TS 93: Der Unangreifbare
wollte.
Vivienne saß ebenfalls in der Bibliothek. Sie trug einen leuchtendweißen Anzug und erinnerte Koskinen irgendwie an die erste Begegnung. Er ärgerte sich, weil er sie so schnell vergessen hatte.
„Warum sind Sie nicht zu uns gekommen?“ fragte er mit schlechtem Gewissen. „Haben Sie uns nicht gesehen, Vivienne?“
„Doch. Sie waren aber beide so versunken, daß ich nicht stören wollte.“
Er hörte den gereizten Tonfall und sah sie erstaunt an. „Wir haben keine Geheimnisse, Vivienne.“
„Natürlich nicht“, sagte sie mißgelaunt.
„Und warum benehmen Sie sich so merkwürdig?“
Sie sah weg, und ihr Lächeln wurde gequält. „Wir sind zu weit voneinander entfernt, Pete.“
„Wie meinen Sie das? Sie sind doch so intelligent, daß Sie neunzig Prozent der Menschheit in die Tasche stecken können.“
„Das meine ich nicht, Pete.“ Ihre Stimme hatte plötzlich einen aggressiven Klang. „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Pete. Aber lassen Sie mich eine Weile allein!“
12.
Am nächsten Nachmittag kehrte Koskinen von einem Tennisspiel mit Leah in sein Zimmer zurück. Natürlich durfte er sich nicht auf die Straße wagen. Auf dem Tisch lag ein Zettel mit einer Nachricht. Abraham bat Koskinen, um sechzehn Uhr zu einer Konferenz zu kommen.
Vivienne und Trembecki waren bereits im Konferenzraum, als Koskinen und Leah erschienen.
„Du scheidest aus“, sagte Abraham zu seiner Tochter.
„Sei nicht albern“, protestierte sie. „Ich bin doch schon eingeweiht.“
„Ich wünschte, es wäre anders“, antwortete Abraham seufzend. „Es geht um ernste Angelegenheiten.“
„Je weniger Menschen von solchen Sachen wissen, desto besser ist es“, sagte Trembecki.
„Ich bin keine Schwätzerin“, antwortete Leah gekränkt.
„Natürlich nicht. Es gibt aber gewisse Drogen.“
„Sie meinen, ich könnte entführt werden?“
„Dave ist ebenfalls verhaftet worden.“
„Was kann ich denn tun?“ Leah kaute auf ihrer Unterlippe.
„Was am schwersten ist, nämlich nichts.“
Leah war sehr verständig und drehte sich um. „Bis später, Pete.“ Sie sah ihn schmerzlich lächelnd an und ging hinaus.
„Noch etwas: die Sprengkapsel muß an Ihrem Hals bleiben, Mr. Koskinen.“
Vivienne zuckte noch mehr zusammen als Koskinen. Sie faßte sich aber sofort und setzte sich. „Vielleicht ist es gut so“, sagte sie leise.
„Gut, daß Sie das einsehen“, sagte Trembecki lobend. „Deshalb sollen Sie den Sender behalten. Wissen Sie, wie ein Feldgenerator konstruiert ist?“
„Nur unvollkommen. Wir fingen gerade an, uns damit zu beschäftigen.“
Abraham sah Koskinen an. „Dann sind Sie der einzige Mensch, der das Geheimnis kennt, Pete. Wenn es hart auf hart kommt, muß Vivienne Sie zum Schweigen bringen. Ich hoffe, Sie sehen das ein. Es ist kein Vergnügen, den Rest des Lebens als Gefangener der Sicherheitsabteilung zu verbringen. Wahrscheinlich würde man Sie im Falle einer Gefangennahme gleich nach dem Verhör beseitigen.“
„Möglich“, sagte Koskinen rauh.
„Wir hoffen natürlich, daß der Erfolg unserer Bemühungen nicht ausbleiben wird“, sagte Abraham etwas fröhlicher. „Wir müssen uns jetzt über alles unterhalten. Das Problem ist leicht zu definieren. Wir dürfen die Erfindung nicht in die falschen Hände gelangen lassen, müssen es aber als Handelsobjekt benutzen, weil wir unsere Freunde nur so befreien können. Die Vereinigten Staaten brauchen einen effektiven Schutz. Wenn wir der Armee solche Apparate zur Verfügung stellen, entfällt die Notwendigkeit einer Sicherheitsabteilung, wie wir sie jetzt haben. Die Liberalen und die Sparsamen werden im Kongreß auf unserer Seite sein. Marcus muß entmachtet werden. Das wird nicht einfach sein.
Leider habe ich in den letzten Jahren ein ziemlich ruhiges Leben geführt und die für solche Aktionen notwendigen Kontakte vernachlässigt. Ich muß alles wieder aufbauen und in der Zwischenzeit für Ihre Sicherheit sorgen. Sie werden bei den Egalitariern gut aufgehoben sein.“
„Sind diese Leute wirklich so gut organisiert?“ fragte Koskinen zweifelnd.
Abraham nickte. „Es ist eine sehr starke Gruppe. Es handelt sich um Idealisten, die für die Gleichberechtigung aller Völker eintreten. Sie bilden Klubs und Vereine. Die offizielle Propaganda bezeichnet sie als Marionetten fremder Staaten, doch das ist eine reine Zwecklüge. Alle bedeutenden Persönlichkeiten unseres Landes sympathisieren zumindest mit den
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