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TTB 100: Der Traum der Maschine

TTB 100: Der Traum der Maschine

Titel: TTB 100: Der Traum der Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Nicholas hob sein Glas und tippte mit dessen Rand an das Glas des Mädchens.
    »Trink, Claudine«, sagte er lächelnd, »das wirkt mindestens so erfrischend wie meine Gegenwart.«
    »Deine Neigung zur Untertreibung«, antwortete sie, »ist noch auffälliger als dein Schlangenledergürtel.«
    »Du siehst, welch glücklichen Fang du mit mir gemacht hast.«
    »Fang? Du hast dich mir aufgedrängt, das war es!«
    »Und du hast vor meiner Männlichkeit kapituliert«, sagte er und grinste.
    »Natürlich. Schade, daß ich dich schon kenne.«
    »Weshalb?«
    »Ich wäre sonst von deinen Reden beeindruckt. Im Ernst: Wie weit bist du mit dem Bild?«
    »Fast fertig. Nur der Hintergrund ist noch auszufüllen.«
    »Hat William schön stillgehalten?« fragte Claudine.
    »Ja. Merkwürdig ist nur, daß ein Mensch mit so geringen Begabungen ein solch ausdrucksvolles Gesicht hat.«
    »Die Natur ist gerecht«, sagte Claudine, »sie gibt den Leuten immer etwas, worauf sie stolz sein können. Bei William ist es der Kopf.«
    »Du hast recht, Mädchen.«
    Ein Mann von ungefähr fünfunddreißig Jahren, der bisher still dagesessen und den Musikern zugehört hatte, drehte sich herum. Er hatte einen schmalen, gebräunten Kopf und wenig Haare.
    »Sie scheinen ziemlich neu hier, nicht wahr?« fragte er Nicholas.
    »Nicht direkt – ich bin nur selten hier. Es ist zwar sehr nett, aber ziemlich weit von meiner Wohnung entfernt. Ich habe kein Auto. Das ist es.«
    »Ich meinte nur«, sagte der Mann. Er war groß und schlank. In dem bärtigen, schmalen Gesicht glänzten die Augen eines Fanatikers. Er wirkte nicht ungepflegt, aber irgendwie unstet. An seiner Hand glänzte ein schwerer Goldring.
    »Passen Sie auf«, sagte der Nachbar des bärtigen Mannes, »gleich erzählt Ihnen Grenelle seine erregenden Träume.« Er lachte. Grenelle wandte sich ruhig an ihn.
    »Sie Ärmster – wenn Sie wüßten, was Ihnen entgeht, weil Sie nicht träumen, oder weil Sie sich Ihre Träume nicht merken können.«
    »Haben Sie schöne Träume?« fragte Claudine lächelnd. Sie beugte sich vor und legte ihre Unterarme auf die Theke.
    »Auch schöne Träume«, sagte Grenelle. »Ihre Freundin?« fragte er Nicholas und rückte einen Platz näher.
    »So kann man es nennen«, sagte Nicholas. Grenelle interessierte ihn.
    »Ich möchte mich keinesfalls aufdrängen«, sagte Grenelle und zwinkerte mit seinen fanatischen Augen. »Aber es könnte ja sein, daß Sie sich dafür interessieren. Sonst lacht mich nämlich jeder aus, dem ich davon erzähle!«
    »Sie begeben sich allerdings auch bei mir in diese Gefahr«, sagte Nicholas ernst. Aber – er war neugierig geworden. Später würde diese Stunde wieder vor seinen Gedanken auftauchen, erschreckend klar und deutlich. Ein Teil seiner Überlegungen sagte ihm, daß Grenelle völligen Unsinn erzählen würde; ein anderer Teil aber drängte, sich die Erzählungen anzuhören. Es war möglich, daß andere Leute ähnliche Probleme hatten wie er.
    Nicholas trank sein Glas leer und winkte dem Mädchen mit einem Blick, es wieder zu füllen.
    »Ich glaube nämlich«, sagte Grenelle, »daß ich kein Einzelfall bin. Einzelfall aber doch, weil ich versuche, darüber eine Theorie aufzustellen.«
    »Worüber?« fragte Claudine.
    »Darüber«, sagte Grenelle entschlossen, »daß ich Dinge träume, die nicht alltäglich sind. Hatten Sie noch niemals das Bewußtsein, im Traum eine Persönlichkeit in einer anderen Umgebung angenommen zu haben?«
    Nach der Art zu schließen, in der er sprach, war Grenelle nicht ungebildet. Nicholas hob die Hand und unterbrach den Bärtigen.
    »Darf ich fragen, welchen Beruf Sie haben?«
    »Ich bin Exportleiter in einem Werk, das elektronische Maschinen herstellt. Nichts, was mit Träumen in Verbindung zu bringen ist.«
    »Um auf Ihre Frage einzugehen«, sagte Nicholas, »ich hatte solche Träume. Zwei Perioden. Einmal, als ich noch Lederstrumpf und solche Sachen las und einmal vor kurzer Zeit, als ich ziemlich schwere Prüfungen hatte.«
    »Prüfungen? Sind Sie Student?« fragte Grenelle.
    »Architekturstudent im vierten Semester«, sagte Nicholas.
    »Und Ihre Freundin?«
    »Anglistik, drittes Semester«, antwortete Claudine. »Sie beginnen mich zu interessieren, Monsieur Grenelle.«
    Grenelle lächelte zurück. Wenn er lächelte, verloren seine Augen etwas von dem brennenden, träumenden Ausdruck.
    »Sie machen mich verlegen«, sagte er. »Darf ich Ihnen etwas bestellen?«
    »Gerne«, erwiderte Claudine. Nicholas sagte

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