TS 93: Der Unangreifbare
Sicherheitsabteilung. Er weiß schließlich keine Einzelheiten. Oder doch?“
Koskinen schüttelte den Kopf.
Trembecki war damit zufrieden. „Dann ist er nur eine Art Geisel. Das bindet uns die Hände.“
„Was haben Sie bisher unternommen? Mr. Abraham sollte doch in der Lage sein, den Präsidenten persönlich zu fragen.“
„Das wird er auch tun, junger Mann. Er ist eine prominente Persönlichkeit, aber der Stab des Präsidenten hat Möglichkeiten, jeden fernzuhalten. Zweifellos sind diese Leute angewiesen worden, unangenehme Konfrontationen vorläufig zu vermeiden. Die Sicherheitsabteilung ist allmächtig, müssen Sie wissen. Wer einen Fehler begeht, verliert mindestens seinen Posten. Das gilt auch für die nächste Umgebung des Präsidenten.“
„Aber der Präsident selber …“
Trembecki nickte. „Er ist nach außen hin sehr liberal eingestellt. Er ist aber auch für die Sicherheit des Landes, ja, der Welt verantwortlich. Er muß für die Stabilität des Protektorats sorgen. Die Sicherheitsabteilung ist deshalb sehr wichtig. Präsident Marcus kann sich immer hinter seinen Untergebenen verschanzen. Wenn wir Sie beschützen, verstoßen wir gegen die Gesetze.“
„Sie müssen den Kongreß von unserer Unschuld überzeugen“, sagte Koskinen.
„Das wird nicht einfach sein.“
Koskinen starrte vor sich hin. Das Plätschern der Fontäne wirkte einschläfernd. Ein Bedienungsroboter brachte Erfrischungen und leichte Speisen. Sie kamen aber nicht zum Essen, denn wenige Minuten später kamen ein Mann und ein Mädchen ins Solarium.
„Sie müssen das Frühstück verschieben“, sagte Trembecki. „Da ist der Boß persönlich.“
11.
Nathan Abraham war nicht groß, aber gedrungen und kraftvoll; sein Haar lichtete sich schon. Sein Morgenmantel ließ die Beine frei. Koskinen sah den grellbunten Pyjama und mußte unwillkürlich lächeln. Er wurde aber sofort wieder ernst, denn er erkannte, daß Abraham seine Wut nur mühsam beherrschte.
Er hörte sich Koskinens Bericht an und ging unruhig auf und ab. „Wenn das an die Öffentlichkeit kommt, wird die Hölle losbrechen“, sagte er. „Jetzt ist die Zeit reif.“
„Zum Kampf?“ fragte Trembecki. „Mit welchen Waffen, wenn ich fragen darf?“
Abraham zeigte auf den Generator. „Das ist unsere Waffe!“
„Es wird eine Weile dauern, bis wir genug davon haben“, gab Trembecki zu bedenken.
„Und in der Zwischenzeit sitzt Dave …“ Abraham bezwang sich und wurde ruhiger. „Essen Sie erst einmal.“
Koskinen betrachtete Daves Schwester. Er hatte sie als fünfzehnjähriges Mädchen gesehen. Inzwischen waren aber fünf Jahre vergangen, und sie war herangereift. Offenbar hatte sie viel Mut, denn sie hörte alles mit, und ihr Vater ließ es geschehen. Daves Mutter wurde nicht informiert.
„Essen Sie nur“, sagte das Mädchen freundlich.
„Vielen Dank.“ Vivienne nickte dankbar. „Wir sind wirklich fast verhungert, Miß Abraham.“
„Nennen Sie mich Leah. Wir stehen ja auf der gleichen Seite.“
„Das steht noch nicht fest!“ mischte sich Trembecki ein.
„Was meinen Sie, Jan?“ fragte Abraham.
„Nun …“
„Es geht um meinen Sohn, Jan. Wir müssen meinen Sohn und die anderen Verhafteten befreien. Später müssen wir vielleicht …“
Er vollendete den Satz nicht, doch Trembecki tat es mit kalter Ruhe. „… gegen die Regierung kämpfen?“
„Gegen Marcus. Er will die Macht an sich reißen und jede Kontrolle umgehen. Ein Mann wie er muß rechtzeitig gebremst werden.“
„Das ist aber nicht einfach. Marcus hat unzählige Anhänger. Die Unzufriedenheit der Massen fördert solche Männer. Die krassen sozialen Unterschiede sorgen für eine Unruhe, die eines Tages zur Explosion führen wird. Die Massen neigen dazu, einem starken Führer zu folgen, wenn er ihnen nur genug verspricht.“
„Sie waren damals in Krakau noch ganz anders, Jan.“
Trembecki zuckte mit den Schultern. „Ich war damals bedeutend jünger. Die Schwierigkeiten waren damals auch nur halb so groß.“
Leah beugte sich über den Tisch und flüsterte Koskinen und Vivienne zu: „Jan stammt aus Europa. Er beherrschte eine große polnische Stadt. Mein Vater wollte ihn unbedingt in seiner Nähe haben und holte ihn herüber.“
Koskinen betrachtete den drahtigen kleinen Polen mit wachsendem Respekt. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre waren in Amerika schlimm genug gewesen. Europa hatte außerdem noch unter fremder Besatzung leiden müssen. Die Männer, die dort
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