TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
verkaufen, was? Ich weiß schon, was du vorhast. Du willst dein Zeug aus Rom herausschmuggeln, ehe Belisarius kommt, nicht wahr? Ich durchschaue solche Tricks. Nun, ich könnte nicht sagen, daß ich es dir übelnehme. Aber mir scheint, du weißt Bescheid, wie der Krieg weitergeht,“
Er untersuchte ein neues Bronzeteleskop auf einer Werkbank.
„Das ist ein hübsches kleines Gerät. Ich nehme es mit, wenn es dir nichts ausmacht.“
Das war selbst für Padway zuviel.
„Nein, hoher Herr. Es tut mir leid. Aber das brauche ich in meinem Geschäft.“
Thiudegiskels Augen wurden vor Erstaunen groß. „He? Du meinst, ich kann es nicht haben?“
„So ist es, hoher Herr.“
„Nun, wenn du dich so anstellst, dann bezahle ich dafür.“
„Es ist nicht zu verkaufen.“
Thiudegiskels Gesicht rötete sich. Seine fünf Freunde schoben sich hinter ihn, und ihre Hände griffen zu den Schwertern.
Da hallten Schritte hinter Padway, und, er sah, wie die Augen der Goten sich von ihm abwandten. Dann blickte auch er sich um. Unter der Tür stand Fritharik. Er hatte seinen Schwertgurt umgeschnallt, und neben ihm stand Nerva mit einer drei Fuß langen Bronzestange in der Hand. Hinter ihnen drängten sich die anderen Arbeiter mit einem ganzen Sortiment stumpfer Gegenstände.
„Mir scheint“, meinte Thiudegiskel, „daß diese Leute überhaupt keine Manieren haben. Wir sollten ihnen eine Lektion erteilen. Aber ich habe meinem alten Herrn versprochen, mich nicht mehr auf Händel einzulassen. Und ich halte meine Versprechungen. Kommt, Leute.“ Sie gingen.
„Puh!“ machte Padway. „Ihr seid wirklich im richtigen Augenblick gekommen. Danke.“
„Oh, nicht der Rede wert“, sagte Georg Menandrus gleichgültig. „Mir tut’s leid, daß sie nicht noch etwas geblieben sind. Mir hätte es Spaß gemacht, ihnen zu zeigen, wer hier Herr im Hause ist.“
Padway beeilte sich, seine beweglichen Güter für den Transport nach Florenz zu verpacken. Soweit er sich an seinen Procopius erinnern konnte, war Florenz in Justinians gotischem Krieg weder belagert noch geplündert worden, wenigstens nicht zu Beginn des Krieges.
Aber er hatte seine Arbeit erst zur Hälfte verrichtet, als acht Soldaten aus der Garnison auftauchten und ihm erklärten, er befinde sich unter Arrest. Mit der Zeit gewöhnte Padway sich an das Verhaftetwerden, und so gab er seinen Leuten in aller Ruhe Anweisungen und ging dann friedlich mit den Soldaten.
Unterwegs erbot er sich, den Goten eine Flasche Wein zu spendieren. Sie nahmen sofort an. In dem Lokal nahm er den Anführer beiseite und bot ihm ein kleines Bestechungsgeschenk an, falls dieser ihn gehen ließe. Der Gote tat so, als nehme er an und schob einen Solidus ein. Als Padway dann die Frage stellte, wann er freigelassen würde, sah ihn der Gote mit gut gespielter Überraschung an.
„Aber verehrter Martinus, wie käme ich auf den Gedanken, dich gehen zu lassen! Unser Kommandeur, der edle Liuderis, ist ein Mann strenger Prinzipien. Wenn meine Männer den Mund aufmachten, würde er mich degradieren. Natürlich bin ich für ein kleines Geschenk dankbar und werde auch versuchen, ein gutes Wort für dich einzulegen.“
Padway gab keine Antwort, beschloß aber, künftig mit Bestechungsgeschenken vorsichtig zu sein.
8.
Liuderis strich sich über seinen weißen Schnurrbart und erklärte:
„Es tut mir leid, daß du mich getäuscht hast, Martinus. Ich hätte nie gedacht, daß ein Mann wie du so weit sinken kann, mit … äh … diesen progriechischen Italern zu konspirieren, eine Schar orthodoxer Fanatiker ins Land zu lassen!“
„Wer behauptet das?“ fragte Padway eher verärgert als besorgt.
„Kein anderer als der edle Thiudegiskel. Er sagt, du hättest ihn, als er dich in deinem Hause besuchte, nicht nur beleidigt, sondern dich sogar deiner Verbindungen mit den Kaiserlichen gebrüstet. Seine Begleiter bestätigten das. Sie sagten, du besäßest Informationen über einen Plan, Rom zu verraten und hättest die Absicht, deine Habe anderswohin zu verbringen, um irgendwelchen Unruhen zu entkommen. Als meine Männer dich verhafteten, stellten sie fest, daß du tatsächlich im Begriffe warst, abzureisen.“
„Mein lieber Herr!“ sagte Padway aufgebracht. „Ihr glaubt wohl, ich habe überhaupt kein Gehirn? Wenn ich irgendwelche geheimen Pläne kennte, glaubt Ihr dann, daß ich die ganze Welt einweihen würde?“
Liuderis zuckte die Achseln. „Ich weiß nicht. Ich tue nur meine Pflicht, und die
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