TS 96: Menschen auf fremden Sternen
interessant finden“, begann Thunderton. „Stahläxte sind sehr vielseitig. Man kann sie als Währung verwenden, Bäume damit fällen und anderen Leuten den Garaus machen. Auf vielen Planeten sind Stahläxte längst veraltet und gelten als unbrauchbar, auf anderen bedeuten sie einen gewaltigen Sprung nach vorn. Hier bedeuten sie eine Überbrückung von mindestens hunderttausend Jahren.“
„Das soll interessant sein?“ rief Bob.
„Unsere Freunde da draußen sind noch nicht sehr weit.“ Thunderton zeigte mit dem Daumen in die Dunkelheit. „Sie sind Steinzeitmenschen und kennen nur ein paar primitive Werkzeuge. Steinbeile sind schwer herzustellen und zersplittern sehr leicht. Eine gute Stahlaxt hält länger und ist vielseitiger zu verwenden.“
Thunderton blies Rauch in die Luft und lehnte sich zurück. „Ich bin aber nicht daran interessiert, wie schnell ein Baum umgelegt werden kann. Mich interessiert nur, wie ich diese primitive Kultur auf dem schnellsten Wege beseitigen kann.“
Bob Wistert starrte auf die Pistole in der Hand Thundertons. Warum wollte dieser Mann die Kultur der Ureinwohner eines fremden Planeten vernichten?
„Ich kann mir dabei keine Fehler leisten“, fuhr Thunderton fort. „Zwei Dinge sind wichtig. Das Sozialgefüge dieser Leute ist einfach: die Alten bestimmen und versorgen sich mit den besten Happen. Die alten Männer sind mächtig, weil sie die Symbole der Stärke mit sich herumtragen. Nur alte Männer besitzen solche Äxte. Wenn ein junger Mann oder eine Frau eine solche Axt benutzen will, muß der Betreffende erst darum bitten. Nun ist das alles nicht so einfach, wie es sich anhört. Es gibt eine Menge Tabus, die keiner übersehen darf. Das System funktioniert schon seit undenklichen Zeiten. Die alten Männer brauchen nur zu drohen, ihre Äxte nicht mehr zur Verfügung zu stellen, und schon sind die jungen Burschen zahm wie Lämmer.“
Bob wußte etwas von der Wichtigkeit der Steinbeile, aber nicht soviel wie Thunderton. Er mußte dasitzen und sich alles anhören.
„Das ist noch nicht alles“, erklärte Thunderton. „Die Beile werden aus einem bestimmten Gestein hergestellt, das es hier aber nicht gibt. Es gibt hier ein ausgezeichnetes Handelssystem, das in den Händen der Alten liegt. Irgendein Stamm liefert die Steine, ein anderer bearbeitet sie, wieder ein anderer stellt die Stiele her. Jeder Stammesälteste hat einen Handelspartner in einer anderen Siedlung, über den er seine Geschäfte abwickelt.
Nun komme ich und verteile die Äxte.“ Thunderton grinste selbstgefällig. „Ich habe sie übrigens selbst hergestellt. Die Frauen und jungen Burschen haben natürlich Angst, aber ich kriege sie bald herum, indem ich ihnen erzähle, daß nur die Steinbeile mit Tabus belastet sind. Wenn sie erst einen Versuch machen und die Macht in den Händen spüren, trennen sie sich nicht mehr von ihrem Wunderwerkzeug. Das leitet eine Kettenreaktion ein. Keiner fürchtet sich mehr vor den Alten, und diese verlieren ihren Einfluß. Warum sollen sie weiterhin beschwerliche Märsche machen, wenn ihre Steinbeile viel schlechter sind?“
Thunderton drückte seine Zigarre aus. „Das ist alles. Die uralte Organisation bricht zusammen, die Handelswege versanden, die Jungen übernehmen die Macht. Geschickt, nicht wahr?“
Bob starrte Thunderton an. Was ist das für ein Mann? dachte er.
„Sie sprachen von Geschichtsunterricht“, sagte Helen. „Was haben Sie uns noch zu sagen?“
Anthony Thunderton stand auf. Er trat an die dünne Gaze, die Fliegen und andere Insekten abhielt, und blickte in die Dunkelheit.
„Haben Sie je von den nordamerikanischen Indianern gehört?“
Er ist tatsächlich verrückt, dachte Bob. „Was soll das?“ fragte er laut. „Ich sehe keinen Zusammenhang.“
„Was wissen Sie von den Indianern, Mr. Wistert?“
„Sie wurden verdammt schlecht behandelt, obwohl sie zuerst da waren.“
„Richtig!“ Thunderton nickte zufrieden. „Sie glichen fast den Leuten da draußen.“
„Kann sein. Aber was wollen Sie? Ich habe die Indianer nicht ausgerottet.“
„Lassen wir alle Romantik beiseite“, sagte Thunderton hart. „Erinnern wir uns an gebrochene Verträge, an die Pocken und andere unschöne Dinge. Den südamerikanischen Indianern erging es nicht besser. Wir sind hier und werden diesen Planeten industrialisieren. Alles wird verändert werden. Ich sage nicht, es ist gut oder schlecht, ich will nur die nötigen Vorbereitungen treffen.“
„Sie entwurzeln
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