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TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

Titel: TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredric Brown
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mußten.

 
Napoleon 1964
    (COME AND GO MAD)
     
    Irgendwie hatte er es gewußt, schon als er heute morgen aufgewacht war. Jetzt wußte er es um so bestimmter – jetzt, da er in seinem Büro saß und zum Fenster hinausstarrte in den frühen Nachmittag, in den Sonnenschein, der schräg abfiel zwischen den Häuserfronten und ein Muster aus Licht und Schatten warf. Er wußte, bald, vielleicht sogar noch heute, würde etwas Wichtiges geschehen. Ob von Vor- oder Nachteil für ihn, vermochte er nicht zu sagen, aber er hatte ein schlechtes Gefühl. Und mit Recht; es gibt wenig Gutes auf Erden, das einem plötzlich widerfahren kann – wenig Gutes vielmehr, was von anhaltender Bedeutung ist. Das Unheil hingegen lauert überall; wenn es zuschlägt, dann auf verblüffend unterschiedliche Weise.
    Eine Stimme sagte: „He, Mr. Vine!“, und er wandte sich vom Fenster ab – langsam nur. Das war befremdend, denn es entsprach nicht seiner Art, sich langsam zu bewegen; er war von kleiner Statur, drahtig und flink, fast katzengleich in der Schnelligkeit seiner Reaktionen und Bewegungen.
    Aber diesmal ließ ihn etwas den Kopf nur langsam vom Fenster wenden, beinahe so, als erwarte er nie wieder, dieses ganz spezielle Licht-Schatten-Muster eines frühen Nachmittags zu sehen.
    „Hallo, Red“, sagte er.
    Der Laufbursche verzog sein sommersprossiges Gesicht. „Seine Hoheit will Sie sprechen.“
    „Jetzt?“
    „Wann es Ihnen gerade paßt. Nächste Woche vielleicht, oder so. Können ja ‘ne Verabredung mit ihm treffen, huh?“
    Grinsend gab er Red einen Schubs, und der Laufbursche taumelte zurück und täuschte Schmerz vor.
    Er ging hinüber zum Wassertank. Mit dem Daumen drückte er auf den Knopf, und kühles Naß gurgelte in den Papierbecher.
    Harry Wheeler schlenderte heran und fragte: „Gehst du den Alten besuchen, Nappi?“
    „Klar – will eine Gehaltserhöhung.“
    Er trank und warf den zerknüllten Becher in den Abfallkorb. Dann schritt er hinüber zur Tür, auf der „Privat“ stand, und trat ein.
    Walter J. Chandler, der Geschäftsführer und Chefredakteur, sah auf von seiner Arbeit und brummte: „Setzen Sie sich, Vine. Bin gleich für Sie zu sprechen.“
    Er nahm Chandler gegenüber Platz, fischte sich umständlich eineZigarette aus der Brusttasche und entzündete sie. Er studierte die Rückseite des Papierbogens, dessen Vorderteil der Chef soeben las.
    Chandler senkte das Blatt Papier und sah ihn an. „Vine, ich habe da eine verrückte Sache. Sie kennen sich mit sowas aus.“
    Grinsend erwiderte er den Blick seines Chefs. Er sagte: „Wenn das ein Kompliment sein soll – vielen Dank.“
    „Genauso war’s gemeint. Sie haben da ein paar kitzlige Sachen für uns erledigt, Vine … Aber das hier ist anders. Ich habe noch nie etwas von einem Reporter verlangt, was ich nicht selbst machen würde. Ich täte es nicht, also verlange ich es auch nicht von Ihnen.“
    Chandler hob das Schreiben auf, das er gelesen hatte, doch legte es wieder zurück, ohne es zu beachten. „Schon was von Ellsworth Joyce Randolph gehört?“ fragte er.
    „Dem Leiter der Irrenanstalt? Himmel ja, ich bin ihm mal begegnet. Rein zufällig.“
    „Was für einen Eindruck machte er auf Sie?“
    Der Chefredakteur sah ihn unverwandt an. Vine wußte, daß die Frage nicht wie beiläufig gestellt worden war. Er fragte: „Was meinen Sie damit? In welcher Hinsicht? Ob er ein ordentlicher Kerl ist, ein guter Politiker, ob sein Verhalten einem Psychiater angemessen ist, oder was sonst?“
    „Ich meine – für wie geistig gesund halten Sie ihn?“
    Vine warf einen schnellen Blick auf Chandler, doch dieser scherzte nicht. Chandler war todernst.
    Vine begann zu lachen, und dann verstummte er abrupt. Er beugte sich vor über den Schreibtisch. „Ellsworth Joyce Randolph“, sagte er. „Sie sprechen von Ellsworth Joyce Randolph?“
    Chandler nickte. „Dr. Randolph war heute früh hier. Er erzählte mir eine recht sonderbare Geschichte. Nicht, daß ich sie drucken sollte … Er äußerte lediglich den Wunsch, ich möge sie überprüfen lassen, und zwar vom besten Mann den wir haben. Er meinte, wir könnten die Sache – wenn sie tatsächlich stimmt – mit Riesenlettern und roter Farbe drucken.“ Chandler grinste süßsäuerlich. „In der Tat, das könnten wir dann.“
    Vine drückte seine Zigarette aus und studierte Chandlers Gesicht. „Aber die Sache selbst ist so verrückt, daß Ihnen zweifelhaft erscheint, ob Dr. Randolph noch alle Tassen im Schrank

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