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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Maria Koldau
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getötet. Die Einheimischen in ihren Kampongs – kleinen Dörfern – entlang der Küste hatten keine Chance; ihre Hütten wurden einfach verschlungen. Die Wellen spülten bis zu 600 Tonnen schwere Korallenblöcke an Land; und bei Telok Betong wurde das Kriegsschiff Berouw über 3 Kilometer weit ins Land getragen (siehe Abb. auf S. 55). Die Strände und die Sundastraße waren nach Abzug des Wassers von Toten übersät.
    Der offiziellen Zählung nach starben an diesem Morgen 36.417 Menschen. Tatsächlich gehen einige Schätzungen aber von 120.000 Toten aus. Mehrere Küstenstädte und dreihundert Dörfer wurden vollständig zerstört, und noch Wochen später fand man auf dem Indischen Ozean treibende Leichen. Ein Jahr nach dem Ausbruch wurden menschliche Skelette an der Ostküste Afrikas angespült, sie trieben auf Bimsstein vom Krakatau.
    Der Krakatau-Ausbruch ist der einzige historische Vulkanausbruch, zu dem es umfassende Dokumentation über die Tsunamis gibt, die von ihm ausgelöst wurden. Auf Java und Sumatra lebten holländische Statthalter, Kolonialkontrolleure, Leuchtturmwärter sowie Hafen-, Post- und Telegrafenmeister. Auf der Sundastraße waren zudem zahlreiche Schiffe mit Seeleuten und Reisenden unterwegs. In Batavia waren holländischeWissenschaftler stationiert. Nach der Katastrophe waren die Zeitungen voll von ihren Berichten. Die europäischen Überlebenden haben ausführliche Aufzeichnungen über die einzelnen Stadien der Katastrophe hinterlassen, schildern ihre Erlebnisse in Briefen, Tagebucheinträgen und offiziellen Berichten. Erstmals gibt es genaue Beschreibungen von Menschen, die von Tsunamiwellen mitgerissen wurden und dies überlebt haben. Sie sahen die gewaltige Wasserwand auf sich zurasen, rannten um ihr Leben, wurden erfasst und in einem wilden Wirbel umhergeschleudert. Manche von ihnen wurden auf höher gelegenes Land gespült, andere bekamen eine Palme zu fassen. Entsetzt mussten sie zusehen, wie der Rückstrom Tiere, Leichen und schreiende Menschen aufs Meer hinausriss, darunter Verwandte, Freunde und Nachbarn.
    In der Forschung ist man sich nicht sicher, was genau die Tsunamiwellen ausgelöst hat. Während der dritten Explosion gab es einen gewaltigen Ausbruch an der Flanke, außerdem rasten mehrere hundert Grad heiße pyroklastische Ströme ins Meer. Einige von ihnen bewegten sich über die Wasseroberfläche hin auf die nahe gelegene Küste zu, andere breiteten sich unter Wasser aus. Hier kam es zu einer Verdrängung großer Wassermassen und zu starken Dampfexplosionen, hinzu traten unterseeische Explosionen, als das Wasser mit der Magmakammer des einstürzenden Vulkans in Kontakt kam. Diese Faktoren sorgten vermutlich für die tödlichen Auflaufhöhen der Tsunamis in der Sundastraße.
    Der letzte und größte Tsunami traf auch auf die nordwestaustralische Küste; in Indien bewegte er sich den Ganges hinauf und versenkte bei Kalkutta dreihundert Flussboote. Seine Welle wurde im gesamten Indischen Ozean bis nach Südafrika gemessen. Auch im Atlantik kam es zu starken Schwankungen des Wasserspiegels; sie wurden allerdings primär durch die Druckwelle ausgelöst, die auch auf großen Binnenseen in Europa und Amerika Resonanzeffekte erzeugte.
    In den Monaten nach der Explosion wurde Europa von einem wahren Forschungsfieber erfasst. Die Royal Society in London gründete ein «Krakatau-Komitee» und rief die Menschen weltweitauf, Berichte über ihre Erfahrungen und Beobachtungen des Vulkanausbruchs und seiner globalen Auswirkungen einzusenden. Dadurch gehört der Krakatau-Ausbruch bis heute zu einer der am breitesten erfassten Naturkatastrophen der Geschichte.
Der Megatsunami in der Lituya Bay 1958
    Die Lituya Bay an der Südostküste Alaskas ist berüchtigt für ihre starken Tidenunterschiede von durchschnittlich 3 Metern. Vor allem aber ist sie durch die gewaltigen Wellen bekannt geworden, die in dieser geologisch besonders geformten Bucht entstehen können. Der T-förmige, am Eingang fast geschlossene Pazifikfjord zieht sich 14,5 Kilometer ins Land und bildet an seinem Ende im Norden zwei kleine Querbuchten, in die aus den umliegenden St.-Elias-Bergen drei Gletscher münden. Diese Querbuchten sind ein Teil des Grabens entlang der Fairweather-Bruchlinie zwischen der Pazifischen und der Nordamerikanischen Platte: Damit gehört die Lituya Bay zu den besonders erdbebengefährdeten Gebieten entlang der Pazifikküste. Die Voraussetzungen für Megatsunamis sind in dieser Konstellation aus

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