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TS 99: Exil auf Centaurus

TS 99: Exil auf Centaurus

Titel: TS 99: Exil auf Centaurus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Algis Budrys
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Finger jedoch nicht direkt am Abzug.„Sehen Sie, wie verschmiert sie ist?“ Der Lauf war geradewegs auf den Bauch des Korporals gerichtet.
    Dieser starrte wie gebannt auf die Pistole. Seine Hände verharrten bewegungslos. Michael Wireman machte nicht den Fehler, ihn vor eine eindeutige Situation zu stellen. Hätte er ihm klipp und klar erklärt, er wäre ein entsprungener Häftling, der Korporal hätte bedenkenlos Alarm gegeben, trotz der Pistole in Wiremans Hand.
    „Ziemlich dumm von mir, wie?“ Er hielt die Pistole noch immer auf ihn gerichtet und zwar so, daß niemand mehr gesehen hätte, als daß ein Mann dem andern etwas anbietet.
    „Aber sie funktioniert wieder“, fuhr Michael Wireman fort. „Herrjeh, Korp“, sagte er dann offensichtlich geschwätzig. „Sind Sie nicht schon bald pensionsreif? Mann, wird das ein Leben! Den ganzen Tag zu Hause sitzen und Bier trinken; nichts zu tun, als die Pension zu kassieren.“
    Er hatte den Korporal hypnotisiert. Fasziniert starrte ihn dieser an und wußte nicht, was er von ihm halten sollte, spürte aber trotzdem die Drohung. Natürlich konnte das auch seiner Einbildung entsprungen sein. Er wollte weder wie ein Esel dastehen, noch wollte er sterben, sollte sich sein Gefühl als richtig herausstellen.
    „Sagen Sie“, meinte Wireman. „Ich war noch nie hier. Welcher dieser Wagen gehört Hobart? Möchte ihn nicht warten lassen, wissen Sie?“ Die Pistole steckte er nicht zurück.
    Es gelang dem Korporal nicht, seine Stirn außer Schußbereich zu bringen, und er wußte, was ihm eine falsche Bewegung eintragen würde. Er war allein und würde bald in Pension gehen. „Es ist jener dort hinten“, sagte er und deutete auf die geparkten Privatwagen.
    „Welcher, Korp?“
    Der Korporal gab jede Hoffnung auf. „Folgen Sie mir“, sagte er, vorsichtig aufstehend. „Ich werde Sie hinbringen.“
    „Ach, Korp“, sagte Michael Wireman, „das ist aber nett von Ihnen. Ich meine, daß Sie mir einen Teil Ihrer kostbaren Zeit widmen. Sie sind sicher sehr beschäftigt. Sie werden, zum Beispiel, wohl kaum Zeit haben, mit einem dieser Mechaniker da zu sprechen, wenn wir an ihnen vorbeikommen, wie?“
    Der Korporal schüttelte den Kopf.
    Michael Wireman lächelte. Er studierte das Halfter des Korporals. Es hatte eine Klappe und einen Verschluß. Man konnte also ruhig sagen, daß er unbewaffnet war. Nur ein Mensch, der den Vorteil hatte, unerwartet anzugreifen, könnte die Pistole schnell genug herausziehen und auf den Feind richten. Sehr wenige der auf der Erde stationierten feindlichen Soldaten waren genügend kampferprobt, um eine solche rasche Bewegung ausführen zu können.
     
    *
     
    Eine Saite vibrierte irgendwo in Michael Wiremans Gehirn. Die starke Anspannung hatte sie zum Klingen gebracht: Sie würden ihn hinrichten, wenn sie ihn zu fassen bekämen.
    Er fühlte sich wie ein Mörder. Vor der Tat hatte alles so korrekt ausgesehen: Hier steht der Feind zwischen dir und der Sicherheit. Scharf ihn aus dem Weg. Aber jetzt war es vollbracht, und Michael Wireman würde lange brauchen, um darüber hinwegzukommen.
    Er mochte die Fremden. Diejenigen, mit denen er persönlich zu tun gehabt hatte, waren ihm lieber als Franz Hammil. Hätte man ihm nicht als Kind eingetrichtert, diese Fremden seien rohe Vandalen, vielleicht wären sie ihm jetzt unsympathischer. Hätte man nicht, vor dem Krieg, auf der Erde Ähnliches über sie propagiert, vielleicht hätte man die Besatzung nicht so ohne weiteres hingenommen.
    Die einfache, natürliche Tatsache war, daß die Fremden sich als intelligent und freundlich herausstellten; der Kontrast mit den blutrünstigen Monstren der Kriegspropaganda war zu groß.
    Hätte man der Bevölkerung, und damit Michael Wireman, beigebracht, daß auch freundliche Menschen die Freiheit rauben können, und daß Freiheit wichtiger sei als Sicherheit, vielleicht wäre alles anders gekommen.
    Was Michael Wireman jetzt noch weitertrieb, war der Drang, vor der Gefahr zu fliehen: ein Drang, den jeder Übeltäter verspürt. In diesem Augenblick hatte er keine Ideale und politischen Ziele. Er lief und zermarterte sein Gehirn nach einem Ausweg um den andern – nicht um seiner Überzeugung willen, sondern um sein Leben zu retten.
    Der Korporal war beim Wagen des Arztes stehengeblieben. „Hier“, sagte er.
    Michael Wireman nickte. „In Ordnung, öffnen Sie die Tür.“ Sie standen nun inmitten von Wagen, und die Möglichkeit, daß jemand etwas Verdächtiges bemerken

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