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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Maria Koldau
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Wellenkamm erreicht: Howard Ulrich und sein kleiner Sohn ritten auf einer Tsunamiwelle. Und sie überlebten, stark bedrängt von treibenden Trümmern und Eisschollen.
    Weniger Glück hatte das Ehepaar Wagner. Als die Welle auf sie zukam, versuchten Orville und Micky, sich auf das offene Meer zu retten. Ihr Boot wurde jedoch von der Welle erfasst und über den Buchtausgang in die Tiefe des Pazifiks geschleudert. Zurück blieb nur ein Ölfleck.
    Auch die Badger mit den Swansons wurde auf den Ozean hinausgespült. Das Boot kenterte und sank, doch es gelang dem Ehepaar, sich in das winzige Beiboot zu retten. Sie wurden von Julian Graham gerettet, der sein Boot sofort auf die Lituya Bay zu gesteuert hatte, als er über Funk die Hilferufe von Howard Ulrich hörte.
    Zum dramatischen Geschehen gehören auch die Geschichten der knapp Entkommenen. Eine Gruppe von zehn Bergsteigern hätte an diesem Tag in der Lituya Bay ankommen und am Strand übernachten sollen. Ihr Boot war verspätet. Das rettete ihnen das Leben. Eine andere Gruppe, acht Kanadier, die gerade von einer Bergtour auf den Mount Fairweather zurückgekommen waren, befand sich am Abend des 9. Juli auf der Insel Cenotaph in der Mitte der Bucht. Eigentlich sollten sie die Insel erst am nächsten Tag per Flugzeug verlassen. Der Pilot ihres Flugzeugs kam jedoch schon abends an und bestand wegen einer herannahenden Sturmfront auf sofortigem Aufbruch. In aller Hast packten sie zusammen und verließen die Lituya Bay – 75 Minuten später brach die Hölle los. Niemand von ihnen hätte überlebt.
    Als das Flugzeug der Kanadier startete, stiegen Tausende von schreienden Möwen in die Luft. Unruhe hatte die Tiere erfasst; aus der ganzen Küstenregion wurde Ähnliches von Vögeln und wilden Tieren gemeldet. In der Lituya Bay war derHimmel plötzlich weiß von Möwen, ihr Geschrei ließ die Luft erzittern.
    Der Megatsunami aus der Lituya Bay bietet alle Zutaten, die man sich für einen Katastrophenthriller wünscht. Tatsächlich war er jedoch weniger verheerend als die zahllosen Tsunamis der Weltgeschichte: In der abgelegenen Bucht von Alaska forderte die gewaltige Wasserwand nur zwei Todesopfer. Das Land rundum, bis auf eine Höhe von mehreren hundert Metern, aber war verwüstet.
Chile 1960
    Für Tausende von Menschen im Pazifikraum waren das Erdbeben und der Tsunami vom 22. Mai 1960 ein Albtraum. Für die Forschung aber war der chilenische Tsunami ein Schlüsselereignis: Bis 2004 galt er als «der bedeutendste Tsunami», ermöglichte er doch erstmals, die Ausbreitung eines Tsunamis über einen gesamten Ozean zu vermessen. Gleichzeitig wurde er zum Ausgangspunkt eines international koordinierten Frühwarnsystems, das dem ständig gefährdeten Pazifikraum mittlerweile eine hohe Sicherheit durch rechtzeitige Warnungen bietet.
    Knapp fünfzig Erdbeben folgten am 21. und 22. Mai 1960 aufeinander, entlang einer 1000 Kilometer langen Bruchlinie parallel zur chilenischen Küste. Das erste Beben am frühen Morgen des 21. Mai zerstörte die Gegend um Concepción. Am 22. Mai aber folgte ein Beben, das bis heute als das stärkste historisch aufgezeichnete Erdbeben gilt. In einer Tiefe von nur 33 Kilometern erreichte es eine Momenten-Magnitude (siehe Kasten auf S. 21) von 9,5; der Meeresboden riss in einer Länge von 300 Kilometern auf. Der Tsunami ließ nicht auf sich warten. Innerhalb von zehn Minuten drang Wasser 4 bis 5 Meter über dem normalen Flutpegel ein, dann zog sich das Meer weit zurück. Fünfzig Minuten später kehrte es wieder: eine grüne, donnernde Wand von 8 Metern Höhe, die mit 200 Stundenkilometern auf die Küste traf. Wer überlebte, wurde eine Stunde später von der nächsten Welle getroffen – sie war 11 Meter hoch, mit einer Geschwindigkeit von immerhin noch 100 Stundenkilometern.Eine ganze Serie von Wellen folgte, sie machte die Städte an einem 700 Kilometer langen Küstenstrich dem Erdboden gleich. Die Auflaufhöhe betrug im Durchschnitt 12,2 Meter, erreichte mancherorts aber auch 25 Meter. Wie viele Menschen in Chile starben, ist nicht bekannt; man rechnet mit fünf- bis zehntausend Opfern.
    Im Pacific Tsunami Warning Center auf Hawaii hatte man das Erdbeben registriert und eine Warnung ausgegeben – tatsächlich wurde die Ankunft des Tsunamis auf die Minute genau vorhergesagt! Aber die Menschen auf Hawaii, die allzu viele Fehlalarme erlebt hatten, rechneten nicht damit, dass es wirklich so ernst werden würde: Nur ein Drittel der Einwohner

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