TS 93: Der Unangreifbare
Weile. „Ich heiße Vivienne Cordeiro.“
„Freut mich“, murmelte er benommen. Das Essen begann die Wirkung des Alkohols langsam aufzuheben. Er ärgerte sich über seine Dummheit. Er hatte viele Trumpfkarten ausgespielt, ohne sich entsprechende Gegenleistungen zu sichern.
„Sind Sie Ärztin?“ fragte er.
„Etwas Ähnliches.“ Sie lächelte gewinnend. „Ich bin, wie Sie, ein Produkt des Instituts. Ich wurde mit fünfzehn Jahren aufgelesen.“ Sie schwieg einen Augenblick, und ihre Augen verfinsterten sich. „Was vorher geschah, ist jetzt nicht mehr wichtig. Ich leite hier den technischen Apparat. Kraterbosse brauchen Leute, die die Technik beherrschen und den großen Apparat nach modernen Erkenntnissen organisieren.“
„Der Schild befindet sich noch im Anfangsstadium der Entwicklung“, sagte Koskinen. „Die volle Entwicklung aller Möglichkeiten erfordert ein großes Labor und vor allem viel Zeit. Es gibt Möglichkeiten, die man bisher nur ahnen kann.“
„Das glaube ich gern. Zigger ist aber sehr ungeduldig. Er will die Erfindung, wie sie ist, verwenden. Wir müssen uns darüber unterhalten. Die technischen Details können wir weglassen; ich könnte sie doch nicht so schnell erfassen. Ich möchte nur einen allgemeinen Überblick haben.“
Sie bemerkte Koskinens Zögern und fügte lächelnd hinzu: „Ich weiß schon eine ganze Menge. Sie sollten auch Ihre prekäre Lage bedenken.“
Koskinen seufzte. „Okay, fragen Sie.“
„Es handelt sich um eine Erfindung der Marsbewohner?“
„Nicht ganz, mehr um eine Gemeinschaftsarbeit. Die anderen hatten die Feldtheorie, aber ich wußte mehr über die praktische Anwendbarkeit.“
„Nicht schlecht“, sagte Vivienne Cordeira. „Das bedeutet, daß die Sicherheitsabteilung nicht einfach ein Raumschiff zum Mars schicken kann, um die Einzelheiten zu erfahren. Nach unseren bisherigen Erfahrungen spielen die Marsbewohner nicht mit, wenn ihnen einer nicht sympathisch ist. Sie haben außerdem ein feines Gefühl für die Ehrlichkeit der Partner und lassen sich nichts vormachen. Die Russen mußten deshalb erhebliche Enttäuschungen erleben. Wer etwas über diese Erfindung erfahren will, muß Sie fragen, Pete. Offenbar handelt es sich um ein Kraftfeld.“
Koskinen nickte.
„Es war nicht schwer, das herauszufinden. Die Art dieser Barriere ist aber sehr sonderbar. Es handelt sich um einen Energiepuffer, der jede Energie absorbiert und so einen idealen Schutzmantel darstellt. Eine gegen das Kraftfeld geschossene Kugel wird aufgefangen und fällt harmlos zu Boden. Aber was wird dabei aus der kinetischen Energie?“
„Das Feld nimmt diese Energie auf und sammelt sie in dem Apparat. Wenn ein Geschoß schnell genug ist, um die erste Hälfte des Schutzmantels zu durchdringen, würde es innen wieder beschleunigt werden, denn die Barriere wirkt nach beiden Seiten gleichzeitig. Bei der gegenwärtigen Einstellung müßte ein Geschoß aber eine Geschwindigkeit von fünfundzwanzig Kilometern pro Sekunde haben, um das Feld überhaupt durchdringen zu können.“
Die Frau sah erstaunt auf. „Ist das die oberste Grenze?“
„Nein.“ Koskinen schüttelte den Kopf. „Man kann diese Grenze beliebig verschieben und sogar elektromagnetische Strahlungen ausschließen. Das erfordert allerdings eine weitaus größere Speicherkapazität. Auch die Größe der Barriere richtet sich nach der vorhandenen Energie und wird bei einer Vergrößerung der Barriere entsprechend geringer. Ich kann mit der in meiner Einheit gespeicherten Energie ein ganzes Haus mit einem Schutzschild umgeben, doch würde schon ein Geschoß mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Kilometern pro Sekunde die Barriere durchdringen.“
„Das ist trotzdem noch eine ganze Menge“, sagte sie beeindruckt. „Aber wie wird die Energie gespeichert?“
„Durch Quantendegeneration. Ein raffiniertes System sorgt dabei ständig für den Ausgleich. Das ist erforderlich, wenn Energien von außen einwirken und aufgefangen werden müssen.“
Sie sah ihn staunend an. „Das ist eine ganz neue Entwicklung. Ganze Industrien würden zusammenbrechen und andere würden entstehen, wenn das einmal öffentlich bekannt wird.“
„Ich könnte Ihnen noch viel mehr erzählen, aber …“
„Sie halten uns für eine Verbrecherbande, nicht wahr? Aber wenn Sie auch mehr erzählten, so hätte dies wenig Sinn, weil ich es doch nicht verstehen würde. Bleiben wir auf der praktischen Ebene. Ich habe festgestellt, daß Sie einen
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