten gerechnet hatten.
Das mußte etwas Ähnliches wie ein Erdbeben gewesen sein.
Ross Murdock wurde in seine Zelle zurückgeführt und vernahm dort wenig später noch zwei weitere Explosionen. Nein, das war kein Erdbeben … vielleicht ein Bombardement?
Dieser Gedanke beruhigte Ross keineswegs. Der Eingang des Gletschergebäudes konnte zugeschüttet werden; dann würde kein Hahn nach ihm krähen.
Nach der letzten Explosion – wenn es sich tatsächlich um eine Explosion handelte – war es still. Ross, der sich instinktiv zu Boden geworfen hatte, richtete sich wieder auf. Er sah Licht durch den Türspalt schimmern – so hatte das „Erdbeben“ wenigstens einem Vorteil gehabt! Die Wände wiesen Spalten und Risse auf, die früher noch nicht existiert hatten. Auf Händen und Knien schob sich Ross zur Tür. Ein scharfes Geräusch ließ ihn herumschnellen. Er sah keinen Lichtschimmer hinter sich, kroch aber in die Richtung zurück, aus der das Geräusch gekommen war. Da, jetzt hörte er es deutlich: Ein Kratzen und Hämmern, Metall auf Metall. Jemand bearbeitete die Wand mit Hammer und Meißel!
Ross hatte bei den Geräuschen den Eindruck, daß der Mann kurz vor dem endgültigen Durchbruch stand.
Plötzlich ein Lichtschein, der rasch größer wurde.
Eine Hand erschien in der Öffnung, tastete suchend herum. Ross hätte die Hand packen können. Doch warum? Dieser Mann mußte in gleichem Maße wie er an einer Flucht interessiert sein.
Hätte Ross geahnt, was ihm bevorstand, würde er die Hand erst einmal gepackt haben, um ein paar Fragen zu stellen.
Die Hand verschwand, und der Mann arbeitete emsig weiter. Es gelang ihm, ein großes Felsstück herauszudrücken. Da erkannte Ross seine Gestalt und keuchte entgeistert: „Assha!“
Wie ein Wiesel schlüpfte der Mann durch die Öffnung und sprang Ross an. Dann erkannte er ihn.
„Murdock! Was treibst du hier?“ Die Stimme von Ashe ging in einer neuen Explosion unter. Diesmal schwankte die Erde so, daß sie sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnten. Ross verbarg sein Gesicht im rechten Ellenbogengelenk. Als die Erschütterung vorüber war, hob er den Kopf und hörte die Stimme McNeils. „Was ist los, Ashe?“
„Ein Angriff. Keine Ahnung, worum es geht und wer die Angreifer sind.“
„Du hast doch auch jemand angegriffen, wenn ich mich nicht irre.“
„Versehentlich. Einen alten Bekannten: Ross Murdock.“
„Waaas?“ Jetzt zwängte sich auch McNeil durch die Öffnung.
„Auch ein Gefangener, Murdock?“ fragte Ashe.
„Sieht so aus“, antwortete Ross.
„Warst du die ganze Zeit hier?“
„Wie du, Ashe. Mir ist nur nicht ganz
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