TS 85: Endstation Zukunft
dich gut!“
„Warum willst du denn nicht selbst mitgehen? Ich dachte, du wolltest dir gern die Gegend ansehen, Joe? Hast du irgend etwas?“
„Oh, eigentlich nichts“, antwortete Duluth mit unschuldiger Miene. „Ich möchte nur nicht gern der sein, der herausbekommt, daß die Knaben hier in Wirklichkeit Menschenfresser sind … Sei doch, bitte, so nett und bring mir noch ein paar von den Schalen mit – ich habe so das Gefühl, als ob sich die Trans-Solar vielleicht doch keine Sorgen um ein paar Kilo Platin machen wird – nicht, wenn ich sie verstecke.“
Fünf Minuten später ging Lukas zusammen mit dem Alten an der Spitze der Gruppe von Hominiden, die sich auf den Wald zubewegte.
Alsdorf sah ihnen eine Weile schweigend nach, bevor er sagte: „Hat er wenigstens eine Maschinenpistole mitgenommen?“
Chirico untersuchte gerade das seltsame Muster auf den Schalen. „Ich glaube nicht, daß er eine Waffe mitgenommen hat, Kurt. Ich habe jedenfalls nichts gesehen.“
„Ganz schön leichtsinnig“, sagte Alsdorf ärgerlich, bevor er sich an Duluth wandte. „Na, wie wär’s mit einem kleinen Training für die eingerosteten Muskeln? Wir haben einen Haufen Zeug, das in den Schlepper verladen werden muß!“
Das Dorf bestand aus einigen Dutzend Zweighütten, die zum Teil bereits Lehmwände hatten. Es stand in einer kleinen Lichtung im Wald, etwa drei Kilometer von der Henri Poincare entfernt.
Lukas hatte früher immer eine etwas idealisierte Vorstellung von den „stolzen Wilden“ gehabt. Er war immer der Meinung gewesen, daß die Zivilisation dem Menschen zwar viele Erleichterungen gebracht hatte, daß sie ihn aber andererseits auch verdorben hatte. Nur mit ihrer Hilfe hatten die weiter fortgeschrittenen Völker die anderen unterjochen können. Seitdem er einmal zu dieser Erkenntnis gekommen war, hatte er sich gegen Maschinen jeder Art gesträubt – allerdings nur innerlich, sonst wäre er ja nicht ein erstklassiger Pilot geworden – und hatte sich nach dem einfachen Leben gesehnt.
Das Dorf, zu dem ihn die Hominiden führten, versetzte ihm einen Schock. Es starrte vor Schmutz und stank abscheulich. Irgendwie hatte er doch etwas anderes erwartet.
Auch die Frauen dieses Stammes waren völlig nackt wie ihre, Männer und die Kinder, die hinter ihnen herliefen. Der allgemeine Eindruck, den man auf den ersten Blick bekam, war der, daß alle gleichgültig, wenn nicht sogar erschöpft wirkten.
Lukas überlegte sich, ob Alsdorf nicht vielleicht doch recht hatte. Vielleicht war es für diese Wesen ganz gut, wenn sie von der Trans-Solar „zivilisiert“ wurden – selbst, wenn das bedeutete, daß sie zu Kulis gemacht wurden. Auf diese Art und Weise würden sie wenigstens von Ärzten überwacht werden, ihre Lebensbedingungen würden sich schlagartig verbessern – und sie würden endlich genug Vitamine bekommen …
Der alte Hominide, der ihm die Platinschüssel geschenkt hatte, hieß offensichtlich Masumo. Er führte Lukas in eine der kümmerlichen Hütten und lud ihn ein, sich auf den Boden zu hocken. Dann trug eine Alte Pflanzenmilch und verschiedene Früchte auf. Lukas war ziemlich mißtrauisch, aber dann überlegte er sich doch, daß sich sein Gastgeber gekränkt fühlen könnte und nahm etwas.
Überraschenderweise interessierte sich Masumo am meisten dafür, wie Lukas redete … auf englisch. Er brauchte zwar einige Zeit, bis er Lukas seinen Wunsch verständlich machen konnte – daß Lukas von seiner Welt, ihren Städten und Verkehrswegen erzählen sollte. Es dauerte ziemlich lange, bis Lukas verstanden hatte, was der Alte wollte, aber selbst dann zögerte er noch, weil er das Gefühl hatte, er müsse einer Mauer einen Vortrag halten.
Nach kurzer Zeit begann er sich jedoch für die Idee zu begeistern. Er vergaß beinahe, daß Masumo ihm zuhörte – so begeistert war er davon, mit sich selbst zu sprechen. Er beschrieb die großen Kulturen, die sich auf der Erde entwickelt hatten, das allmähliche Aneinanderrücken zwischen Ost und West, die Gründung der Weltregierung nach dem Atomkrieg, die Erkundung der Planeten der Sonne und das Rennen zu den Sternen …
Die Sonne war schon beinahe wieder hinter dem Horizont versunken, als Lukas zu der Rakete zurückkehrte. Duluth wartete auf ihn, aber die anderen waren immer noch mit dem Raupenschlepper unterwegs.
„Hallo, Mike. Hast du dich mit den Damen des Dorfes amüsiert? Wie war es denn?“
Lukas erzählte es ihm.
Der Ingenieur starrte ihn ungläubig an.
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