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TS 98: Friedhof der Roboter

TS 98: Friedhof der Roboter

Titel: TS 98: Friedhof der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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Beginn eines psychologischen Phänomens, das später als Massenseele bezeichnet wurde.
    Aber der Zusammenschluß allein hätte diese Art nicht gerettet. Sie mußte vergehen, um im Kampf gegen alle Naturgewalten bestehen zu können. Der Wendepunkt war die Entdeckung des ersten primitiven Werkzeuges! Unter diesem Einfluß kristallisierte sich aus der absterbenden Art eine vollkommen neue Gattung heraus, die Gattung Mensch.
    Der Charakter des Menschen aber war das Spiegelbild seiner Umwelt: tapfer und grausam, hingebungsvoll und egozentrisch, selbstgenügsam und maßlos, hochherzig und arrogant, duldsam und intolerant. Besonders die letztere Charaktereigenschaft bestimmte seitdem die Entwicklung der Menschheit. Der Mensch nutzte sein zweifellos hohes Intelligenzpotential nur dann annähernd aus, wenn es um die Bekämpfung des eigenen Rassegenossen ging. Er vergoß sein eigenes Blut, dessen Strom, immer breiter werdend, sich durch die Geschichte zieht.
    Das ist die große Tragik: Der Mensch kann das Erbe nicht überwinden, das ihm seine Entstehung auferlegt hat.
    Dabei hat es nie an Stimmen gefehlt, die zur Vernunft, zur Liebe und Toleranz gemahnt hätten. Aber alle diese Stimmen und Ideen wurden entweder im Blute ertränkt oder sie wurden selbst intolerant, nachdem sie die Widerstände überwunden hatten. Heute sieht es so aus, als sollte das in ungezählten Generationen vergossene Blut die Menschheit ertränken und hinwegschwemmen. Dabei sah die Zukunft des Menschengeschlechts noch nie so hoffnungsvoll aus wie gerade jetzt.
    Wahrscheinlich hätten zwanzig Jahre Frieden ausgereicht, um die große Wende zu bringen. Schon war das Tor zum Weltraum aufgestoßen, schon standen die Fahrzeuge bereit, welche die Eindringlichkeit der Verlorenheit und der Schönheit düsterer Abgründe, des lautlosen Donners der Ewigkeit und des Begreifens der wahren Bestimmung aller Intelligenz mit zurück zur Erde gebracht hätten. Aber nicht alle Gefäße der Erkenntnis waren mit Menschen beladen, die meisten von ihnen trugen den vielfachen Tod mit sich. Bei dieser Lage mußte das Schicksal der Menschheit von der Beantwortung der Frage abhängen, welche Fahrzeuge zuerst ihren Weg antraten: die Werkzeuge des Hasses oder die Verkünder der Läuterung.
    Es waren die Werkzeuge des Hasses.
    Jetzt, da mein Bericht endet, endet auch meine Aufgabe, denn sowohl unter dem blauen Himmel des Tages als auch unter dem Sternenmeer der Nacht rasen die Sendboten des Todes dahin, um die kurze Episode der Menschheit abzuschließen. Das Flehen unzähliger Mütter und das Weinen ihrer ebenso zum Tode verurteilten Kinder wird die entfesselten Kräfte des Atoms nicht rühren – hat es doch die Menschen nicht gerührt.
    Ich aber kann ihnen nicht helfen, Ich kann nicht einmal um sie weinen – denn Maschinen weinen nicht.
     
    *
     
    Minutenlang standen die drei vermummten Gestalten reglos in der Stille der Halle, nur die Atemzüge wehten wie verlorene Seufzer durch die künstliche Atmosphäre. Als erster hob Kommandant Jasper Hogarth den Kopf. Unter dem wirr in die Stirn hängenden, dunkelblonden Haar glommen die rief in die Höhlen gesunkenen Augen. Einzelne Tränen quollen hervor, hingen noch eine Weile an den Lidern, bevor sie helle Spuren durch das verstaubte Gesicht zogen. Zögernd bewegten sich die schmalen, blutleeren Lippen. Doch ein anderer kam Hogarth zuvor.
    „Dazu also haben wir unsere Leben gerettet, um das zu erfahren, dazu also!“
    Hogarth wandte mühsam den Kopf und blickte den anderen an. Dann nickte er langsam. „Es scheint so, Sidney.“
    „Mein Gott!“ stöhnte der Funker. „Rund dreihundertfünfzig Tagereisen von der Erde entfernt, und dann so etwas.“
    „Irrtum!“ belehrte ihn eine dritte Stimme. Sie gehörte PatrickSamson, dem Chefnavigator. „Eine Ewigkeit von der Erde entfernt! Die Promise wird niemals mehr starten können, und die Erde …“
    „Sicher sind wir längst vergessen, Paddy.“
    „Unsinn!“ begehrte Hogarth auf. „Ich kann es einfach nicht glauben, nichts von dem, was uns diese fremde Maschine erzählt hat.“
    „Was willst du tun?“ fragte Patrick.
    „Mich überzeugen.“ Jasper Hogarth drehte sich wortlos um. Im Gehen klappte er den Raumhelm nach vorn. Dann betrat er den Schleusenraum.
    „Wie will der Alte sich denn überzeugen?“ fragte Sidney tonlos. Er erhielt keine Antwort. Patrick Samson war schweigend dem Kommandanten gefolgt. Sidney Holmes warf einen letzten Blick auf die Vorräte an synthetischen

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