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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Maria Koldau
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Schwerpunkt im Boom der neuen Tsunamiforschung waren daher die Wiederkehrraten großer Tsunamis: Lassen frühere Ereignisse ein Muster, eine Form von Regelmäßigkeit erkennen? Ist in absehbarer Zeit mit einer weiteren großen Katastrophe zu rechnen? Forscher verschiedener Fachrichtungen stellen sich diesen Fragen mit einer Vielzahl methodischer Herangehensweisen. Zum einen intensivierte man die historische Erforschung von Erdbeben am Sundagraben. Die Tsunamigeschichte im Indischen Ozean war bislang vernachlässigt worden, auch wenn Forscher bereits die Korallenriffe auf den Mentawai-Inseln direkt an der Subduktionszone des Sundagrabens erforscht hatten, um eine ungefähre Frequenz früherer Beben und Tsunamis bestimmen zu können. Neben diesen Bioarchiven wurden nun auch systematisch Geoarchive untersucht, das heißt, sedimentäreSpuren von Paläotsunamis, die sich aus Bohrkernen ablesen lassen.
    Ein anderer Forschungszweig erstrebte eine möglichst umfassende quantitative Beschreibung des Effekts von Mangroven, Küstenwäldern und Korallenriffen auf das Zerstörungspotenzial von Tsunamis. Wie weit hatten sich diese Ökosysteme dämpfend auf die Wucht der Flutwellen ausgewirkt? Eine Vielzahl von Studien zeigt, dass sich das Zerstörungspotenzial von Tsunamis bis zu einer bestimmten Auflaufhöhe reduzieren lässt. Durch Wiederaufforstungsprogramme und die Ausweisung von Schutzgebieten lässt sich der allgemeine Umweltschutz mit dem gezielten Küstenschutz gegen Tsunamis verbinden.
    Weitere Strategien für Küstenschutz und Risikomanagement wurden vom deutsch-thailändischen Forschungscluster TRIAS erarbeitet (Tracing Tsunami Impacts Onshore and Offshore in the Andaman Sea Region). Mit Fokus auf Thailand erarbeitete TRIAS in zehn Teilprojekten die geophysikalischen Prozesse und Auswirkungen im Bereich der Küste Thailands und mögliche Managementstrategien für diese Risikozone. Die generelle Gefährdung verzahnt sich hier mit der Vulnerabilität, d.h. der spezifischen Verletzlichkeit, einer Region und ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Struktur.
    Eine Erkenntnis stand von vornherein fest: Der Raum um den Indischen Ozean braucht dringend ein Frühwarnsystem und die dazugehörige Kommunikationsstruktur in gefährdeten Ländern. Bereits Ende Januar 2005, wenige Wochen nach der Katastrophe, präsentierte das Geoforschungszentrum Potsdam das Projekt GITEWS (German Indonesian Tsunami Early Warning System), eine Kooperation deutscher und indonesischer Forschungseinrichtungen, die in den folgenden Jahren ein umfassendes Frühwarnsystem erarbeitete (siehe Kapitel 4). Damit einher ging eine konsequente Bewusstseinsschulung in den betroffenen Regionen.
    Die Angst sitzt tief, und sie ist begründet: Am 28. März 2005 kam es zu einem weiteren starken Erdbeben vor Sumatra, das besonders die Insel Nias traf. Das Beben mit der Magnitude 8,7 war bis nach Bangkok zu spüren. In mehreren Küstenregionenvon Thailand, Sri Lanka und Indien brach Panik aus – die Menschen dort hatten erst drei Monate zuvor die Katastrophe erlebt. Es kam jedoch nur zu einem geringen Tsunami von wenigen Dezimetern Höhe; allein auf den Inseln Nias und Simeuluë in unmittelbarer Nähe des Epizentrums erreichten die Tsunamiwellen eine Auflaufhöhe von 2 bis 4 Metern und töteten mehrere hundert Menschen. Die meisten Regionen kamen mit dem Schrecken davon, aber das reichte, um das Bemühen um ein zuverlässiges Warn- und Evakuierungssystem sowie um die systematische Schulung der Bevölkerung noch einmal zu verstärken.
    In dieser Hinsicht hatte der Sumatra-Andaman-Tsunami vom 26. Dezember 2004 einen positiven Effekt: Nach langer Zeit entstand in der Großregion um den Indischen Ozean ein neues Bewusstsein für die – besonders vor Indonesien ständig präsente – Tsunamigefahr, mit zahlreichen Initiativen zu Vorsorge und Schutz der Bevölkerung in den Küstenregionen.
    Gleichzeitig waren die Auswirkungen global: Durch die starke Medienpräsenz, vor allem aber durch den Tod zahlreicher Touristen wurde erstmals deutlich, dass die Bedrohung durch diese besondere Art von Naturkatastrophe nicht allein auf die Bewohner der unmittelbar gefährdeten Regionen beschränkt ist. Das Wort «Tsunami» ging mit dem 26. Dezember 2004 in den allgemeinen Wortschatz ein, auch in Ländern, die keiner Tsunamigefahr ausgesetzt sind.

4. Schutz und Schadensbegrenzung
    Prävention im Sinne von Verhütung der Katastrophe ist bei einem Tsunami nicht möglich. Ein

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