Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
besondere Herausforderung, die von der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften übernommen wurde.
Einige Regierungen verzichteten dagegen aus politischen Gründen auf internationale Hilfe. In der indonesischen Provinz Aceh, die vom Tsunami am schlimmsten getroffen worden war, herrschte seit Jahren Bürgerkrieg. Die indonesische Regierung hatte die nach Unabhängigkeit strebende Region gezielt isoliert; dies erschwerte zunächst die dringend nötigen Hilfsmaßnahmen. Hilfsorganisationen und Journalisten wurden in ihrer Arbeit im Katastrophengebiet eingeschränkt. In Sri Lanka kam es zu Klagen über Korruption in der lokalen Verwaltung. Dennoch war die Arbeit der Hilfsorganisationen überwältigend. Dank ihrer sofortigen Initiative gelang es in vielen Gebieten, die heimatlosen Tsunami-Opfer in Notunterkünften unterzubringen und langfristig viele derjenigen Menschen, die Arbeit und Einkommen verloren hatten, durch eine reguläre Arbeit in den Wiederaufbau einzubinden.
Dringendstes Anliegen war in den Tagen nach der Katastrophe neben der Versorgung der Verwundeten und Obdachlosen die Bergung und Identifizierung der Toten. Vor Ort entstandenListen der Gefundenen sowie Suchforen, die allerdings – bei Opfern aus zahlreichen Ländern mit unterschiedlichen Sprachen und Schriften – häufig fatale Missverständnisse und Fehler aufwiesen. Die offiziellen Hilfsorganisationen dagegen führten Datenbanken ein. Unterstützt von verschiedenen Hilfsdiensten (unter anderem Scotland Yard), ermöglichten sie anhand von Kleidung, DNA- und Zahnstatus-Abgleich die Identifizierung von Opfern. Verschiedene Staaten sandten Rettungszentren – mobile Krankenhäuser mit Ausstattung für Operationen – in die Katastrophengebiete; staatliche und militärische Flugzeuge wurden eingesetzt, um verletzte Urlauber zurückzuholen. In mehreren betroffenen Ländern wurden Trinkwasseraufbereitungsanlagen errichtet; ebenso erhielten die vom Tsunami getroffenen Staaten Unterstützung für den raschen, wenn auch zunächst provisorischen Wiederaufbau der Infrastruktur.
Abgesehen von den Todesopfern waren die wirtschaftlichen Schäden verheerend. In Sri Lanka wurden bis zu 75 Prozent des Fischereisektors sowie ein großer Teil der Tourismus-Industrie zerstört. In Thailand waren die wichtigsten touristischen Regionen verwüstet; somit fiel einer der entscheidenden Wirtschaftssektoren über viele Monate hin aus. In sämtlichen Regionen wurden die Industrieanlagen in den Häfen beschädigt oder zerstört. Eine langfristige fatale Wirkung hat die Versalzung von Brunnen, Trinkwasserreserven und landwirtschaftlichen Nutzflächen, die bis heute ganze Regionen unfruchtbar macht.
In einigen Staaten verloren Einheimische ihr Land: Der Tsunami hatte ihre Siedlungen vernichtet; die notwendigen Dokumente zum Nachweis ihrer Anrechte auf das Land, auf dem ihre Familien seit Generationen lebten, fehlten oder waren zerstört. Durch das Fehlen von Dokumenten waren die Betroffenen nicht nur von der staatlichen Finanzhilfe ausgeschlossen, ihnen wurde plötzlich auch die Rückkehr in ihre zerstörten Dörfer verweigert. Touristikkonzerne, die schon lange ein Auge auf die Strandlage ihrer Grundstücke geworfen hatten, hatten plötzlich die Besitzrechte ganzer Landstriche erworben. Mehr als dreißig Dörfer verloren in Thailand ihr Anrecht auf das Land in den Küstengebieten. Insbesondere die sozial ohnehin benachteiligtenGruppen der thailändischen Bevölkerung waren hiervon betroffen.
Sie profitierten auch am wenigsten vom langfristigen Wiederaufbau. Während die Soforthilfe umgehend anlief und sämtliche Katastrophengebiete erreichte, verlief der Wiederaufbau in den verschiedenen Ländern uneinheitlich. Soziale und ökonomische Unterschiede, vor allem aber die politischen Verhältnisse beeinflussten die Geschwindigkeit, mit der die zerstörten Gebiete wieder bewohnbar gemacht werden konnten. In den Tourismusregionen wurde die Zerstörung als Chance begriffen, die vorhandenen Strukturen durch den Wiederaufbau zu verbessern:
«Building back better!»
hieß das Motto in Thailand. Dabei traten die wirtschaftlichen Interessen rasch in Konflikt mit der Notwendigkeit eines katastrophenbewussten Küstenzonenmanagements: Zwar schrieb die Regierung in Sri Lanka generell eine Pufferzone von 100 bis 200 Metern zwischen Küste und Bebauung vor, innerhalb derer keine Neubauten oder Wiederaufbauten erlaubt sind. Die Tourismusanlagen sind allerdings
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