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TTB 101: Die große Explosion

TTB 101: Die große Explosion

Titel: TTB 101: Die große Explosion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Frank Russell
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mitbrachten.«
    »Rotkäppchen«, half Harrison ihm weiter.
    »Ja, Rotkäppchen«, sagte Seth. »So etwas Ähnliches.« Er befeuchtete sich die Lippen und begann: »Dieser faule Jack kam als Kind von Terra, wuchs in unserer Welt auf, erlernte unser Wirtschaftssystem und glaubte, furchtbar klug zu sein. Er beschloß, ein Schrapper zu werden.«
    »Was ist denn ein Schrapper?« fragte Gleed.
    »Jemand, der Ob's annimmt, aber nichts tut, um sie einzulösen. Einer, der alles nimmt, was er kriegen kann, aber nichts dafür gibt.«
    »Die gibt's bei uns noch«, sagte Gleed.
    »Bis er sechzehn war, kam Jack damit durch. Er war doch noch ein Kind, und in gewissem Grade schrappen alle Kinder. Wir wissen das und stellen uns darauf ein. Aber nach seinem sechzehnten Lebensjahr saß er in der Tinte.«
    »Wieso?« fragte Harrison, der interessierter an der Geschichte war, als er zugeben wollte.
    »Er strich in der Stadt herum und ließ sich ganze Ladungen von Ob's anhängen – Essen, Kleidung, alles. Es war keine sehr große Stadt. Wir haben keine großen. Unsere Städte sind gerade groß genug, daß jeder jeden kennt – und jeder sich tüchtig das Maul über die anderen zerreißt. Nach ein paar Monaten war überall bekannt, daß Jack ein unverbesserlicher Schrapper war.«
    »Weiter«, drängte Harrison ungeduldig.
    »Plötzlich verschlossen sich ihm alle Türen«, fuhr Seth fort. »Wohin Jack auch kam, jeder sagte zu im ›Ich will nicht‹. Er hatte weder zu essen noch Kleider noch Unterhaltung noch Gesellschaft – nichts. Er wurde gemieden wie ein Aussätziger. Nicht lange, und er war so hungrig, daß er eines Nachts in eine Vorratskammer einbrach und sich die erste ausreichende Mahlzeit der ganzen Woche verschaffte.«
    »Und was hat man mit ihm gemacht?«
    »Nichts. Gar nichts.«
    »Das muß ihn aber doch ermutigt haben, weiterzumachen!«
    »Wieso?« entgegnete Seth lächelnd. »Es hat ihm nichts genützt. Am nächsten Tag war sein Magen wieder leer. Er war gezwungen, abermals einzubrechen. Und dann wieder. Und noch einmal. Die Leute wurden schlau und hielten ihr Eigentum unter Verschluß. Die Schwierigkeiten wuchsen. Sie wuchsen so, daß es bald einfacher war, die Stadt zu verlassen, und es in einer anderen zu versuchen. Also ging der faule Jack fort.«
    »Um woanders das gleiche zu tun«, fiel Harrison ein.
    »Mit demselben Ergebnis«, entgegnete Seth. »Und weiter ging's in eine dritte, vierte, fünfte, zwanzigste Stadt. Er war so dickschädelig, daß es schon an Wahnsinn grenzte.«
    »Aber er kam damit durch«, beharrte Harrison. »Von einer Stadt zur anderen zu ziehen, ist ein geringer Preis für einen Lebensunterhalt.«
    »O nein, er kam nicht damit durch. Unsere Städte sind, wie ich schon sagte, nicht groß. Und die Leute besuchen sich gegenseitig in ihren Städten. In der zweiten Stadt riskierte Jack, von den Bewohnern der ersten gesehen zu werden, die die anderen warnen konnten. In der dritten mußte er sich vor Besuchern aus den ersten beiden hüten. Und mit jeder Stadt wurde es schlimmer. In der zwanzigsten hatte er Angst vor sämtlichen Bewohnern der anderen neunzehn.« Seth beugte sich vor und sagte mit Nachdruck: »In der achtundzwanzigsten ist er nie angekommen.«
    »Nein?«
    »In Nummer fünfundzwanzig hielt er es zwei Wochen aus, in Nummer sechsundzwanzig acht Tage, in Nummer siebenundzwanzig einen Tag. Und das war das Ende. Er wußte, in Nummer achtundzwanzig würde er auf der Stelle erkannt werden.«
    »Und was hat er getan?«
    »Er zog in den Wald und versuchte wie ein wildes Tier von Wurzeln und Beeren zu leben. Und dann verschwand er – bis eines Tages Spaziergänger ihn an einem Baum hängen sahen. Sein Körper war abgemagert, seine Kleidung in Fetzen. Einsamkeit, Selbstvernachlässigung und Dummheit hatten ihn getötet. Das war der faule Jack, der Schrapper. Er wurde keine zwanzig Jahre alt.«
    »Auf Terra«, warf Gleed philisterhaft ein, »hängen wir niemand, nur weil er unfähig und faul ist.«
    »Das tun wir auch nicht«, sagte Seth. »Wir halten sie nur nicht davon ab, sich selbst aufzuhängen. Und tun sie das, dann sind wir froh, daß wir sie los sind.« Er sah die beiden Männer forschend an, als er fortfuhr: »Aber machen Sie sich darüber keine Gedanken. Solange ich lebe, ist noch niemand zu einem so drastischen Schritt getrieben worden. Die Leute lösen ihre Ob's aus dem Bewußtsein wirtschaftlicher Notwendigkeit ein – und nicht aus Pflichtgefühl. Niemand befiehlt, niemand kommandiert

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