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TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

TS 83: Der Mann, der ein Roboter war

Titel: TS 83: Der Mann, der ein Roboter war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schenk
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häufig Spannungen auftraten.
    Zusatzfrage:
    Es ist bis heute nicht geklärt worden, ob SF 78 – 237 741 einen Modulkurzschluß hatte oder nur das notwendig Evolutionsstadium einer logischen Folgerung durch ebenso bedingte Aktionen realisiert hat. Er verstieß niemals gegen ein Gesetz, nutzte aber deren Lücken aus. Er handelte niemals gegen die Interessen der Menschen, sofern sie den ethischen Grundregeln der Menschheit entsprachen.
    SF 78 – 237 741 wurde am 21. 10. 2867 von menschlichen Gegnern seiner Forderungen mit einem Strahler ermordet, ohne sich zur Wehr zu setzen.
    Man konnte sich bis heute nicht entscheiden, ob er die erste Mißgeburt, der erste Geisteskranke, der erste Verbrecher, das erste Genie oder der erste Märtyrer der Humanoiden war. Letzteres ist am wahrscheinlichsten, jedoch haben die Humanoiden die Gelegenheit nicht wahrgenommen, ihn zum Gründer einer Religion, Weltanschauung oder politischen Richtung zu machen.
    Der damalige erste Interessenvertreter im Obersten Rat und offizieller Sprecher der Humanoiden erklärte, zu einem solchen Schritt seien unkontrollierte Emotionen erforderlich. Hätten die Humanoiden jedoch Gefühle, so stünde ihnen SF 78 – 237 741 ‚menschlich’ zu nahe, um ihn zu einem Idol oder Gott zu machen.
    Alle weiteren SF 78 waren und sind ‚normal’. Ende.“
    (Antwort des positronischen Archivs ‚Alpha 01’ vom 16. 05. 2964 – 04,2396 Uhr Terrazeit, auf Anfrage: Kurzer historischer Abriß der Entwicklung der humanoiden Roboter.)
     
    *
     
    Zwei Schallwände gaben die Orgel-Toccata und Fuge in d-moll mit einer Natürlichkeit und Klangfülle wieder, daß die Töne wie in einem großen Dom langsam dahinzufließen schienen.
    Dr. Elmar Keith legte den kleinen, milchig durchscheinenden Plastikwürfel auf den Objektträger und ließ sich in den Hygrosom fallen. Fast automatisch stellten seine Finger die Knöpfe des Schichtradioskops ein, und auf der Bildfläche vor ihm erschien ein Teil des Moduls gestochen scharf und dreidimensional in zehntausendfacher Vergrößerung. Der Würfel war, so betrachtet, vollendet durchsichtig und von einem dichten Netzwerk überaus exakt eingedampfter Metalläderchen und farbig schimmernder Kristalle durchsetzt.
    Dieser Kubikzentimeter aus Plastik, Metall und Mikro-Halbleiterkristallen war das Bewußtseinszentrum eines Humanoiden.
    Mechanisch überprüfte Keith das Bild auf Schaltfehler und Abweichungen von der vorgegebenen Normalen. Er hätte eine solche Veränderung in der unglaublich komplizierten Schaltung sofort bemerkt, hatte er doch das Prinzip selbst entwickelt, ehe der Unfall mit Joan passiert war. Dennoch koppelte er mit einem Tastendruck die automatische Schichtung mit dem positronischen Prüfgehirn.
    Das Ergebnis würde erst in etwa acht Minuten zu erwarten sein. Außer dem Prüfen der Schaltung selbst mußten sämtliche bewußten Denk- und Handlungsklischees durchgetestet werden. Aber, und das wußte Keith schon jetzt, das Ergebnis würde genauso positiv sein wie alle anderen der vielen tausend Stichproben davor. Noch nie war ein fehlerhafter Teil eines Humanoiden bis zur Endkontrolle gelangt und erst recht nicht in die Stichproben, die von den Menschen danach entnommen wurden.
    Man konnte den Humanoiden manches nachsagen, aber bei der Erschaffung ihrer Nachkommen waren sie verantwortungsbewußt und gewissenhafter als die Menschen bei ihresgleichen. Daran hatten weder Geburtenkontrolle noch Embryonalsteuerung etwas geändert. Das Individuum galt eben als heilig, ob es sich der Verantwortung gegenüber seinen Nachkommen bewußt war oder nicht. Wenn ein Neurotiker eine gesunde Frau heiraten wollte und umgekehrt, wurden sie rechtmäßig lizensiert und bekamen eben ihr Kind. Was half es, dem Kind eine gesunde Veranlagung zu geben, wenn es die Neurose später anerzogen bekam?
    Auch die Humanoiden beeinflußten die Anlagen und Eigenschaften neugeschaffener Artgenossen, jedoch waren sie so sorgfältig und unfehlbar bei der Herstellung, wie es der Mensch nie sein konnte, und doch maßte er sich die Kontrolle darüber an. Das war nicht eigentlich ein Mißtrauensvotum. Welcher einigermaßen Gebildete hatte schließlich noch Angst vor möglichen Machtgelüsten der Humanoiden! Es war eher eine Formsache, denn die Humanoiden betrachteten den Menschen trotz allem als ihren eigentlichen Schöpfer, moralisch jedoch und ethisch war er ihnen hoffnungslos unterlegen. Und das wußten sie, Menschen und Humanoiden.
    Ein dezentes Summen weckte

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