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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Eines der Pferde wieherte schrill, als sich Anhetes auf die Plattform des zweirädrigen Wagens schwang. Die Zügel pfiffen durch die Luft und schlugen klatschend auf die Rücken der Tiere. Der Wagen ruckte an. Ein königlicher Gardist, der einige Schritte vor dem Gespann gewartet hatte, verneigte sich und grub seinem Pferd die Sporen in die Weichen. Anhetes rief dem Lenker zu:
    »Lasse die Tiere laufen, was sie können – ich bin in Eile!«
    »Dein Befehl gilt«, sagte der Sklave. Die Tiere griffen aus. In den noch leeren Straßen von Zokesh donnerten die Hufschläge und die mahlenden Felgen. Der Reiter und das Gespann rasten die lange Prozessionsstraße entlang und polterten durch den Bogen des südlichen Tores hinaus in die Gärten. Auf den Bohlen einer Brücke schlugen die Hufe einen trommelnden Wirbel, dann war der Coser überfahren. Vor den Männern öffnete sich die gelbrote Wüste.
    »Schneller, Sklave!« Der Knall der Peitsche verhallte.
    Die blutrote Sonne Veega hob sich über die Dünen längs der Straße. Auf den Kämmen lag der blutige Schein; er spiegelte sich auch in den Flanken der Kegeltürme, die sich in der Ferne hochreckten. Bäume mit geraden Ästen und gekrümmten Stämmen standen neben dem Weg. Der Sandschleier, den Räder und Hufe aufwirbelten, senkte sich in der kalten Luft weit hinten wieder zur Erde.
    »Du hast gute Pferde«, schrie Anhetes durch den Lärm. Das dunkle Gesicht des Sklaven zeigte ein scheues Lächeln.
    »Pferde des königlichen Stalles, Herr!«
    Anhetes hielt sich mit einer Hand an der Schlaufe des Speerköchers fest. Der Wagen gehörte den königlichen Jägern. Die Tiere rasten im gestreckten Galopp dahin, und wie jeden Morgen genoß der Baumeister das Erlebnis der schnellen Fahrt. Jetzt waren sie auf dem Weg, den jeder tote König gefahren wurde. Der Hochwald hörte auf, die Buschreihen des Großen Parks wurden sichtbar. Zweieinhalb Jahrhunderte lang waren Büsche gepflanzt, beschnitten und bewässert worden, ehe der Park sein heutiges Aussehen erlangt hatte.
    »Hin zur Bauhütte!« sagte Anhetes.
    »Ja, Herr!« erwiderte der Sklave und nickte eifrig.
    In der Mitte der Anlagen, entlang des Weges, kauerten die Banitstatuen der Göttertiere. Sie blickten aus schwarzen Augen auf die nahende Gruppe. Die Pferde preschten die Steigung hinauf, der Wagen schleuderte eine Sandfontäne zur Seite, raste wieder geradeaus und fuhr unter der Plattform der Bauhütte hindurch. Er hielt, nachdem der Wagenlenker in einem scharfen Bogen gewendet hatte. Anhetes sprang in den Sand.
    »Du holst mich heute in der siebenten Stunde wieder ab!« befahl er ruhig. Der Rosselenker senkte den Kopf.
    »Ja, Herr«, sagte er. Die königliche Wache stieg ab und warf einem Sklaven die Zügel zu. Die Pferde, denen der Schaum von der Brust flockte und deren Flanken bebten, wurden weggebracht.
    Die dreihundert Mannslängen der Ewigen Straße waren von dem roten Licht Veegas beleuchtet. Auch die sieben Türme prunkten in den verschiedenen Farben. Der letzte Turm der rechten Seite war weiß. Es war der, den Anhetes gebaut hatte. Der junge Mann stieg die Treppe zu seiner Bauhütte hinauf; ein Sklave warf sich ihm zu Füßen und staubte die Sandalen ab. Ungeduldig wartete der Baumeister.
    Unter den Sonnenstrahlen und unter der Peitsche des Aufsehers schwitzten seit einer Stunde fast dreitausend Sklaven. Die Könige beschäftigten Heere, um sich für das Zweite Leben vorzubereiten. Und ständig brachten die Krieger neue Sklaven heim – Männer und Frauen. Im Vierflüsseland galt das Leben eines Sklaven weniger als das eines Haustieres. Menschen waren billig, im Überfluß vorhanden.
    Nach Anhetes Plänen ebneten die Sklaven den Sand um den letzten Turm. Auf einer mächtigen Tischplatte lagen die Papyri ausgebreitet. Die Arbeiter lasen die Überbleibsel der Bauarbeiten auf, brachten Büsche und Erde herbei und versenkten beides in Gräben. Andere Baumeister hatten die sechs Türme und auch die Taltempel vollendet. Anhetes blätterte seine Aufzeichnungen durch und fertigte die ersten Meldeläufer ab.
    Gänge und Kammern des weißen Turmes säubern, Weihrauch bereitstellen, Grünflächen nach Plan vollenden und die Platten der Wege verlegen. Abbruch der Sklavenhütten und der Bauhütte, alles Material wegschaffen ... die Boten stoben durch den Sand davon.
    Der Turm ...
    Er hatte die Form eines oben abgeschnittenen Spitzkegels. Banitquadern, auf schiefen Ebenen und Rampen hochgeschafft, trugen auf ihrer Außenseite

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