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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Maria Koldau
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von der Regelung ausgenommen, sodass in Sri Lanka, wie auch in Thailand, die Hotels mit ihren flachen, offenen Bungalows wieder direkt am Strand stehen – zugunsten des Seeblicks wird die Tsunamigefahr stillschweigend in Kauf genommen. Der lokalen Bevölkerung dagegen, die vor dem Tsunami vielfach in der küstenunmittelbaren Zone siedelte und hier die lokale Fischerei betrieb, ist durch die Verordnung der Pufferzone die Lebensgrundlage genommen.
    Gleichzeitig wurden in Thailand ungeklärte Landnutzungsrechte vom Staat genutzt, um großangelegte Projekte im wirtschaftlichen, touristischen und ökologischen Bereich umzusetzen. Insgesamt haben in den betroffenen Ländern vor allem Ballungsräume und große Betriebe von den finanziellen Hilfsmitteln für den Wiederaufbau profitiert. Die lokale Bevölkerung dagegen wurde nicht nur unmittelbar, sondern auch langfristig von der Katastrophe am schlimmsten getroffen.
    Zu den wirtschaftlichen Schäden treten in unterschiedlichem Ausmaß Umweltschäden. In zahlreichen Regionen wurden Ökosysteme wie Mangrovenhaine, Korallenriffe, Küstenwälder,Dünen und Flussdeltas zerstört. Durch das Einströmen des Wassers, vor allem aber durch den Rückstrom mit seiner starken Sogwirkung kam es zur Küstenerosion mit Langzeiteffekten. Wo Industrieanlagen überflutet waren, wurden Boden und Grundwasser vergiftet, dies führte teilweise zu langfristigen Veränderungen im Ökosystem der Küstenregion. Ein generelles Problem ist die Kontaminierung des Trinkwassers in vielen Küstengebieten: Auf den Malediven sind manche Inseln durch Versalzung auf Jahrzehnte unbewohnbar geworden. Fast im gesamten Überflutungsgebiet der betroffenen Küsten hat sich eine mehrere Zentimeter dicke Schicht an Tsunamisedimenten abgelagert. Sand und Silt, durchweg mit Salz durchsetzt, mancherorts durch Schwermetalle vergiftet, bedecken das einst fruchtbare Land. Während sich die Sandstrände in Thailand nach kurzer Zeit wieder erholt haben, ist die Veränderung der Ökosysteme in anderen Regionen unumkehrbar. Auch durch diese Umweltschäden haben manche Orte ihre Existenzgrundlage verloren.
Aufarbeitung: Wissenschaft und Praxis
    Für die Forschung war der Tsunami von 2004, so sarkastisch das klingen mag, ein Glücksfall. Nie zuvor hatte es bei einem Erdbeben mit Tsunami so umfassende Daten gegeben, nie zuvor konnten ein Tsunami und seine Ausbreitung so präzise beobachtet werden, nie zuvor kam es zu einem so umfassenden internationalen Einsatz von Wissenschaftlern, die sofort nach dem Unglück vor Ort mit ihren Untersuchungen beginnen konnten. Die weltweiten Auswirkungen des Tsunamis spielten in idealer Weise mit der neuen Technologie zusammen: Erstmals wurde ein Tsunami gleich von mehreren Satelliten in seiner Wellenzahl, Ausbreitung, Geschwindigkeit und Amplitude erfasst. Erstmals lieferten Satellitenbilder von Küstenregionen umfassende Bilder über die betroffenen Gebiete, die landwärtige Überflutung und die Auswirkungen eines Tsunamis. Die GPS-Bestimmung ermöglichte die genaue Verfolgung des Bruchverhaltens und ihrer Auswirkungen auf die Erdkruste in der betroffenenZone. Wichtige Erkenntnisse lieferte zudem die präzise Beobachtung der Wasseroberfläche: Strömungsmuster beim Einströmen und Rücklauf ließen erkennen, wie sich ein Tsunami in einer ganz bestimmten Küstenregion verhält und welche Schäden somit bei künftigen Ereignissen abzusehen sind.
    So ist seit dem Sumatra-Andaman-Tsunami die Tsunamiforschung geradezu explodiert. Eine Vielzahl an neuen Studien zu allen denkbaren Aspekten, von der Geophysik über die Küstengeographie bis hin zur Traumaforschung, ist entstanden. Dieser Boom verdankt sich nicht nur dem ungewohnten Reichtum an Daten, sondern auch einer grundsätzlichen Verunsicherung: Zwar hatte es in der Region im 19. und 20. Jahrhundert einige Vorläufer gegeben, mit einem Erdbeben dieser Stärke hatte jedoch niemand gerechnet. Die Berechnungsmodelle, die man in den 1980er Jahren entwickelt hatte und die als zuverlässig galten, hatten sich als unzutreffend erwiesen. Der Tsunami wurde zu einer «Lektion in Demut»: Er zeigte mit verheerender Eindrücklichkeit, dass sich aufgrund der bekannten wissenschaftlichen Kenntnisse nicht voraussagen lässt, wo und wann ein Mega-Erdbeben mit Tsunami stattfinden wird. 2011 wurde diese Erkenntnis vor der Ostküste Japans bestätigt.
    Die dringlichste Frage ist, ob und wann eine solche Katastrophe im Indischen Ozean wieder geschehen kann. Ein

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